Grace of Monaco Kritik

GRACE OF MONACO“ von Olivier Dahan (Fr/Belgien/USA/Italien 2012/2013; B: Arash Amel; K: Eric Gautier; M: Christopher Gunning; 102 Minuten; Start D: 15.05.2014); wie fangen wir an, denn die Hysterie um diesen aktuellen Eröffnungsfilm der 67. Filmfestspiele von Cannes ist enorm. Es sei ein „umstrittener Film“ wird allgemein über die Agenturen festgelegt. „Nicole Kidman versucht sich als Grace Kelly (1929-82) – leider“, heißt es über den der internationalen Cannes-Presse gestern, der deutschen Presse heute (am 14. Mai 2014) erstmals vorgeführten Film (in der Zeitschrift „TV Digital“, Nr.10, erschienen am 25.4.2014). Dass sich die monegassische Familie über diesen Film mokiere (und sogar, au weia, der Festival-Eröffnung heute Abend fernbleiben will), wird als „Geruch“ von Filmkritik verkauft. Eine allgemeine Stimmungsmache. Über einen wunderbaren UNTERHALTUNGSFILM. Bei dem es gleich eingangs heißt, er sei rein fiktiv, aber von „Tatsachen inspiriert“. Basta. „Grace of Monaco“ ist also keinesfalls ein Biopic über die einst wunderschönste Film-Frau der Welt, sondern ist ein filmischer Tanz mit dieser Legende. Ist kein trockenes Dokument, sondern spielerisches Entertainment. À la:

Stellen Sie sich vor, Sie begeben sich auf einen Ball. Befinden sich in einem glänzend ausgestatteten Saal, wo sich fein herausgeputzte Herrschaften und Mitläufer aufhalten und zu feiner Musik zu tanzen beginnen. Erst sanft, dann mutiger, erst leise, versponnen, dann kräftiger. Mit harmonischen Bewegungen, die dann aber auch schon mal „wackeln“. Weil „gewichtige“ Spannungen, Anspannungen, zu spüren sind. Empfindlichkeiten. Von wegen der Etikette, die falsch angewandt wird. Von wegen Individuum, Individualität, verdrängen, müssen, „vorgeschriebene Figur“ sein. Von wegen „hoher Politik“, die hier eine extrem wichtige Symbol-Rolle spielt. Von wegen hochkarätigen Entscheidern, die in diesem europäischen Taumel von 1962 „aufpassen“ müssen, sollen, dass in Monaco, also in Europa, nicht alles aus dem politischen Ruder läuft. Und mittendrin: Diese „komische“ Frau aus Amerika, die Fürst Rainer III. Hollywood abspenstig gemacht hat. Die nun seine Ehefrau und die Mutter von zwei Kindern ist. Und die dennoch immer noch nicht „richtig“ angekommen ist. Während ihr Mann sich mit Charles de Gaulle über Zölle, Steuern und Belagerung diplomatisch duelliert. Frankreich möchte von Monaco mehr „abhaben“, und Monaco ist quasi pleite. Könnte vom wichtigen Nachbarn eingemeindet werden. Zumal „die Franzosen“ seltsamerweise immer so gut unterrichtet sind, was im Fürstenumfeld gedacht, geplant, ausprobiert wird. „Verräter“ im eigenen, im so hochherrschaftlichen Familien-Gebäude?

Grace Patricia Kelly, am 12. November 1929 als drittes Kind des Bauunternehmers John Brendan Kelly und seiner Ehefrau Margaret Kathrin in Philadelphia geboren, in Hollywood zum brillanten Hitchcock-Star aufgestiegen („Das Fenster zum Hof“; „Über den Dächern von Nizza“) und seit dem 18./19. April 1956 die „standesamtliche“ und „kirchliche“ Oberin in der fürstlichen Monaco-Sippe, befindet sich im Zwiespalt. Einerseits fühlt sie sich wie in einem goldenen Käfig gefangen, andererseits lockt Alfred Hitchcock mit der Hauptrolle für seinen nächsten Film „Marnie“. Wer oder was ist Sie nun eigentlich beziehungsweise will sie sein – Monarchin hier oder Kino-Fürstin dort? Oder lässt sich gar beides vereinbaren?

Wer Kitsch riecht, liegt daneben. Der Film „Grace of Monaco“ ist nicht blöd und schon gar nicht langweilig, sondern pompöse, charmante, sensible Unterhaltung. Seriös wie angenehm leicht gestaltet und erzählt. Über Figuren, die waren und Geschehnisse, von denen nicht einmal „Wikipedia“ weiß. Und (bislang) nicht berichtet. 1962: Sechs spannende Monate im KINO-Leben von Grace Kelly. Als zweifelnde, verzweifelte Ehefrau. Als sich emanzipierende „Führungsfrau“ von Monaco. Als sich wehrende „Detektivin“. Als Mittelpunkt-Diva.

Wie gesagt = gefühlt: Wir befinden uns in diesem mächtigen, prächtigen Ballroom, wo alle ihren vorgegebenen Platz haben. Chefs, Mittelständler, Lakaien. Und mit dem trainierten Bewegen beginnen. Und sich je nach Bedeutung, Temperament, Körperlichkeit, Befinden „austoben“. Elegant, majestätisch, verführerisch, lächelnd, täuschend. Mit viel Gehabe, Wonne, Verdruss. Intimer Lust. Tolle Maskeraden, doppelbödige Gesten, gesittete Zweideutigkeiten inbegriffen.

Genussvoll-prächtig angeführt von einer aktuellen Hollywood-Ikone: „Oscar“-Lady NICOLE KIDMAN („The Hours“). Die in Sachen Temperament, überzeugende Beweglichkeit, treffsichere Emotionalität ausdrucksvoll ausstrahlt. Ein enormer darstellerischer Glanzauftritt der (zur Drehzeit) 45jährigen Angefeindeten („…eine fast bis zur Unkenntlichkeit operierte Nicole Kidman“ / „TV Digital“). Mit und in, natürlich, das Auge lebt auf, wunderschönen „Klamotten“. Als gefühlsprächtiger wie völlig „unheldischer“ Grace Kelly-Kraftakt. Nicole Kidman „passt“ genauso gut hierher wie ihr Star-„Ehemann“ TIM ROTH. Der 52jährige britische Mime, zuletzt mehr im (vorzüglichen) US-Serien-Fernsehen („Lie to Me“) als auf der Leinwand („Die Legende vom Ozeanpianisten“) auffallend, gibt seinem Rainer-Fürsten ruhige Konturen. Ist ein formidabler Körpersprachler. Und erstklassiger Stichwortgeber für „seine Herrin“. Wie überhaupt das Ensemble erstklassig funktioniert. Mit weiteren namhaften Akteuren wie FRANK LANGELLA als Hofkaplan, Sir DEREK JACOBI als „Coach“ und vor allem mit dem exzellenten britischen Charakter-Mimen ROGER ASHTON-GRIFFITHS als süffisanter Alfred Hitchcock. Angeführt von einem französischen Regisseur, dessen Berlinale-Eröffnungsfilm von 2007 – „La vie enrose“ -, die Edith Piaf-Biographie („Oscar“ für Marion Cotillard), unvergessen bleibt. Erneut ist es OLIVIER DAHAN mit „Grace of Monaco“ gelungen, atmosphärische KINO-PRACHT zu entfalten. Der Unterhaltung prächtig zu dienen. Eine gute Leinwand-Show zu inszenieren.

„Grace of Monaco“ oder – auch „Dafür“ / „Für So Etwas“ wurde KINO erfunden (= 4 PÖNIs).

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