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Es hat (zu) lange gedauert, bis IHM jetzt endlich die gebührende Erinnerungs-Ehre und verdiente Würdigung zuteil wird. Dabei zählt ER zu den bedeutendsten B-Filmern aller Zeiten. Dessen Werke immer noch viel zu wenig bekannt sind und dessen Name weitgehend leider viel zu unbekannt (geblieben) ist. Als sein Spielfilm-Erstling hierzulande am 20. Februar 1976 in unsere Kinos kam (in Berlin sogar im renommierten „Zoo-Palast“), blieb der Zuspruch gering. Sicherlich einer der Gründe: Ein kleiner Verleih konnte oder wollte sich „damit“ keine große Mühe geben. Hielt wahrscheinlich selbst „wenig“ von „solch einem Film“. Ließ ihn schnell mal rotzig synchronisieren (= hat man bis heute leider beibelassen), um ihn dann einfach in den Lichtspielhäusern durchzuwinken. Es dauerte über 37 Jahre, bis wir ihn jetzt endlich „richtig“ – über das Heimkino, mit seinem zusätzlich anderthalb Stunden (sehr) informativen BONUS-Material – entdecken und seine filmische Kunst hofieren dürfen. Die Rede ist vom Erfinder und Meister des Genres: SCHROTTFILM. Von Henry Blight „HB“ Halicki, genannt H.B. „Toby“ Halicki (18.10.1940 – 20.8.1989). Seine Familie war im Abschleppgeschäft tätig, so daß er sich früh für Autos zu interessieren begann. Als Teenager von New York nach Kalifornien zu einem Onkel umgesiedelt, startete er an einer Tankstelle seine „Karriere“ als Auto-Narr. Der gerne aus alten Karren „neue“ umbaute. Mit 21 besaß er bereits sein eigenes Unternehmen, mit dem er Unfallautos „betreute“. Seine Leidenschaft wollte er aber auch filmisch demonstrieren. Also dachte er sich seinen ersten Film selber aus, produzierte ihn selbst, führte Regie, spielte die Hauptrolle, überredete Freunde, Kumpels und Familie kostenlos mitzuspielen, machte die gefährlichen Stunts selbst, schnitt das Material danach und brachte den Film – weil „Hollywood“ weder Interesse hatte noch Verwertung signalisierte – dann auch noch eigens in die US-Kinos. Was niemand für möglich hielt, der Billig-Streifen entwickelte sich zum Hit und spielte rd. 40 Millionen Dollar ein. Mit seinem Independent-Movie lag H.B. Halicki 1974/75 immerhin an 21. Stelle der erfolgreichsten Kinofilme in den USA und Kanada. Die Rede ist von „GONE IN 60 SECONDS“, der hierzulande damals mit „DIE BLECHPIRATEN“ betitelt wurde. Ein filmischer Anarcho-Tornado, mit dem Höhepunkt einer knapp vierzigminütigen (!) Verfolgungsjagd, bei der genüsslich 93 Autos kunstvoll zerschrottet wurden. Ein Besessener, seine typische Handschrift, mit seinem Lieblingsthema: Der actionreichen, ironischen Zerstörung des amerikanischen Zivilisationssymbols AUTO. Im Jahr 2000 zog Hollywood mit einem 100 Millionen Dollar-Remake nach. Initiator war Produzent Jerry Bruckheimer („The Rock“; „Armageddon“); „Nur noch 60 Sekunden“, wie der Film hierzulande betitelt wurde, war mit Nicolas Cage, Angelina Jolie und Robert Duvall hochkarätig besetzt. Im Sommer 2000 war der Film ein gigantischer weltweiter Blockbuster-Erfolg. Und wurde seitdem schon zig Male auch bei uns im Fernsehen wiederholt. Heute aber sprechen wir über das „berühmte“ Original, das jetzt endlich „ausführlich“ zu betrachten und (teilweise) zu genießen ist: „GONE IN 60 SECONDS„, deutscher Heimkino-Zusatztitel: „Nur noch 60 Sekunden“, von H.B. Halicki (= quasi Fast-ALLES von IHM; USA 1974; K: Jack Vacek; M: Ronald Halicki, Philip Kachaturian; in der alten deutschen Synchronfassung, also immer noch nur 96 Minuten von originalen 105 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 12.09.2013). Seine Witwe Denice Halicki spricht einleitend im Vorspann (und dann ausführlich im Bonusmaterial), erzählt von ihrem Mann, dem Visionär in Sachen Autos. Und umfangreichem Sammler von Spielzeug. („Er besaß über 100.000 Spielzeugartikel“). Von seinem Traum, den tollsten Crash-Film aller Zeiten zu drehen. Von seinen Vorbereitungen und Überredungskünsten („Polizisten, Feuerwehrmänner und Sanitäter spielten sich selbst; und der Bürgermeister spielte den Bürgermeister“). Dann der Vorspann, wo breit verkündet wird = Starring ELEANOR. Mehr nicht. Ein Mann und seine Liebesgeschichte: Eleanor ist der definitive Star hier: Ein 1971er gelber Ford Mustang, angekündigt als 73er Modell. SEINE „Lady“. Die schließlich „Schwerstarbeit“ zu verrichten hatte und bei einem der waghalsigsten Stunts der Action-Filmgeschichte neun Meter hoch und 39 Meter weit zu fliegen hatte. Mit IHM mittendrin (was zu rund 35 Wirbelverstauchungen bei ihm führte). „Toby“ Halicki spielt Maindrian Pace. Einen Versicherungsermittler, der insgeheim qualitativ hochwertige Autos in Los Angeles klaut, von seinem Team umbauen lässt und profitabel verhökert. Seine Tarnung als seriöser Makler ist perfekt. Niemand bringt etwa ihn in Verbindung mit den in letzter Zeit vielen Luxusauto-Diebstählen in der Region. Als ein südamerikanischer Drogenbaron 400.000 Dollar bietet, wenn er und seine Mannen binnen fünf Tagen 48 der feinsten Karossen für ihn beschaffen (Mustangs, Cadillacs, Renncars), beginnt das heiße Spektakel. Auf dem Ocean-Boulevard und drum herum. Denn Pace will es unbedingt wissen. Was dann natürlich für „totale Stimmung“ sorgt. Und in eine Verfolgungsjagd mündet, die heute noch als filmisch „erstklassig“ gilt. Überragend in Aufwand, Technik, Montage, Rasanz. „Der Film wurde eher geschaffen als geschrieben“, äußert sich denn auch Kameramann Jack Vacek im Interview-Bonusmaterial, und „Alles, was sich bewegte, haben wir angefahren; bei über 300 Zusammenstößen“. „Gone in 60 Seconds“ ist ein Genre-Kult-Klassiker. Warum und wieso erläutert das ausführliche (deutsch untertitelte) wie sorgfältig aufbereitete Bonusmaterial mit einer Trailer-Mixtur, den Äußerungen der Witwe Denice Halicki sowie dem langen Feature „Die Höhepunkte im Leben von H.B. „Toby“ Halicki“. Dessen weitere eigene „Schrottfilme“ noch der hiesigen Heimkino-Aufarbeitung bedürfen („The Junkman“ von 1982, bei uns mit „Firebird Tornado“ betitelt, s. Kino-KRITIK; „Deadline Auto Theft“ von 1983 = „Auf dem Highway spielt die Polizei verrückt“). Und auch „Gone in 60 Seconds“ würde ich gerne nochmal „komplett“ und im damaligen finalen US-Original von 105 Minuten mit deutschen Untertiteln erleben; hier sind noch die tonspurmäßig eher plärrenden Stimmen von damaligen deutschen Synchronassen wie Klaus Miedel, Gerd Duwner, Heinz Petruo und vor allem von MICHAEL CHEVALIER (u.a. als „Charles Bronson“-Stimme damals populär geworden) als DIE Stimme von „Toby“ Halicki bzw. Maindrian Pace zu identifizieren. Also „Gone in 60 Seconds“ könnte man demnächst im Ton noch verfeinern, nachdem die Bilder digitalisiert „gewaschen“ und der Hintergrund-Ton technisch aufwändig wie atmosphärisch neu wiederhergestellt wurde. Dennoch: Auch diese sozusagen nur mittelprächtige Deutsch-Version dieses mitreißenden Crash-Marathons ist es allemal wert, jetzt endlich erstmals entdeckt und bestaunt zu werden. Anbieter: „Concorde Home Entertainment“. Übrigens: Ab Juni 1989 drehte H.B. Halicki an einer aufwändigen Fortsetzung. Am 20. August 1989 starb er bei den Dreharbeiten zu „Gone in 60 Seconds 2“ bei einem Stunt. Ein Stromkabel tötete ihn. |
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