GOETHE!

PÖNIs: (3/5)

„GOETHE!“ von Philipp Stölzl (Co-B + R; D 2009/2010; Co-B: Christoph Müller, Alexander Dydyna; K: Kolja Brandt; M: Ingo Frenzel; 99 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.10.2010); der Sohn des bekannten Historikers und CDU-Politikers Christoph Stölzl fing mit Musik-Clips an (für Madonna „American Pie“) und mit Werbefilmen. Ist seit Jahren auch als Opernregisseur aktiv. Nach „Baby“, dem Debüt von 2002, sowie dem verunglückten Bergsteiger-Drama „Nordwand“ von 2008 ist dies der 3. Kinofilm des 43-jährigen Münchners.

Thema diesmal: Der „olle Goethe“ (*1749 – †1832) einmal anders, nämlich jung. Und swingend. Anno 1772. In Straßburg. Johann Wolfgang, unruhige 22, ist beileibe noch nicht der bedeutende Dichterfürst der Deutschen, sondern träumt davon, mal ein „mächtiger Poet“ zu werden. Stichwort: Selbstverwirklichung. Der Vater aber stellt sich dagegen. Der nämlich (HENRY HÜBCHEN als moderater Stichwortgeber) befindet, dass sein Sohnematz viel zu viele dichterische Flausen im Kopf habe und deshalb die monatliche finanzielle Unterstützung nicht (mehr) verdiene. Schließlich soll er „was Rechtes“ lernen. Jura. Doch Johann fällt „munter“ durch die Doktor-Prüfung, woraufhin ihn der Herr Papa in die Provinz nach Wetzlar verbannt. Dort soll er als Referendar beim Reichskammergericht die poetischen Verse ausgetrieben bekommen. Haben doch seine ersten dichterischen Versuche („Götz von Berlichingen“) keinen Verlag interessiert, also keine Einnahmen gebracht. Der mittellose Johann muss der strengen väterlichen Anweisung folgen. Und eckt mit seiner Lockerheit und der offenen Lebensart bei seinem neuen Vorgesetzten, dem staubigen Gerichtsrat Kestner (MORITZ BLEIBTREU), prompt an.

Doch der kesse Rechtspraktikant findet auch hierfür eine erst fachliche dann persönliche Lösung. Weil er nicht nur beruflich sich als pfiffig erweist, sondern auch als guter privater Ratgeber. Der arg verklemmte Bürokrat Kestner hat sich nämlich „offiziell“ verliebt und vermag „damit“ nicht umzugehen. Goethe weißt ihm „den Weg“, nicht ahnend, dass es sich bei der Holden um SEINE LOTTE handelt. Lotte Buff, so heißt sie wirklich (MIRIAM STEIN als gespaltenes Charming-Girl). In die er sich – zuerst – „verguckt“ hat. Die muss aber dem väterlichen Diktat folgen und soll eine (für ihre Familie) finanziell „lukrative“ Pflichtehe eingehen. Obwohl sie doch lieber den Johann mag. Aber die Zeiten sind halt so. Herzens- und Seelenschmerzen sind die dramatischen Folgen. Und ein Roman, der DAS ALLES verarbeitet. Traurig, verzweifelt, energisch: „Die Leiden des jungen Werthers“. Durch den allerdings wird Johann Wolfgang DIE LITERARISCHE ENTDECKUNG, mutiert zum umjubelten, gefeierten Superstar-Dichterfürst. Wie der Gewinner in einer heutigen Casting-Show. Viel Beifall vom Volk. Ende. Und Anfang. Was ist Dichtung, was Wahrheit? Fifty Fifty?

Die Sturm- und Drangzeit des Genies wird flott, locker als Drama, Love Story, Ausstattungsrevue, Kostümkintopp und Biographie daher-erzählt. Erinnert fern an „Shakespeare in Love“, ohne dessen Schwung, Esprit und Charme-Wildheit zu erreichen. Hier geht es vergleichsweise „zahmer“ zu. Wenngleich visuell und darstellerisch durchaus ansprechend: ALEXANDER FEHLING (29/“Am Ende kommen Touristen“/2007) mimt flott-flockig-locker-beschwingt den sensiblen, draufgängerischen Denker und Lenker, der sich auf dem beschwerlichen Weg, auf dem unruhigen Sprung ins (wie WIR wissen) große Dichter-Dasein befindet. Frisch, fröhlich, unfromm, frei agiert er zu diesen ritualisierten Zeiten. Als schmucker Privat-Rebell. Auf holprigen Matsch- und Seelen-Wegen. Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Ganz der leidende „Werther“ schließlich.

Jahah, warum denn nicht auch mal „so“. Wenngleich man immer auch den gefühlten Unterhaltungshauch des einengenden, trockenen, „sicheren“ Förderkino-Fernsehens spürt (Mitteldeutsche Medienförderung; FilmFernsehFonds Bayern…). Von wegen wollen, können, dürfen…

So richtig „befreites“ Großleinwand-Kino mit viel originellem, witzigem Spektakel-Geistes-Abenteuer ist „Goethe!“ halt nicht. Für einen ordentlichen deutschen Mittelspaßdenkfilm hat es aber allemal gereicht. Fußballerisch gesprochen: ein unterhaltsames Unentschieden (= 3 PÖNIs).

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