Geständnis Kritik

DAS GESTÄNDNIS“ von und mit Bernd Michael Lade (Co-Produzent, B, R + HD; D 2015; K: Guntram Franke; M: Michael Kobs; 112 Minuten; Start D: 15.09.2016); ein hochinteressanter großer kleiner Polit-Kammerspiel-Thriller. Faszinierend und spannend. Mit besonderen Herstellungs-Merkmalen:

1.) Das Drehbuch des Co-Produzenten, Regisseurs und Hauptdarstellers BERND MICHAEL LADE – von 1992 bis 2007 Assistent Kain beim MDR-„Tatort“, an der Seite von Hauptkommissar Ehrlicher (Peter Sodann) – basiert auf Aufzeichnungen eines gestandenen, anonym bleiben wollenden DDR-Kriminalisten („C. Curd“);

2.) der Film wurde ohne Filmförderung oder TV-Sender-Beteiligung realisiert;

3.) die Dreharbeiten dauerten nur 14 Tage und wurden auf der Probebühne des Berliner Maxim-Gorki-Theaters durchgeführt.

Es ist das letzte DDR-Jahr. Aber das wissen die Genossen von der Ostberliner „Morduntersuchungskommission“ am Alexanderplatz natürlich nicht. Sie üben weiterhin ihre schizophrene Ermittlungsarbeit aus, in dem sie Verbrechen nachgehen, die es offiziell in der DDR gar nicht gibt. Im dortigen Sozialismus gar nicht geben darf. Also öffentlich „nicht vorkommen“ sollen, „verschleiert“-geklärt werden müssen. Der Wodka macht die Runde. Zudem: Diese kleine Truppe bildet auch einen Partei-Zirkel, für den „gewisse Regularien“ gelten. Die halten zwar den sowieso schon vollen Arbeitsalltag auf, werden aber von zwei „intensiven Parteigängern“ unter ihnen immer wieder „verlangt“. Was Spannungen zuhauf auslösen. Vor allem zwischen Micha (Bernd Michael Lade) und den 150%igen. Der Kollegen-Rest ist entweder „neutral“ („Ich halte mich immer ‚raus“) oder eckt nur „begrenzt“ an. Während Kollege Micha mehr und mehr durchdreht. Weil er seinen Job (zu) ernst nimmt, zudem Zuhause gerade extremem Familienstress ausgesetzt ist und sich mit kritischen Einwänden beim Partei-Kader immer unbeliebter macht. Mehr Wodka ist erforderlich. Bei allen.

Einige Monate später wird getauscht: Anstatt Wodka nun Whisky.

Was für ein prächtiger, atmosphärischer Spannungsfilm! Dialog-stark, mit vielen Worten als treffsichere Denk-Kugeln. Mit einer überragenden, aufwühlenden „Schlichtheit“.

Themen-Motto: Dieser Scheiß-Opportunismus, selbst bei schwachsinnigstem Regel-Werk; dieser hindernisreiche Gang einer lausigen, verrotteten Bürokratie; die Dennoch-Aufklärung verzwicktester Kriminalfälle. Durch clevere Ermittlungs- und Verhör-Taktiken. Diese ewigen Behinderungen durch eifrige Obere, wenn es um „politische Taten“ geht, die eigentlich unkommentiert unter den Fall-Tisch gekehrt werden sollen. Eigentlich.

Um BERND MICHAEL LADE, Ost-Berliner des Jahrgangs 1964, der einen sehr persönlichen zweiten Spielfilm (nach „Rache“1995) schuf, dabei Lächerlichkeit und Rache-Anklage vermeidet, gruppiert sich ein vorzüglich engagiertes, „authentisches“ Ensemble, das sich bestens in „Polit-Rage“ zu spielen, zu reden weiß. Sich faszinierend-schizophren ereifert. Stets „beobachtet“ vom Bild-Porträt des „Großen Bruders“ an der grauen Büro-Wand, Erich Honecker. Lade, der einst an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ studiert hat, als Schlagzeuger in einer Punk-Band trommelte, beim Theater auftrat und nach der Wende ein Regie-Studium an der „Konrad Wolf“-Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg absolvierte, um schließlich, siehe oben“, über den „Tatort“ bekannt zu werden, erweist sich hier als talentierter Autoren-Regisseur, der mit minimalistischen Mitteln für kluge Hochspannung sorgt.

Alle (große) Achtung! (= 4 PÖNIs).

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