„DIE GESCHWISTER SAVAGE“ von Tamara Jenkins (B+R; USA 2007; 114 Minuten; Start D: 24.04.2008); deren vielgelobter erster Spielfilm 1998 „Hauptsache Beverly Hills“ hieß. Hier nun erzählt sie von einem Privat-Thema, das aktueller gar nicht sein kann: ALT-sein, der Umgang mit ALTEN Menschen. Bzw.: Der GENERATIONENVERTRAG-heute. Wie klappt das, wie „funktioniert“ das eigentlich, der MODERNE Alltag mit Älteren? Nachdem ja der frühere Zusammenhalt, der Familienverbund – die Generationen in einem Haus(halt), unter einem Dach – geplatzt ist? Daraus einen ebenso humor-feinen wie menschlich- respektvollen wie zudem, wir befinden uns ja im Kino, einen äußerst unterhaltsamen SPIELFILM zu schaffen, DAS ist das Verdienst dieser talentierten, einfühlsamen Künstlerin, die für ihr Skript eine „Oscar“-Nominierung erhielt.
Lenny Savage ist so ein ALTER. Seine Lebenspartnerin stirbt, und da sie nicht verheiratet waren, veräußern IHRE Kinder das gemeinsame Haus, der geistig wie körperlich „labile“ und mit Erstansätzen von DEMENZ versehene Lenny muss weg. Seine zwei Kinder: Wendy + Jon. Sie haben ihn schon seit Jahren nicht mehr besucht/gesehen. Sie leben weit entfernt ihr eigenes, kompliziertes Leben, als sie von ihrem PFLEGEFALL-Vater hören. Natürlich, die moralische Pflichterfüllung. Der kommen sie auch sofort nach. Kümmern sich nun um ihren Erzeuger. Das kostet – Stress, Nerven, Zeit und auch eine Stange Geld. Zudem ist der Alte, sagen wir mal, „nicht gerade der Gemütlichste“, ganz im Gegenteil. Mit „störrisch“ wird sein Zustand noch ziemlich höflich beschrieben. Aber das war er ja wohl immer schon: Grantig, hart, „schwierig“.
Die Kindheit von Wendy und Jon war alles andere als ein Zuckerschlecken. Und das TRAUMATA der Vergangenheit wirkt eigentlich immer noch und tief. Mit gemischten Gefühlen aus Verachtung, Mitleid und Vergebung lassen sich die Geschwister „auf die Sache“ ein. Motto: WAS TUT MAN MIT EINEM ALTEN MANN, MIT DEM EINEM NICHTS MEHR VERBINDET AUSSER… Dass ER DER VATER IST??? Wie gesagt, DARAUS einen völlig unsentimentalen, unverkrampften, berührenden, sensiblen, mitteilsamen und bisweilen sarkastisch-komischen UNTERHALTUNGSfilm herzustellen, ohne dabei gleich in grauer, pessimistischer Betroffenheit zu erstarren…, ALLE ACHTUNG!
Niemand wird denunziert, verurteilt, „platt“ oder verächtlich gemacht, niemand ist hier gar HERO oder LOSER: Ein wunderbar „normaler“ Menschenverbund also, mit vielen Ecken, Kanten, Macken und Facetten. Dass dies SO gelingt, ist natürlich vor allem auch das Verdienst der drei ganz vorzüglichen Hauptakteure: „Oscar“-Preisträger PHILIP SEYMOUR HOFFMAN (43/“Capote“/gerade in „Tödliche Entscheidung“, davor in „Der Krieg des Charlie Wilson“) zählt inzwischen zu den BESTEN der Besten in Hollywood. Als Professor der Theaterwissenschaft und Bertolt-Brecht-Experte liefert er wieder einmal ein darstellerisches Glanzstück eines zwiegespaltenen „stark-schwachen Menschen“ ab. Partnerin LAURA LINNEY („Kinsey“/“Die Truman Show“, neben Jim Carrey) hält als verunsicherte Frau um die 40 phantastisch mit und bekam zu Recht für ihren überzeugenden Part eine „Oscar“-Nominierung. Der 3. im Bunde ist der 77jährige PHILIP BOSCO und ist ein wahrer Grobian-Schatz von Nebendarsteller.
Ein toller kleiner Film mit einem GROSSEN Thema. Emotional wie gedanklich. Nicht nur Zuschauer ÜBER 50 sollten/werden hier ebenso ZUGANG finden wie VERGNÜGEN empfinden (= 4 ½ PÖNIs).