PÖNIs: (3/5)
„GEFAHR UND BEGIERDE“ von Ang Lee (USA/China/Taiwan/Hong Kong 2007; B: James Schamus, Wang Hui-Ling; K: Rodrigo Prieto; M: Alexandre Desplat; 157 Minuten; deutscher Kino-Start: 18.10.2007). Der 53-jährige taiwanesische Regisseur und Drehbuch-Autor, der an der New Yorker Universität Theater- und Filmproduktion studierte, zählt derzeit zu den innovativsten, spannendsten Filmkünstlern überhaupt. Der gleich mit seinen ersten Filmen Aufsehen erregte: „Eat Drink Man Woman“ (1994), „Sinn und Sinnlichkeit“ (1995; s. Kino-KRITIK), „Der Eissturm“ (1997). Für „TIGER AND DRAGON“ gab es 2001 gleich 4 „Oscars“, darunter die Trophäe für den „Besten fremdsprachigen Film“. Für die Schwulen-Beziehung „BROKEBACK MOUNTAIN“ (2005; s. Kino-KRITIK) wurde Lee mit Preisen überhäuft, darunter waren der Regie-„Oscar“ sowie der Venedig-Hauptpreis, der „Goldene Löwe“.
Sein neuestes Werk, basierend auf einer Kurzgeschichte von Eileen Chang (*1920 – †1995), entstand als Co-Produktion USA/Hongkong, hatte seine Welturaufführung kürzlich ebenfalls im Wettbewerbsprogramm der Filmfestspiele von Venedig und wurde dort erneut mit dem „Goldenen Löwen“ ausgezeichnet. Es ist eine Art atmosphärischer Liebes-Thriller. Er ist im Shanghai Ende der 30er Jahre angesiedelt, während der japanischen Besetzung. Eine studentische Theatergruppe gründet eine Widerstandszelle. Mit der Absicht, einen gefährlichen Kollaborateur umzubringen, wird eine junge Frau als Lockvogel engagiert/angesetzt. Der erste Versuch scheitert, drei Jahre später aber ergibt sich eine „neue Chance/Gelegenheit“.
156 Minuten lange Kameraeinstellungen, schleichende Charakterentwicklungen, sinnliche Bett-Gymnastik. Motto: die Untergrund-Aktivistin und der böse Charme-Wolf. Ihre Intimität wird außergewöhnlich detailliert, aber auch unvoyeuristisch präsentiert. Als dramaturgische Fick-Poesie, zur Erklärung/zum Begreifen von Gewalt und Abhängigkeit. Seltsam KALT wirkt der Film; unnahbar, für unsere Augen hier auch irgendwie beliebig. Aber spannend in den Akteuren: Der chinesische Superstar TONY LEUNG („In The Mood for Love“; „2046“) gibt den coolen Macht-Haber, den skrupellosen Folterer, Herrn Yee, während die Newcomerin TANG WEI das zerbrechlich-wirkende Polit-Fräulein mimt. Ein aufwendig gestalteter Historienfilm mit Kamasutra-Appeal und dem Geschmack eines Spionage-Thrillers. Die Computer-entwickelte Rekonstruktion vom Shanghai der 30er Jahre beschwört den Mythos vom „New York des Fernen Ostens“, ist zunächst faszinierend, wirkt aber dann auch irgendwie blutleer. Weil Figuren/Ort/Story/Ideen/Gefühle/Bewegungen an einem „vorbeigehen“, ohne zu packen, ohne wirklich zu interessieren.
„Gefahr und Begierde“ ist ein neuer Ang-Lee-Film, mit dem ich mich ziemlich „schwer tue“ (= 3 PÖNIs).