FLIEGENDE LIEBENDE

PÖNIs: (3/5)

„FLIEGENDE LIEBENDE“ von Pedro Almodóvar (B + R; Spanien 2012; K: José Luis Alcaine; M: Alberto Iglesias; 90 Minuten; deutscher Kino-Start: 04.07.2013); seine Werke sind immer etwas Besonderes. Also nie „Routine“. Immer ein filmischer Aufreger mehr. In Gefühlssachen. Melo- wie dramatisch. Mit gesellschaftlichen Randfiguren besetzt. Dabei offen seine Dauerthemen Moral und Sex beziehungsweise Geschlechterrollen und Humor im Umgang mit Homosexualität transportierend. Mal schrill, mal tragisch, mal ironisch. Meistens alles vermischend. Der bekennende Schwule Pedro Almodóvar, 64, zweifacher „Oscar“-Preisträger („Alles über meine Mutter“/2000 = Auslands-„Oscar“; 2003/„Oscar“ für das „Beste Originaldrehbuch“ zu „Sprich mit ihr“) ist Europas Kultfilmemacher Nr. 1. DER sich hier eine lockere, lakonische, aber nicht durchweg amüsante Auszeit gönnt. Stichwort: der schwule Boulevard. Vereint in einem Flugzeug. Wo der Peninsula-Flug Nr. 2549 auf dem Weg nach Mexiko-Stadt sich noch im spanischen Luftraum befindet. Wie gleich eine „beruhigende“ Ansage des Chef-Stewards erläutert: „Verehrte Fluggäste, aufgrund eines kleinen technischen Problems werden wir in Kürze notlanden, falls wir es zum nächsten Flughafen schaffen sollten. Es besteht kein Grund zur Beunruhigung, aber ein Gebet könnte sicherlich nicht schaden. Meine Kollegen und ich werden versuchen, Ihnen den Flug so angenehm wie möglich zu gestalten“.

Man fliegt ja klassenhaft. Die Gäste der Holzklasse wurden sicherheitshalber schon vor der Durchsage mit Schlafmitteln betäubt. Damit von Seiten „der Unterschicht“ keine „unnötigen Bewegungen“ kommen. Für die Reisenden der Business-Class hingegen wird Tomatensaft mit der Droge Mescalin gereicht. Was ebenso beruhigende wie auch enthemmende Wirkung verbreitet. Und so nimmt man sich über den Wolken halt grenzenlose Freiheiten. Was bei solch exaltierten Passagieren sowie einer hysterischen Crew nur anfänglich verwundert. Bald wird hemmungslos „herumgemacht“. In Wort(en) und Handlung(en). Das Völkchen lüftet sich in Richtung „letzte Begierden“ mit Volldampf aus. Als da zum Beispiel wären: ein sich natürlich auf der Flucht befindender korrupter spanischer Banker; eine altjüngferliche Hellseherin und Tatsächlich-Jungfrau, die den Tod zu riechen versteht; eine Schauspielerin mit – natürlich – etwas kompliziertem Sexualleben; ein mexikanischer Auftragskiller. Sowie diese drei „tollen Tanten“ Flugbegleiter, die dann schon mal als berauschte Combo den 80er Jahre Disco-Hit „I’m so excited“ (von den Pointer Sisters) präsentieren. Zum Besten geben. Und da der Funkverkehr „mit Unten“ nur noch über Lautsprecher funktioniert, hören alle auch noch alles mit.

Überdrehte Episoden-Blüten als lustvoll-frivole Seelen- wie Ganzkörperstriptease-Farce. Von burleskem Spiel-Spaß. Überbunt. An- wie eingerichtet. Aussehend. Wirkend. Mit typischem Almodóvar-Personal. Zu dem ganz kurz auch Transportfahrerin Penélope Cruz und Techniker Antonio Banderas gehören. Anfangs, am Boden. Als er, León, durch die Schwangerschaftsansage von ihr, Jessica, so verstört ist, dass er am Flugzeug einen Bremsklotz nicht korrekt vom Fahrwerk entfernt. Was die Chose dann auslöst.

„Fliegende Liebende“ ist ein schrill-schräges, kunterbuntes wie freizügiges Turbulenzen-Kintopp, bei dem manche dieser pointierten Wackeleien allerdings beliebig verpuffen. Schnell verblühen. Pedro Almodóvar mag es 2013 leicht. Wenn Spanien schon untergeht, dann wenigstens mit absurdem Schmackes. Oder so (= 3 PÖNIs).

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