EL MARIACHI

„EL MARIACHI“ von Robert Rodriguez (B + R + K; USA 1992; M: Nestor Fajardo; 81 Minuten; deutscher Kino-Start: 29.07.1993); das klingt doch gut, feurig und nach Stimmung, oder? Und in der Tat: “El Mariachi“ ist derzeit d i e Sensation mit Gags, Anekdoten und Überraschungen aller Art, in der sicherlich nicht kleinlichen Film-Geschichte. Aber: Die Geschichte dieses Films beginnt nicht erst im Lichtspielhaus, sondern viel eher. Und ist mindestens genauso abenteuerlich und unglaublich wie der Film selbst.

ROBERT RODRIGUEZ stammt aus dem Herzen der USA, aus dem tiefsten Süden, aus San Antonio, Texas. Mit 13 drehte er mit der Video-Kamera seines Vaters erste, kurze Familienfilme. Sie waren 10 Kinder zu Hause, also konnte jeder dabei irgendwo mithelfen. Seit seiner Kindheit ist Rodriguez ins Kino vernarrt. In das Kino der Hitchcocks, Spielbergs und Scorseses, also in das Kino der Bewegung und Spannung. Er schafft sich eine zweite Kamera an, studiert, dreht pausenlos Super 8-, 16mm- und Video-Filme. Dann, mit 23, besorgt er sich 7000 Dollar und dreht seinen ersten Spielfilm: “El Mariachi“. Der soll als Fingerübung gelten, soll Eindruck schinden, um später einmal “größer“ arbeiten zu können. Doch als er mit seinem Werk auf verschiedenen Festivals auftaucht, wird Robert Rodriguez plötzlich hofiert und gefeiert. Der mit Laien, auf den schäbigen Straßen einer amerikanisch-mexikanischen Grenzstadt, in nur 14 Tagen, mit einer geborgten Kamera, gedrehte Streifen avanciert zum Liebling von Publikum und Kritik. Die These “Hunger schafft Kreativität“, kommt hier voll zur Wirkung.

“El Mariachi“ ist ein B-Film. B-Filme sind d i e Filme, in denen mehr Spaß und Idealismus vorhanden sind als Geld. Es sind d i e Filme, die neben den großen, lauten, teuren entstehen, damit sich Talente ausprobieren und entwickeln können. Viele “Große“ des Films haben einmal so angefangen. “El Mariachi“ ist der König des B-Films. Ein Mariachi, das ist ein fahrender Gitarrenspieler und Sänger, der überall dort auftaucht, wo Kneipen, Bars und Hinterzimmer sind. Leider aber wird unser Mariachi nicht gebraucht. Er ist in einem kleinen Nest irgendwo am Rande der staubigen Welt gestrandet. Niemand will ihn beschäftigen, fast unbeachtet zieht er durch die Gegend. Dann aber überschlagen sich plötzlich die Ereignisse. Eine Verwechslung: 2 x der gleiche Gitarrenkoffer. Nur die Inhalte sind verschieden: Hier das Instrument, dort die Utensilien eines Profi-Killers. Der Mariachi ist mittenmal Schießscheibe für wütende Gangster. Er findet bei einer Bar-Besitzerin Unterschlupf, kann sich aber nur kurz ausruhen. Dann geht es schon wieder holterdiepolter.

Verrückt und schön: Ein Mariachi im Comic- und Westernland. Man nehme: 1 schnelle Schildkröte, 1 müden Bullterrier, 1 Gitarre, 1 Frau, 1 weißen Gangster, 1 schwarzen Gangster mit Funk-Telefon. 1 Mariachi im dunklen Blau. Viele Waffen und noch mehr Schurken. 1 Motorrad. Das bzw. die packe man zusammen, schüttle sie und lasse sie aufeinander los. Fazit: Ein ironischer Stadt-Western, ein wüster Film-Comic, eine sentimentale Gossen-Ballade. “El Mariachi“ ist eine lakonische, temporeiche Posse – in Klischees erschlagen und parodiert. Ist ein enthusiastischer Film-Schnellgang, der 80 feine, rabiate Minuten lang nur-unterhalten und auf seine herrlich einfache Weise die Filmgeschichte aufrollen, plündern und bereichern will. Kino als talentierter Handgriff, als kreativer Spaß, als Geheimtip der Saison: “El Mariachi“ von Robert Rodriguez. Einem Filmemacher, von dem mit Sicherheit bald viel mehr zu sehen sein wird (= 4 PÖNIs).

 

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