EDDIE THE EAGLE – ALLES IST MÖGLICH

„EDDIE THE EAGLE – ALLES IST MÖGLICH“ von Dexter Fletcher (USA/GB/D 2015; B: Sean Macaulay, Simon Kelton; K: Georg Richmond; M: Matthew Margeson; 105 Minuten; deutscher Kino-Start: 31.03.2016); „In Zukunft wird jeder 15 Minuten weltberühmt sein“. (Andy Warhol: 1968)

Ich liebe solche euphorischen Gefühlswallungen; ich benötige hin und wieder diese locker gemachten Movies über freche, eigenwillige Außenseiter im Rampenlicht. Marke: Du siehst „nach nischt“ aus (wie der Berliner Mund sagt), kannst eigentlich auch nichts Außergewöhnliches, glaubst aber dennoch daran, im Leben einmal etwas Besonderes zu sein und dies öffentlich „zu beweisen“. Vorzuführen. MICHAEL EDWARDS, geboren am 5. Dezember 1963 im britischen Cheltenham, 165 cm, mittelgroß, pfundig, hat seit seiner Kindheit einen Traum, den er für sich unbedingt verwirklichen will: einmal an den Olympischen Spielen teilnehmen.

Nach deutlichen Misserfolgen im Judo, im Volleyball, Pferdesport und Abfahrtski sieht er im Fernsehen die Übertragung der Vierschanzentournee in der Saison 1985/86. Und die Wechsel-Idee zum Skispringen ward für Michael Edwards geboren. Das Skispringen war damals eine olympische Disziplin, die von keinem britischen Sportler ausgeübt wurde. Für den mit einer ausgeprägten Weitsichtigkeit ausgestatteten Brillenträger Michael begann also die Herausforderung, mit nichts als seinem unbeirrbaren Wunsch und unbeugsamen Willen zum Teilnehmer an den Olympischen Winterspielen im kanadischen Calgary 1988 aufzusteigen. In Sachen runtersausen von Skisprung-Schanzen.

Ein wahres Märchen-Kapitel. Im Leben des Michael Edwards. Beginnend in einem kleinen nordenglischen Arbeiterhaushalt. Der Vater Maurer, die Mutter schützt und vergöttert den kleinen Eddie. Verteidigt seine kindischen „Kaspereien“, wenn er davon erzählt, dass er beabsichtigt, irgendwann einmal „berühmt“ zu werden. Als Sportler. Als Teilnehmer bei den Olympischen Spielen. Anstatt auch als Maurer zu werkeln. Doch die Voraussetzungen für den Bub sind alles andere als gegeben: Michael ist hyperaktiv, keiner Peinlichkeit aus dem Weg gehend, ist vergleichsweise klein, muss eine Brille tragen. Und Geld für das Training und einen Trainer besitzt er auch nicht. Was ihn aber nicht daran hindert, so viele Sportarten wie möglich „zu probieren“, um schließlich „die geeignete“ für sich zu finden. Dass dabei Schrammen und mehr seinen Athleten-Weg begleiten, liegt auf der Hand. Dabei-Sein fordert eben alles. Von Mann und strapaziertem Körper.

Grob gesagt: Eine Null will hoch hinaus. Unverdrossen. Von niemandem aufzuhalten. Obwohl alles, aber wirklich auch alles gegen ihn spricht. Auch der von ihm angesprochene muffige Trainer Bronson Peary (HUGH JACKMAN), ein ehemaliger Erfolgsspringer, der sich weitgehend nur noch über Suff und Selbstmitleid definiert, erklärt Michael und seine Bemühungen für lächerlich. Verrückt. Völlig unrealistisch. Totalen Quatsch. Wie alle anderen Läster-Kameraden auch. Doch Michael bleibt dran. Aufdringlich. Stur. Fällt immer wieder auf die Schnauze, um sofort wieder aufzustehen. Ich habe keine Chance, also nutze ich sie. Das noble britische Olympische Komitee ist über derlei Aktivitäten und Kapriolen derweil nicht nur nicht amüsiert, sondern entsetzt.

Wir wissen, es, Sie kennen ihn: Michael Edwards. Dieser unglaubliche, tapfere Bursche, kriegt tatsächlich seine berühmten „15 Minuten“. Und mehr: wird als mutiger und ewiger Dauer-Letzter zum Volkshelden: zu EDDIE THE EAGLE, wie sie ihn rufen. Der Adler, der sich seinen Traum erfüllt.

Übrigens – zeitgleich mit dem jamaikanischen Bobfahrer-Team, das auch 1988 in Calgary startete, ebenfalls als Verlierer gefeiert und später in dem Film „Cool Runnings“ verewigt wurde.

Diese für 12 Millionen Dollar hergestellte Independent-Co-Produktion USA/Großbritannien/Deutschland, die größtenteils im bayerischen Oberstdorf, in Garmisch-Patenkirchen und Seefeld realisiert wurde und auch in den Londoner Pinewood-Studios und im Studio von Potsdam-Babelsberg entstand, besitzt respektablen Emotions-Charme und phantastische Spring-Aufnahmen: vom brillanten britischen Bond-Kamera-As George Richmond („Ein Quantum Trost“). Wenn „Eddie“ mit beschlagenen Brillengläsern die Schanzen bei böigem Wind herunterdüst, bleibt kein Spannungsauge trocken. Und die letzte halbe Stunde zehrt auf beiden Seiten der Leinwand wunderbar an den Spaß-Nerven.

TARON EGERTON, 25, neulich in „Kingsman: The Secret Service“ an der Seite von Colin Firth Jungspund-Agent, bewältigt seine erste Hauptrolle bravourös. Mimt bei diesem warmherzigen Wohlfühl-Biopic seinen Helden mit viel Charisma. Ist als Adler-Eddie von phänomenaler Präsenz und Ausstrahlung. Läuft als bester schlechtester Athlet aller Winter-Zeiten zu unterhaltsamer Hochform auf. Kriegt die darstellerische Balance zwischen Hofnarr und Bauernschlau-Mann prächtig hin. Mit viel Schwung und Kitzel. Und hat mit dem „Wolverine“-Helden HUGH JACKMAN als verkorksten Trainer einen (fiktiven) launigen Stichwortgeber an seiner Seine. Und: In einer Nebenrolle taucht auch „unsere“ IRIS BERBEN auf, als gutmütige und hilfsbereite bayerische Wirtin.

Fazit: Emotional tut „EDDIE THE EAGLE – ALLES IST MÖGLICH“, der 3. Spielfilm des Schauspieler-Regisseurs Dexter Fletcher (nach „Wild Bill“ und „Sunshine on Leith“), richtig Kino-gut (= 4 PÖNIs).

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