Der Mann wusste, was er wollte: „Wenn ich 30 Jahre bin, will ich, dass man meinen Namen kennt. Bis 35 will ich anerkannt sein. Bis 40 sogar ein bisschen berühmt“. Tatsächlich hatte der am 23. Februar 1899 in Dresden geborene Schriftsteller, Dichter, Texter, Drehbuch-Autor und bekennende Antimilitarist ERICH KÄSTNER gerade erst seinen 30. Geburtstag gefeiert, als ihn sein Kinder-/Jugendroman „Emil und die Detektive“ in aller Welt bekannt machte. 1934, nachdem seine Werke von den Nazis bei der Bücherverbrennung als „wider den deutschen Geist“ verbrannt wurden (und er dies selbst aus nächster Nähe beobachtete), er praktisch mit einem Publikationsverbot belegt war, veröffentlichte er in der Schweiz den Unterhaltungsroman „DREI MÄNNER IM SCHNEE“ und brachte diesen in Deutschland unter dem Pseudonym Robert Neuner als Theater-Komödie in 4 Akten unter dem Titel „Das lebenslängliche Kind“ heraus. Die Uraufführung am Schauspielhaus Bremen am 7. September 1934 (Regie: Fritz Saalfeld) war ein voller Erfolg. 1936 verfilmten Schweden und die Tschechoslowakei den Stoff, 1938 Hollywood unter dem Titel „Paradise for Three“ (Regie: Edward Buzzell); deutsche Premiere in der ARD war am 24.12.1995 unter dem Titel „Drei Männer im Paradies“.
Die gelungenste Leinwand-Adaption dieser heiteren Verwechslungskomödie aber entstand in 1955 in Österreich. Das Drehbuch verfasste Kästner selbst, Regisseur war DER deutsche „Nachkriegs-Fachmann für Unterhaltungsfilme“: KURT HOFFMANN (12.11.1910 – 25.6.2001). Der mit Filmen wie „Das fliegende Klassenzimmer“ (nach Kästner; 1954); „Ich denke oft an Piroschka“ (1955; mit Liselotte Pulver); „Das Wirtshaus im Spessart“ (1957; wieder mit der Pulver) oder mit dem satirischen Wirtschaftswunder-Drama „Wir Wunderkinder“ (1958; mit Wolfgang Neuss/Wolfgang Müller + Hansjörg Felmy) damals ein Millionenpublikum begeisterte.
Nachdem die Erich-Kästner-Verfilmungen aus rechtlichen Gründen jahrzehntelang „gesperrt“ waren, sind sie nun endlich auch auf dem DVD-Markt vorhanden. Wie natürlich auch
„DREI MÄNNER IM SCHNEE“ von Kurt Hoffmann (Ö 1955; B: Erich Kästner; nach seinem gleichn. Roman/1934; K: Richard Angst; Alfred Westphal; M: Alexander von Szlatinay; 93 Minuten, schwarz-weiß; deutsche Kino-Premiere: 14.7.1955; Video-Erstveröffentlichung: 24.4.1995; DVD-Veröffentlichung: 3.12.2010).
„Drei Männer im Schnee“ spielt in jener Zeit, als in unseren Breitengraden gesellschaftlicher Standesdünkel „groß“ angesagt war. Im Mittelpunkt: Der Millionär und Geheimrat Schlüter (PAUL DAHLKE). Der im Innern ein großes Kind geblieben ist. Mit unbändigem Spaß am Schabernack. Sehr zum Entsetzen seiner familiären Umgebung wie Tochter Hilde (NICOLE HEESTERS) oder „Hausdame“ Kunkel (MARGARETE HAAGEN). Der exzentrische wie gutmütige Senior plant einen neuen Coup. Nimmt unter falschem Namen an einem Preisausschreiben seines eigenen, weltbekannten „Schlüter“-Konzerns teil, gewinnt tatsächlich den 2. Preis: Einen 10tägigen Aufenthalt im Grandhotel zu Bruckbeuren in den Alpen. Dorthin düst also der „olle Schlüter“ hin, um neue Menschenstudien zu betreiben. Um zu erleben, wie man dort auf einen „armen Schlucker“ mit Namen Schulze so reagiert. In seiner Begleitung, der etwas „irritierte“ Diener Johann (GÜNTHER LÜDERS). Der während des Alpen-Aufenthaltes einen reichen Baron spielen soll. Doch Schlüters besorgtes Töchterlein will „Schlimmes“ verhüten und benachrichtigt heimlich das Hotel-Chef-Personal. Kommt aber nicht mehr dazu, telefonisch den falschen Namen ihres Vaters zu nennen. So wird fälschlicherweise der erste Preisträger des Preisausschreibens, Dr. Fritz Hagedorn, seines Zeichens arbeitsloser Werbefachmann (CLAUS BIEDERSTAEDT), für den „falsch-echten“ Schlüter gehalten, während der „echte“ in eine kleine Dachkammer ohne Heizung untergebracht wird. Ganz den gegebenen sozialen, gesellschaftlichen wie autoritären Umgangsformen. Mit den „Untertanen“. Portier Polter (FRITZ IMHOFF) macht seinem Namen alle Ehre, und auch Hoteldirektor Kühne (HANS OLDEN) gefällt sich SEHR in der Rolle des schmierigen Schleimers. Die „komischen Dinge“ mit den Verwechslungen plus Folgen setzen sich pointiert in Bewegung. Marke ERICH KÄSTNER:
„Die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Früher waren sie Kinder, dann wurden sie Erwachsene, aber was sind sie nun? NUR WER ERWACHSEN WIRD UND EIN KIND BLEIBT, IST EIN MENSCH“.
Ein alter, schöner, fein-sentimentaler Lustspiel-Spaß. Ebenso beschwingt wie bissig ironisch. Und kultiviert wie leise Melancholie. Es bereitet auch heute noch SEHR viel Vergnügen, sich diese amüsante „Kleider machen Leute“-Komödie anzuschauen, sie anzufühlen. Die natürlich gerade in diesen kalten wie schneereichen Wintertagen einmal mehr das gute Herz angenehm erwärmt. Motto: Die, die es verdient haben, kriegen ihr herrliches Spott-Fett ab. Und die Anderen triumphieren listig, ausgelassen wie schön-gefühlvoll. Wunderbar. Weil so köstlich unangestrengt und so locker-fröhlich inszeniert. Doof und Dämlich haben keine Chance, ganz im Gegenteil: Die augenzwinkernde Spielfreude ist allen Beteiligten förmlich anzumerken.
PAUL DAHLKE (12.4.1904 – 24.11.1984) stattet sein Schlüter-Senior-Kind mit viel Lächeln und Lebensweisheit aus. Drumherum putzmuntere Typen wie der urige, feine 1:1 Diener-Begleiter GÜNTHER LÜDERS (5.3.1905 – 1.3.1975) oder der charmante Unterschichten-Schelm CLAUS BIEDERSTAEDT, heute 82 und später auch als James Garners-„Detektiv Rockford“-TV-Serien-Stimme klasse besetzt.
„DREI MÄNNER IM SCHNEE“ ist ein herrlicher Film-Evergreen. Erweist sich als ein prächtiger Oldie! (4 1/2 PÖNIs).
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