PÖNIs: (3/5)
„DIE KUNST DER NÄCHSTENLIEBE“ von Gilles Legrand (Co-B + R; Fr 2018; Co-B: Léonore Confino; K: Pierre Cottereau; M: Armand Amar; 103 Minuten; deutscher Kino-Start: 30.01.2020); SIE ist um die 50-plus und ein definitiver Gut-Mensch. Isabelle (AGNÈS JAOUI) hat Helfen zu ihrer Lebensaufgabe gemacht. Hetzt von einem Engagement zum nächsten. Kleiderspenden, Suppenküche, kostenloser Sprachunterricht in einem Sozialzentrum. Mit ihrem Helfer-Syndrom erreicht Isabelle Großzügigkeitsstufe 1. Während ihre Tochter Zoé davon genervt ist, dass ständig Kleidung von ihr „abhanden“ kommt und ihr Ehemann, Ajdin ein ehemaliger Flüchtling aus Bosnien (TIM SEYFI), der sich dank des Engagements seiner Gattin zum Versicherungsagenten hochgearbeitet hat, so langsam den Glauben an die Gutheit seiner Angetrauten verliert, die ihn im Bett schon mal mit „mein kleiner Flüchtling“ anspricht. Doch dann taucht in der Parallelklasse im Sozialzentrum die junge, clevere Elke aus Deutschland auf (CLAIRE SERMONNE), die – unfreiwillig, also ungewollt – mit ihren modernen Alphabetisierungs-Methoden Isabelles gestresste Schüler in ihren Kurs lockt. Was Isabelle eifersüchtig und „unkontrolliert(er)“ werden lässt. Eine „soziale Fahrschule“ soll eingerichtet werden. Jetzt wird’s kribblig.
Mit scharfer Zunge und ebensolchem humoristischem Charme-Blick geht der Autoren-Regisseur Gilles Legrand der neuen Bürger-Aktivität „Besser-Moral“ auf den Grund. Dirigiert sein Ensemble prima durch alle Unebenheiten der Geschichte. Scheut dabei weder Slapstick-Spitzen noch melodramatische Beigaben, wenn es darum geht, die eigentlichen (Schmerz-)Motive von Isabelle auszuloten. Die von AGNÈS JAOUI („Das Leben ist ein Chanson“/s. Kino-KRITIK) passend-wuselig interpretiert wird. „Les bonnes intentions“, „Gute Absichten“, bestätigt einmal mehr: Das Private ist stets auch politisch.
„Die Kunst der Nächstenliebe“ ist eine belebende ironische französische Komödie, die am Ende zwar allzu „lieb“ herumsteuert, aber in Dingen wie die Natur des Helfens einiges an pfiffigen Pointen zu vermitteln weiß (= 3 PÖNIs).