PÖNIs: (3/5)
„DIE KÄNGURU-CHRONIKEN“ von Dani Levy (D 2018/2019; B: Marc-Uwe Kling; nach seinen gleichn. vier Büchern/2009-2018; K: Filip Zumbrunn; M: Niki Reiser; 93 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.03.2020); in der Kritik zum deutschen Film-Musical „Ich war noch niemals in New York“ schrieb der Autor Thomas E. Schmidt neulich in der Wochenzeitung „Die Zeit“ von einer „Zufriedenheitsmoral“, die im deutschen Film grundsätzlich vorherrsche, weil dies „das therapierte deutsche Unterbewusstsein so will“. Ähnliches kann man hier konstatieren. Der Schweizer Autor, Regisseur und Schauspieler DANI LEVY, Jahrgang 1957, ist bekannt für solchermaßen liebliche Glücksgefühle im deutschen Kino, aber meistens auch mit vielen moralischen Ausrufungszeichen und etwas hakigen Problemvorkommnissen. Was anfangs, in den gemütlich-biestigen westdeutschen Achtzigern, ganz ulkig-originell ‘rüberkam, zum Beispiel in Anarcho-Beziehungsclownesken wie „Du mich auch“ (1986), „RobbyKallePaul“ (s. Kino-KRITIK) oder „I Was on Mars“. Und-so-fort. 2005 hatte Levy mit dem eigentlich fürs Fernsehen produzierten Kino-Hit „Alles auf Zucker!“ seinen großen Erfolg (s. Kino-KRITIK). Um danach mit dem „Adolf“-Streich „Mein Führer“ (s. Kino-KRITIK) imponierend-albern nachzulegen. Danach wurde es mittelmäßig-duster um den Berliner, sowohl mit dem missglückten sentimentalen Selbstbildnis „Das Leben ist zu lang“ (s. Kino-KRITIK) als auch mit der faden „Die Welt der Wunderlichs“ (s. Kino-KRITIK). Während 2018 der Ausflug zum – in einer einzigen Einstellung gedrehten „Tatort“-Streifen „Die Musik stirbt zuletzt“ (s. TV-KRITIK) zu einem Desaster geriet. Heuer widmet sich Dani Levy einem kultigen Papier- und Hörbuch-Bestseller: den KÄNGURU-CHRONIKEN.
Dabei handelt es sich um Textsammlungen des Stuttgarter Liedermachers, Kabarettisten, Kleinkünstlers und Autoren MARC-UWE KLING, Jahrgang 1982. Der hatte einst die geniale Idee, in seinen Podcast-Kolumnen (bei „Radio Fritz“ vom „rbb“) von seinem eigenartigen Nachbarn zu erzählen. Bei diesem handelt es sich um ein: Känguru. Känguru kann sprechen, tritt forsch und selbstbewusst auf und nistet sich sogleich beim Ich-Erzähler und Künstler ohne-Klein-davor, aber mit Migräne-Hintergrund, in dessen Kreuzberger Behausung ein. Eine WG ist gegründet. Mit zwei Sozusagen-Lebenskünstlern. Wobei das Känguru, das auf Schnaps-Pralinen steht, klar die Positionen absteckt: „Ich bin Kommunist“. War einst sogar als „Vietcong“ unterwegs. „Was dagegen?“ Und watscht den Künstler-Kumpel gründlich ab: „Dein Anarchismus ist schon so gemäßigt, du könntest in die SPD eintreten“. Allerdings: „Ein Problem zwischen uns kann es erst wirklich dann geben, wenn die Revolution gesiegt hat“.
Humor rabiat. Im Slapstick-Taumel. Beteiligte: 1.) Ein über alle Maßen verklemmter und lange Zeit übervorsichtiger Marc-Uwe-Mensch-Zausel (DIMITRIJ SCHAAD) im Liebestaumel = die Nachbarin Maria (dürftig: ROSALIE THOMASS) soll erobert werden; 2.) dieses überaus pfiffige, clevere und ideologisch gestählte wie tückische Känguru; 3.) ein mieser Immobilien-Spekulant (HENRY HÜBCHEN-„Trump“) und gleichzeitiger Rechtspopulist („Wir von der Partei ‚Alternative zur Demokratie‘, kurz ‚AzD‘, sagen Patrioten“), der die Gegend um den Görlitzer Park abzureißen gedenkt, um dort das Hauptquartier für seine nationale Partei zu errichten; sowie 4.) dieses Ensemble von Stammkneipen-Bolden, Faschos-Statthaltern und Späti-Kauzen, das – je nach Orientierung – mitmischt. Ach so ja – und Bud Spencer- und Terence Hill-Imitatoren treten auch kurz auf. Besser: an. Um mit-zu-kloppen. Motto: konzertierte Aktionen. Gegen Kapital und rechtes Gesocks. Für unseren KIEZ.
Dani Levy und sein Tut-Nicht-Weh-Kino. Ist solange lustig oder ist dann witzig, wenn ES auftritt: das Känguru, in Persona VOLKER ZACK (Stuntman) und als Animation. Mit der originalen Stimme seines Erfinders Marc-Uwe Kling. Der auch das Drehbuch verfasste. Wenn es aber immer wieder zu diesen läppisch-peinlichen Beziehungsabweichungen und kriminalistischen Kabbeleien kommt, folgt der Film eher den beliebigen Motiven: Alles vorhersehbar, nur die Zeit füllend und deshalb wenig inspirierend.
„Die Känguru-Chroniken“ oder: Da war weitaus mehr drin an ironischer Knackigkeit und deftigeren Polit-Anmachereien. Trotzdem: Alleine die witzige An-Sicht und pointierte Kodderschnauze dieses prominenten Ulk- & Kult-Tiers lässt die Show mitunter nett erblühen und erträglich aushalten (= 3 PÖNIs).