DER GESANG DER FLUSSKREBSE

PÖNIs: (3,5/5)

„DER GESANG DER FLUSSKREBSE“ von Olivia Newman (USA 2021; B: Lucy Alibar; nach dem gleichn. Roman von Delia Owens/2018; K: Polly Morgen; M: Mychael Witherspoon; 126 Minuten; deutscher Kino-Start: 18.8.2022);

FILM-ROMAN-FILM. Titel = „DER GESANG DER FLUSSKREBSE“ von Olivia Newman (USA 2021; B: Lucy Alibar; nach dem gleichnamigen Roman von Delia Owens/2018; Produktion u.a.: Reese Witherspoon; K: Polly Morgen; M: Mychael Danna; 126 Minuten; deutscher Kino-Start: 18.8.2022). Eine Vierfach-Stimmung: Packendes DRAMA; phantastisches NATUR-SCHAUSPIEL; unterschiedliche LIEBESGEFÜHLE ; spannender GERICHTS-THRILLER! „Zauberhaft schön“ nannte der „Spiegel“ den Roman, der 2019 hierzulande herauskam. Und Neugier auf die 73jährige Buchautorin machte. Die, in Georgia geboren, über zwei Jahrzehnte in verschiedenen afrikanischen Ländern Elefanten, Löwen und Hyänen erforschte. Als Kind verlebte Delia Owens die Sommerurlaube mit ihren Eltern in North Carolina, wo auch ihr Romandebüt angesiedelt ist, der mit folgendem Prolog ausgestattet ist: „1969. Marschland ist nicht gleich Sumpf. Marschland ist ein Ort des Lichts, wo Gras in Wasser wächst und Wasser in den Himmel fließt. Träge Bäche mäandern, tragen die Sonnenkugel mit sich zum Meer, und langbeinige Vögel erheben sich mit unerwarteter Anmut – als wären  sie nicht fürs Fliegen geschaffen – vor dem Getöse Tausender Schneegänse. Doch auch im Marschland schleicht sich hier und da echter Sumpf in tief liegende Moore, verborgen in feuchtkalten Wäldern. Sumpfwasser ist still und dunkel, hat das Licht mit seinem schlammigen Schlund verschluckt.  Selbst nachtaktive Regenwürmer kriechen in diesem Refugium tagsüber umher. Es gibt Geräusche, natürlich, aber verglichen mit der Marsch, ist der Sumpf still, denn Verwesung ist ein zelluläres Geschäft. Leben zerfällt und stinkt und wird erneut zu Humus; ein elender Schlamm des Todes, der Leben erzeugt. Am Morgen des 30. Oktober 1969 lag die Leiche von Chase Andrews in dem Sumpf, der sie sich bald lautlos, gelassen einverleibt hätte. Für alle Zeiten verborgen. Ein Sumpf weiß alles über den Tod und versteht ihn nicht notwendigerweise als Tragödie, ganz sicher nicht als Sünde. Doch an diesem Morgen radelten zwei Jungs aus dem Dorf hinaus zu dem alten Feuerwachturm, und als sie auf dem dritten Treppenabsatz ankamen , entdeckten sie seine Jeansjacke“. 

Damals gab es diesen Film. Titel: „Beasts of the Southern Wild“. Der lief 2012 zu Weihnachten in unseren Kinos an und avancierte zu einem Überraschungserfolg (s. Kino-KRITIK/4 1/2 PÖNIs). Die Autorin dieses Films hieß Lucy Alibar, die ihr Skript nach ihrem gleichnamigen Bühnenstück verfasst hatte. LUCY ALIBAR erhielt für ihr Drehbuch damals eine „Oscar“-Nominierung und ist hier erneut fürs Drehbuch zuständig.

Sie heißt Kya Clark (DAISY EDGAR-JONES). Ist in den Sümpfen des Deep South aufgewachsen. DRAMA: Du kannst dir nie aussuchen, „worin“ du geboren wirst. Du hast entweder Glück, Zufriedenheit, gute Lebenschancen, die du zu nutzen verstehst, oder du hast Pech und bist Opfer. Leidest unter deinem alkoholabhängigen Vater, der in der Familie herumprügelt. Wie Kya. Deren Mutter und deren Geschwister die Gewalt nicht mehr ausgehalten haben und abgehauen sind. Die 7jährige Catherine „Kya“ Clarke ist nun allein auf sich gestellt. Muss diese gewalttätigen väterlichen Eskapaden ertragen. Und hoffen, dass die Mutter irgendwann zurückkehrt. Hilfe kann „Das Marschmädchen“ von Niemanden erwarten. In der Region denunziert man sie als eine Art Hexe. Würde sie gerne „amtlich“ wegsperren. Also beginnt Kya ihr Dasein auf eigene Faust zu entwickeln. Zu arrangieren. Zu planen. NATUR-SCHAUSPIEL: Einzigartig. Ein atmosphärisches Wunderwerk von Pflanzen, Bäume, Gräser, Wasser. Ein Paradies, das ohne Menschen auszukommen in der Lage wäre. LIEBE. Zwei junge Männer tauchen auf. Der blonde, mit der Natur verbundene Tate Walker (TAYLOR JOHN SMITH) und der draufgängerische Chase Andrews (HARRIS DICKINSON). Beide umwerben das ungewöhnliche „exotische“ Kya-Mädchen. Das aus eigener Kraft existiert. Und kämpft. Beide Jungs enttäuschen sie. Weil – „Männer regieren“, lautet in jenen Jahren das gesellschaftliche Ami-Motto. Selbständige „Mädchen“ erstaunen nur. Gelten als nur „begrenzt“ „zu gebrauchen“. Die sensible, clevere Kya aber weiß sich inzwischen längst zu wehren. GERICHTSTHRILLER: Der Prolog. Weißt auf die Anklage hin: Kya wird beschuldigt, Chase Andrews ermordet zu haben. Es kommt zum Prozess. Tom Milton ist Anwalt (DAVID STRATHAIRN) und vertritt die junge, schweigsame und empfindsame Frau. Er zählt zu den wenigen, der diese junge gebeutelte Frau freiwillig unterstützt.

DRAMA = Einfühlsam. NATURSCHAUSPIEL = Überragend. Grandios. Bildlich eine Wucht! LIEBESGEFÜHLE = Eher bedächtig. Mit zu vielen kitschigen Emotionen. Etwas hilflos gefüllt. GERICHTSTHRILLER = faszinierend. Verbal aufregend. David Strathairn ist Nebenrollen-„Oscar“-verdächtig. „DER GESANG DER FLUSSKREBSE“, der Film = Mit Schwächen stimmungsgeladen. DAISY EDGAR-JONES = ist als unabhängige Kya imponierend. Die beiden männlichen Jungschauspieler ähneln sich (bedauerlicherweise) und treten eher schwächlich-„neutral“ auf. Insgesamt verdient sich die Romanverfilmung: 3 1/2 PÖNIs.

Teilen mit: