Dawai Rock’n Roll Kritik

DAWAI ROCK‘N ROLL“ von Holger Grabowsky und Holger Jass (B, K+R; D 1988; 90 Minuten; Start D: 04.06.1989)

Wer dachte, dass es sowjetischen Rock‘n Roll erst seit Gorbatschow und Glasnost gibt, der hat sich geirrt. Der sowjetische Rock‘n Roll
lebt seit Anfang der 60er Jahre, sagt Sascha, Musiker der Gruppe “Va-Bank“ und es kotzt ihn an, in westlichen Illustrierten als Sumpfblüte der Perestrojka vorgeführt zu werden.

“Dawai Rock‘n Roll“ ist eine Art Rockreportage und Dokumentation über die Rock-,Pop-, Punkszene, hauptsächlich in Moskau und Leningrad. Sowjetische Musiker sind in der Regel keine Profis, sie spielen halblegal. Berufsmusiker müssen ihre Texte einer staatlichen Kommission vorlegen. Diese eingekauften Musiker werden dann auch mit westlichem Equipment und Styling ausgestattet. Und nur von diesen Rockgruppen berichtet die- Presse.
Für die Regisseure des Filmes “Dawai Rock‘n Roll“ sind diese Musiker allerdings nicht interessant, nur harmlose Profis.
“Dawai Rock‘n Roll“ stellt die nichtoffiziellen und halboffiziellen Rockgruppen vor. Die Musiker, die keine staatliche Unterstützung erhalten, die neben der Musik noch arbeiten müssen, die nur mit viel Phantasie und Improvisation ihre Musik machen können, denn in Russlands Musikgeschäften gibt es nicht selten nur Trommeln und Akkordeons zu kaufen. Oft müssen sich die Musiker also ihre Instrumente und die gesamte Tonanlage selbst bauen.

Diese Schwierigkeiten, die die Musikgruppen von allen Seiten her erfahren verwandelt sich in frische, aggressive Kreativität.
Keine russische Rock Gruppe spielt auf einem Konzert einfach nur. Es gibt Bühnenshows mit Pantomime, Akrobatik, Modeschauen und
Theaterinszenierungen. Immer laut, immer frech und meistens enorm witzig und geistreich.
Einzig der Kommentator des Filmes stört ein wenig, seine fade Stimme passt so gar nicht zu der wilden Musik und den schönen Texten.
Aus der Sowjetunion weht frischer Wind.
Die russischen Rockgruppen arbeiten schon lange an Veränderungen.

“Dawai Rock‘n Roll“ verbreitet Mut und Pfiffigkeit.
Wer an der aktuellen Situation im Ostblock interessiert ist, wird seinen Spaß an dem Film haben (= 3 PÖNIs).

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