COLD WAR – DER BREITENGRAD DER LIEBE

„COLD WAR – DER BREITENGRAD DER LIEBE“ von Pawel Pawlikowski (Co-B + R; Polen/GB 2017; Co-B: Janusz Glowacki; Piotr Borkowski; K: Lukasz Zal; M: Marcin Masecki; 89 Minuten; Schwarz-Weiß; deutscher Kino-Start: 22.11.2018); d e r Cineasten-Hit für das Arthaus-Kino. Der 1957 in Warschau geborene PAWEL PAWLIKOWSKI verließ Polen mit 14 Jahren. Großbritannien, Deutschland und Italien waren seine Stationen, bevor er sich 1977 in England niederließ. ER studierte Literatur und Philosophie in London und Oxford. Ab Mitte der 80-er Jahre schuf er für die BBC TV-Dokumentarfilme. Sein satirischer Streifen „From Moscow to Pietushki“ über die sowjetische Trinkkultur war sein Durchbruch. Sein erster Spielfilm entstand 1998 in Moskau: „The Stringer“. Danach entstand „Last Resort“, ein halb-autobiographischer Film über eine junge russische Mutter und ihren Sohn, die in England versuchen, Fuß zu fassen. Pawlikowski wurde 2002 mit dem britischen „Oscar“, den BAFTA-Award, bedacht und erhielt die Auszeichnung: „Most Promising Newcomer in British Film“. Galt ab sofort als eines der größten Talente der britischen Filmindustrie. Sein dritter Spielfilm „My Summer of Love“, wurde ebenfalls vielfach prämiert. Im Frühjahr 2010 schuf er in Paris „Die geheimnisvolle Fremde“ mit Ethan Hawke und Kristin Scott Thomas. Sein vorletzter Film, „IDA“, gewann 2015 unter anderem fünf Europäische Filmpreise und den Auslands-„Oscar“. Pawel Pawlikowski lebt heute in Warschau und unterrichtet Filmregie und Drehbuch an der „Wajda School“.

„COLD WAR – DER BREITENGRAD DER LIEBE“ ist seinen Eltern gewidmet. Sie starben 1989 kurz vor dem Fall der Berliner Mauer. Sie hatten die letzten 40 Jahre zusammen verbracht, trennten und fanden sich immer wieder, sich gegenseitig jagend und bestrafend auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs, erklärt der Künstler im Presseheft: „Sie beide waren starke, wunderbare Menschen, aber als Paar eine unendliche Katastrophe“.

Während des polnischen Wiederaufbaus 1949 ist der Komponist Wiktor (TOMASZ KOT) in der Provinz auf der – offiziellen – Suche nach einheimischer, volkstümlicher Musik. Begegnet der Sängerin Zula (JOANNA KULIG), und ab sofort ist das emotionale Chaos programmiert. Beide „können“ und wollen eigentlich auch „miteinander“, kriegen es aber nie „richtig“ hin. Die Stationen ihrer Liebes-Wanderung: Polen 1949; Ost-Berlin 1952; Paris 1954; Split; Jugoslawien 1955; Paris 1957 und 1959 und wieder Polen. Wo er verhaftet wird.

Diese unglaublich dichte und in wunderschönem Schwarz-Weiß gestaltete „Gestern“-Atmosphäre, eingefangen als atmosphärische Gesamtkomposition von Seele, Architektur, Politik im Privaten. Der Musik. Mitten darunter: Ein Paar, das sich immer wieder „wegwirft“, um sich sogleich auf die Suche zu machen. Die Bilder sind eng, aber packend; die Figuren nie voll zu vereinnahmen; die Zeitsprünge reizvoll. Die Reise durch die Regionen ist eine Reise einer unermesslichen, grandiosen Liebe, die viel zu groß ist für die kleinen „lächerlichen“ Lebens-Motive des Wanderns, des Aufhaltens, des Wiedersehens, des Suchens, des Findens. Natürlich: des Berührens. Und die deshalb immer wieder scheitert. Um bald wieder aufzublühen. Der komische unvollkommene Mensch. Und sein ewiges Taumeln.

Was für ein kleines großes Werk: Über die menschliche Kraft der Gefühle: unbändig, magisch, sinnlich. „Cold War“ ist einer der stärksten Liebesfilme der letzten Jahre, weil er in seiner berührenden Unerbittlichkeit und brillanten Intensität unendlich lange wunderbar nachwirkt. Nachhallt. Und eigene Erinnerungen aus der tiefsten Tiefe lächelnd wie staunend hervorholt (= 4 1/2 PÖNIs).

Diese Kritik ist Ewa gewidmet.

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