COCO CHANEL & IGOR STRAVINSKY

PÖNIs: (3/5)

„COCO CHANEL & IGOR STRAVINSKY“ von Jan Kounen (Fr 2008; B: Chris Greenhalgh; K: David Ungaro; M: Gabriel Yared; 132 Minuten; deutscher Kino-Start: 15.04.2010); der am 2. Mai 1964 in Utrecht geborene Filmemacher drehte Kurzfilme, Musik-Videos (für „Erasure“) und Werbeclips, bevor er 1997 mit dem Thriller „Dobermann“ debütierte. 2004 folgte der Schamanen-Western „Blueberry und der Fluch der Dämonen“, gefolgt von der Polit-Parabel „39,90“, jener spöttischen Adaption des gleichnamigen Bestseller-Romans von Frédéric Beigbeder über die Auswüchse der profitgeilen Werbewelt. Die französische Mode-Ikone COCO CHANEL (*1883 – †1971) war bereits im Vorjahr Leinwandthema: „Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft“ von Anne Fontaine (mit Audrey „Amélie“ Tautou in der Titelrolle) handelte von den ersten drei Lebensjahrzehnten dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts. Hier nun, beim Abschlußfilm vom Cannes-Festival im Vorjahr, geht es, wenn wir so wollen, „weiter“.

SIE ist inzwischen berühmt, reich und ein selbstbewußtes weibliches Alphatier. Die natürlich 1913 bei der legendären, weil skandalbegleiteten Uraufführung von Stravinskys Ballett „Le sacre du printemps“ mit im Pariser Opernhaus-Parkett sitzt. Inmitten des schockierten, lauthals protestierenden Belle-Époque-Publikums. Mit optisch aufwendigen wie faszinierend köstlichen Paukenschlag-Bildern (großartig die Kamera von DAVID UNGARO) steigt der Film in diese Geschichte um eine offensichtlich verbürgte Promi-Affäre von Annodunnemal ein. Zwei „besondere“ Künstler; Kraftpole: ER, der zu Anfang des 20. Jahrhunderts mit einer radikalen NEUEN MUSIK aufwartet und provoziert; SIE, die „die Frau“ modisch völlig neu erfindet/ankleidet. Zwei Seelenverwandte in Sachen Ego, Eigen, Anders-Sein.

Der britische Schriftsteller CHRIS GREENHALGH, 1963 in Manchester geboren, schrieb einen Roman über diese Affäre, der 2002 herauskam. Für die Verfilmung schrieb er auch das Drehbuch. Die Leinwand gibt sich bunt gefüllt; der Film ist äußerlich äußerst opulent, mit diesen geschmackvoll eingerichteten Innenräumen, den üppigen Kleidern und den imposanten Autos „von damals“. Der SCHAUWERT ist enorm. Im Innern ist er das ewige Geschlechterduell: SIE, Single, unabhängig, selbstbewußt, wohlhabend WILL IHN; ER, verheiratet, Großfamilie, folgt „widerwillig“ gern. 7 Jahre nach dem Opern-Skandal hat SIE es geschafft, während ER große Mühe hat, seine kränkelnde Familie halbwegs durchzubringen. Deshalb nimmt er ihr Angebot an, in ihre großzügige Villa auf dem Land einzuziehen. Wo die Familie aufleben und gesunden kann, während er Ruhe hat zu komponieren. Vorgeschlagen, getan. Die Affäre kann beginnen. Zwei extreme „Erfinder“ im Clinch. Die allgemeinen gesellschaftlichen wie moralischen (Beziehungs-)Regeln beiseite schiebend. Wie im künstlerischen Prozeß auch.

„Kreative“ Leidenschaft-pur. „Volle Kanne“ Gefühls-Performance: „Coco & Igor“ zeigt sich als emotionsgeladenes Melodram. Das solide unterhält, weil es äußerlich imponierend „zurechtgemacht“ wurde und in den 3 Hauptrollen prickelnd funkt. Die schöne Französin ANNA MOUGLALIS gibt die maskenhaft-eigenwillige Coco-„Chefin“ mit herber Eleganz und faszinierendem Schnodder; der dänische Superstar MADS MIKKELSEN (der Bond-Bösewicht aus „Casino Royale“/2006) kommt als stoischer Eigenbrödler mit überzeugender Körpersprache und introvertierter Mimik charismatisch ‘rüber. Die gebürtige Moskauerin ELENA MOROZOVA als kränkelnde Ehefrau des musikalischen Genies ist in ihrer berührenden Anmut eine Augenweide. DAS HIER ist ein gut funktionierender Gefühlsfilm, der jederzeit reizvoll unterhält (= 3 PÖNIs).

Teilen mit: