DER CLAN DER SIZILIANER

PÖNIs: (5/5)

Heute möchte ich Ihnen einen exzellenten französischen Gangsterfilm-Klassiker vorstellen, der damals „Zuhause“ Kinobesucher-Rekorde brach und auch hierzulande hervorragend angenommen wurde. Was nicht wundert, denn sowohl hinter wie vor den Kulissen versammelte sich hier ausschließlich französisches Spitzenpersonal. Die Erstveröffentlichung auf der Blu-ray-Disc ist Anlass, an dieses Genre-Meisterstück zu erinnern:

„DER CLAN DER SIZILIANER“ von Henri Verneuil (Co-B + R; Fr 1969; Co-B: José Giovanni, Piere Pelegri, nach einem Roman von Auguste Le Breton; K: Henri Decae; M: ENNIO MORRICONE; 125 Minuten; BRD-Kino-Start: 13.2.1970; Video: 02.10.2003; DVD: 03.03.2006; Blu-ray-Veröffentlichung: 03.01.2014).

Es beginnt mit diesem melodiösen Pfeifen. Sofort identifizierbar: Die unverkennbare Musikalität von ENNIO MORRICONE. Dann klingt sich die Maultrommel wirkungsvoll ein. Während die Geigen im Hintergrund „aktiv“ werden. Geradezu reizvoll süchtig: Von der ersten Sekunde an existiert eine immense Aufmerksamkeit. Auch wenn nichts Aufregendes passiert. Diese Töne von Ennio Morricone signalisieren sofort Stimmung. Verbreiten Anspannung. Ein polizeilicher Zellenwagen. Wo die Zellen extrem eng sind. Eine Gruppe von Männern wird zum Justizpalast verfrachtet. Darunter ein junger Mann mit Namen Roger Sartet (ALAIN DELON). Ein Polizistenmörder. Das übliche juristische Geplänkel. Dann geht es zurück. Ins Gefängnis. Von wegen. Sartet kann fliehen. Mit systematischer Unterstützung. Eine abgekartete Befreiungsaktion. Schließlich wird er draußen „gebraucht“. Benötigt. Für einen tollkühnen Diamantenraub. In einer Dimension, wie er bis dato noch nie durchgeführt worden war.

Sie stammen aus Sizilien: Die Familie Manalese. Mit dem Patriarchen Vittorio (JEAN GABIN). Nach außen hin betreibt man ein Unternehmen für elektronische Spielgeräte. Flipper. Wie sie damals üblich waren. In Kneipen. Und Vergnügungszentren. Tatsächlich aber ist man „Mafia“. Eine kriminelle Sippe, die von ausschließlich krummen Geschäften lebt. Und aus deren Erlöse der Alte Land auf Sizilien aufkauft. Wo er seinen Alterssitz plant. Die Rückkehr als geachteter Bürger, das ist sein Bestreben. Nachdem er einst als armer Emigrant nach Frankreich kam. Zu seiner Familie gehören seine Ehefrau, drei Söhne samt Ehefrauen sowie ein kleiner Enkel.

Kommissar Le Goff (LINO VENTURA) wird auf Sartet angesetzt. Er weiß, wie gefährlich der Schwerverbrecher in der Freiheit ist. Doch zunächst ergeben sich keine Spuren. Sartet ist im Besitz der Sicherheitspläne einer Juwelenausstellung in Rom. Diese sind sein Mitbringsel für die Familie Manalese. Fortan beginnen die Vorbereitungen für einen geradezu unglaublich „inszenierten“ Coup. Zwischen Paris, Rom und New York. Mit einer atemberaubenden Flugzeugentführungslandung. Aber nicht nur „das Ding“ ist heiß, sondern auch intern geht es nicht zimperlich zu. Stichwort: Die vermeintlich geschändete Ehre der ehrenwerten Familie Manalese. Und die daraus resultierenden fatalen Folgen.

Die Bestseller-Romane des französischen Schriftstellers AUGUSTE LE BRETON (*1913 – †1999) behandelten zumeist Unterwelt-Themen. Aus eigenen Jugend- Erfahrungen. Zahlreiche Bücher von ihm adaptierte das französische Kino und schuf daraus hervorragende Spannungsklassiker wie „Rififi“, „Die Nacht bricht an“ (beide 1954) oder „Razzia in Paris“ (1954/55).
Der Schriftsteller, Regisseur und Drehbuch-Autor JOSÉ GIOVANNI (*1923 – †2004) war nach dem Krieg zum Tode verurteilt und wurde rehabilitiert. Er verfasste „Erfahrungs“-Romane wie „Das Loch“, (1960), „Die großen Schnauzen“ (1965), „Die Abenteurer“ (1966) und „Ho!“ (1968), aus denen Regisseure wie Jacques Becker und Robert Enrico exzellente Filme realisierten. Für Meisterwerke wie „Der Panther wird gehetzt“ (1959/Regie: Claude Sautet), „Sie nannten ihn Rocca“ (1961/Jean Becker), „Die Haut des Anderen“ (1966/Jacques Deray) oder „Der zweite Atem“ (1966/Jean-Pierre Melville) lieferte er die Drehbücher. Als Regisseur inszenierte er Spannungsvolltreffer wie „Der Mann aus Marseille“ (1972), „Endstation Schafott“ (1973), „Der Zigeuner“ (1975) und „Der Rammbock“ (1983).

Wim Wenders verehrt ihn als einen der besten Kameramänner seiner Epoche: HENRI DECAE (*1915 – †1987). Er wurde von Regisseuren wie Louis Malle („Viva Maria!“), Jean-Pierre Meville („Der eiskalte Engel“), Claude Chabrol („Schrei, wenn du kannst“) und Francois Truffaut („Sie küßten und sie schlugen ihn“) verpflichtet. Henri Decae war einer der produktivsten und renommiertesten Kameraleute der Nouvelle Vague.

HENRI VERNEUIL (*1920 – †2002) war über viele Jahre einer der erfolgreichen Regisseure des französischen Films. „Staatsfeind Nr.1“ (1953), „Lautlos wie die Nacht“ von 1963 (mit Delon/Gabin), „100.000 Dollar in der Sonne“ (1964) und nicht zuletzt „Le Clan des Siciliens“, „Angst über der Stadt“ (1975) und „I wie Ikarus“ (1979; mit Yves Montand) wurden auch hierzulande sehr gut angenommen. Die prächtigen Unterhaltungswerke von Henri Verneuil waren oftmals politisch motiviert und hatten mitunter etwas bzw „reichlich“ mit der gedanklichen Polit-Sicht aus deren Entstehungszeit zu tun.

„DER CLAN DER SIZILIANER“ ist pures Spannungs-Entertainment. Als großartiges Gesamtensemble-Werk. Das imponierende Zusammenwirken von hochkarätigem Spitzenpersonal vor wie vor allem auch hinter der Kamera führte zu einem begeisternden Thriller-Giganten. Wobei unbedingt auch der „mitreißende“ Schnitt von PIERRE GILLETE noch zu erwähnen ist, der den Streifen exquisit in flotte Bewegung setzte. Ohne großes Gelaber. Mit der packenden Sprache der Bilder.

So dass sich die Stars JEAN GABIN, damals der bedeutendste, führendste Charakterdarsteller Frankreichs (*1904 – †1976), sein aufstrebender Star-Kollege, der damals 34-jährige ALAIN DELON („Nur die Sonne war Zeuge“; „Die Abenteurer“; Der eiskalte Engel“), und LINO VENTURA (*1919 – †1987), der damals zu den populärsten französischen Mimen zählte, sich nach Lust und Laune faszinierend auf dem hitzigen Krimigebiet „austoben“ konnten. Es machte und macht heute noch ein bäriges Vergnügen, sich auf diesem Krimi-Niveau anpfeffern zu lassen. Dazu kommt, absolut gleichrangig, dieser wahnsinnig stimmungsvolle, intelligent akzentuierende, wunderbar unter die Ohrhaut einschlagende Soundtrack vom Meister ENNIO MORICONE. Weiterhin: Was für toll-„seltsame“, fantastische Töne, was für passend- atmosphärische Klänge hat er hierfür komponiert und arrangiert. Wunderbar!

Fein, dass man sich jetzt an dieses fesselnde Krimi-Klassikwerk wieder erinnert und fürs Heimkino zurückholt. Es wieder entdeckt. Lohnt sich voll und ganz: Damals wie heute: 5 PÖNIs. Allemal. Und ewig.

Anbieter: „Fox Home Entertainment“

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