„WIR KÖNNEN DAS RECHT NICHT IGNORIEREN, WENN ES UNBEQUEM WIRD. DAS IST NICHT UNSERE ART. WIR ZEIGEN DER WELT, DASS DAS RECHT NICHT DEN LAUNEN STURER HERRSCHER GEHORCHT“ (der Kandidat Barack Obama am 1. August 2007). Ihr Name: LAURA POITRAS. Geboren wurde sie 1964 in Boston. Heutiger Wohnort: Berlin. Die Dokumentarfilmerin befasste sich mit und in ihren Werken „My Country, My Country“ (2006/„Oscar“-Nominierung) sowie „The Oath – Der Schwur“ (von 2009/lief auf dem „Sundance“-Festival und bei der Berlinale 2010) mit der Welt nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Vor allem mit den „amerikanischen Zuständen“ danach. Was ihr zwar eine weltweite Reputation einbrachte, aber auch ein „Kaltes Klima“ Zuhause: „2006 wurde ich auf eine geheime Überwachungsliste gesetzt, nachdem ich einen Film über den Irak-Krieg gedreht hatte. Seitdem wurde ich bei US-Grenzkontrollen Dutzende Male festgehalten und vernommen. In meinem nächsten Film ging es um Guantánamo und den Krieg gegen den Terror. Dies ist der dritte Teil einer Trilogie über Amerika nach dem 11. September“, heißt es im Vorspann zu ihrem aktuellen Dokumentarfilm-Meisterwerk, das in diesem Frühjahr mit dem „Oscar“ als „Bester Dokumentarfilm“ ausgezeichnet wurde: „CITIZENFOUR“ von Laura Poitras (Co-Produktion, B + R; USA/D 2012-2014; K: Laura Poitras, Kirsten Johnson, Katy Scoggin, Trevor Paglen; Co-Produzenten: Steven Soderbergh, Mathilde Bonnefoy, Dirk Wilutzki; M: Nine Inch Nails; 114 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 21.04.2015). Im Januar 2013 erhält Laura Poitras, die gerade am letzten Film ihrer Trilogie arbeitet, verschlüsselte Emails von einem Unbekannten, der sich Citizenfour nennt. Er signalisiert ihr, Beweise für verdeckte Massenüberwachungsprogramme der NSA (National Security Agency, auf Deutsch: Nationale Sicherheitsbehörde) zu besitzen und ihr zur Verfügung zu stellen. „Was wir bauen, ist die größte Unterdrückungswaffe aller Zeiten“, schreibt der Unbekannte. Und: „Mit der Überwachung, die WIR erleben, sind wir noch privilegiert gegenüber dem Vorgehen der USA im Rest der Welt“. Dabei ginge es um Metadaten. Motto: ALLES kann vernetzt und gesammelt werden. Nach fünfmonatiger Korrespondenz fliegen im Juni 2013 Laura Poitras und die Journalisten Glenn Greenwald (der auch Rechtsanwalt ist und dessen Buch-Bestseller „Die globale Überwachung“ 2014 bei uns erschien) und Ewen MacAskill (Verteidigungs- und Geheimdienstkorrespondent für die britische Zeitung „The Guardian“) nach Hongkong, um sich mit „Citizenfour“ zu treffen. Ihre Kamera hat Laura Poitras in diesen Stunden und Tagen, die unsere demokratische Welt nachhaltig verändern werden, immer dabei. Sie treffen dort auf den 29-jährigen EDWARD SNOWDEN. Einen ehemaligen Agenten, der als technische Fachkraft für die Geheimdienste CIA, NSA und DIA (Defense Intelligence Agency; Verteidigungsnachrichtendienst) tätig war. Seine Argumentation: Es entwickele sich immer mehr ein „Herrschen und Beherrschen“, was nichts mehr mit „Gewählten und Wählern“ zu tun habe. 2011 wurden eine Milliarde Telefon- und Internetverbindungen „mit einer Anlage“ überwacht, inzwischen gäbe es 20 Anlagen, also 20 Milliarden Überwachungen. Behauptet er. Am Montag, den 3. Juni 2013 beginnen in einem Hotelzimmer in Hongkong die auf eine Woche terminierten Gespräche. Edward Snowden, der Whistleblower, der „Enthüller“, packt aus. Kann seine Aussagen glaubhaft belegen. Seine gesammelten Unterlagen sind eindeutige Beweise für eine nationale wie weltweite ständige Massenüberwachung durch die NSA. Werden prompt in Zeitungen und im Fernsehen veröffentlicht. Am 9. Juni gibt Edward Snowden schließlich seine Identität gegenüber der Öffentlichkeit preis. Am 14. Juni erwirkt das FBI eine Strafanzeige gegen ihn. Wegen Spionage. „Diktaturen sammeln Daten über ihr Volk“ (Edward Snowden). „Citizenfour“ ist ein Meilenstein in der Dokumentarfilmgeschichte. Aktuelle Geschehnisse in der Orwell-Welt von heute („1984“) werden nicht Jahre oder Jahrzehnte später aufgearbeitet und dokumentiert, sondern quasi „gleich“. Zeitnah. Dabei nicht trocken oder belehrend oder Fahnen-ideologisch, sondern anhand authentischer Fakten und realer Geschehnisse. Und mit außerordentlich viel Spielfilm-Spannung. „Citizenfour“ ist eine Doku-Mixtur von beängstigendem Thriller, unglaublichem „Horrorfilm“ und Science Fiction-Kino-Motiven. „Es ist aber kein Science Fiction, sondern Realität“, betont Snowden ein ums andere Mal. Und wir lernen, „unterhaltsam“-erstaunt, verblüfft, gedanklich kirre gemacht vor diesem „Material“, wie innerhalb eines – vermeintlich – demokratischen Gemeinwesens das Möglichkeits-Wort „quasi“ zum angewandten praktischen Begriff geworden ist. Motto: Das digitale Zeitalter oder: die verschärfte Konfrontation des Individuums mit dem „Kontrolleur“ Staat. Der ALLES erfahren, wissen, auswerten will, was der Bürger denkt. Macht. Beabsichtigt. Also „vorhat“. Ein aufwühlender Film. Der uns alle etwas angeht. Viele spannende, unbequeme Denk-Spuren hinterlässt. Also quasi: Zum Wohlfühlen völlig ungeeignet ist. Was für ein politisches Kraftpaket von Film! „CITIZENFOUR“ ist ein Film-Ereignis!!!!! (= 4 1/2 PÖNIs). Anbieter: “good!movies“ / Piffl Medien |
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