BRAUTALARM

„BRAUTALARM“ von Paul Feig (R + Ausf. Prod.; B: Annie Mumolo; Kristen Wiig; K: Robert D. Yeoman; M: Michael Andrews; USA 2010; 125 Minuten; deutscher Kino-Start: 21.07.2011); dass dieser, sagen wir schräge, sagen wir aber auch nett-säuische Komödienstreich im prüden US-Amerika dermaßen erfolgreich funktioniert(e), mit bislang über 158 Millionen Dollar Kinokassen-Einnahme, hat selbst die Macher überrascht. Wie zu lesen und zu hören war. In „Entertainment Weekly“ wurde „Bridesmaids“ vom Kritiker als „schlüpfrig und furchtlos“ bezeichnet. „Brillant geschrieben und klug sowie ehrlich über das, was wirklich los ist im Leben von Frauen“. Aus den Lichtspielhäusern kam die Meldung, dass 63% des Publikums über 30 Jahre alt war und sich aus „nur“ 33% Männern zusammensetzte. Die weibliche „Nicht-Teenager-Generation“ war also hier vor allem Kino-aktiv. Und fand offensichtlich ihren (Mundpropaganda-)Spaß. Bei diesem wenig zimperlichen Frauen-Fight-Club. Aus dem Produktions-Hause von JUDD APATOW.

DER ist kein russisch-stämmiger Zuwanderer, sondern wurde am 6. Dezember 1967 im Bundesstaat New York geboren. Mit dem schon frühen Berufswunsch/-ziel, KOMIKER zu werden. Begann als Stand-Up-Unterhalter, betätigte sich als Gag-Schreiber für TV-Gigs von u.a. Jim Carrey, Ben Stiller und Larry Sanders. Schuf mit „Voll daneben, voll im Leben“ 1999 seine erste eigene Fernsehserie. 2005 kam mit „Jungfrau (40), männlich sucht“, mit Steve Carell in der Hauptrolle, sein Regie-Debüt in die Kinos und war ein Riesen-Erfolg. So dass die Finanzierung des nächsten Hits gesichert war, denn die Schwangerschafts-Komödie „Beim ersten Mal“ kam 2007 ebenso (weltweit) beim Publikum an. Das Auffällige dabei: Auf ebenso mickrige wie dicke Schmutz- und Schwitz-T-Shirt-Typen, mit Hang zum Ordinären, sich aufplusternd wie dauerpubertäre Dinos, Konsolen-versaut, vergnüglich Macho-bekloppt, sexistisch durchgepolt, wurde „besonderen Spiel- und Schauwert“ gelegt. Kurzum: Zotigkeit und keine Grenzen. Derbe Kraftmeierei in Sachen Männlein & Frauen. Überzogen-blöd, aber auch total dufte-frech. Die US-Kids der Monty Pythons. So was in der Typen-Art. Durchgeknallte Anarcho-Bubis mit viel Baby-Charme. Judd Apatow hat sich im Laufe der Quatschmach-Jahre gerne mit einer Gruppe von „Gleichgesinnten“ umgeben/eingelassen. Schauspieler, Autoren, Regisseure. Wie Seth Rogen (der stämmige Comedian aus „Beim ersten Mal“ + „The Green Hornet“), Jonah Hill (der Dicke aus „Superbad“ + „Männertrip“) oder Charme-Boy Paul Rudd („Nie wieder Sex mit der Ex“; „Year One – Aller Anfang ist schwer“). Gag-Autoren wie Jason Segel und Evan Goldberg wurden ebenso gefördert wie die Regisseure Jake Kasdan und Greg Mottola. Das Magazin „Entertainment Weekly“ bezeichnete diese Gruppe als „Apatow-Gang“ in ihrer Liste der „25 Top-Stars von 2007“.

Mit den wunderbaren Schräg-Movies „Ricky Bobby – König der Rennfahrer“ (2006/mit Will Ferrell + „Borat“ Sacha Baron Cohen = „MTV Movie Award“ für den „Besten Kuss“) + „Walk Hard: Die Dewey Cox Story“ (2007/mit John C. Reilly) produzierte Judd Apatow zwei der komischsten Komödien der letzten Jahre. Vor „Hangover“. Nun also sind – ENDLICH – auch mal „die Weiber“ dran. Die Rabauken-Weiber. Und DAS in diesem Milieu. „Ganz in Weiß“ hieß mal ein Roy Black-Hit-Liedchen hierzulande – „mit einem Blumenstrauß“. Als sabbernde Schnulzen-Schnulze. Wir notieren: Die heutigen BRAUTJUNGFERN sind feste Mitglieder im Braut-Team. Meistens sind sie enge Freundinnen der Braut, die sie bis zum Altar begleiten. Aber nicht etwa „nur“ am Hochzeits-Tag, sondern Wochen vorher schon. Beim Kostümieren, bei der Bestimmung von Blumenarrangements, der Herstellung der Einladungskarten, bei „Themenausflügen“ (!?), bei Restaurantbesuchen oder bei der Junggesellinnen-Abschiedskurzreise. Zum Beispiel. Nach Las Vegas.

Die wichtigste Brautjungfer nennt man auch Chef-Brautjungfer. Und Trauzeugin. Um diesen Posten kämpfen hier zwei besonders herzige Exemplare: Annie (KRISTEN WIIG, mit Doppel i in der Mitte) und Helen (ROSE BYRNE). Deren Freundin Lillian (MAYA RUDOLPH) hat sich verlobt und beabsichtigt nunmehr, sich demnächst zu verehelichen. Das Brautjungfer-Stelldichein kann beginnen. 5 Grazien, allesamt nicht mehr ganz so knackig-„frisch“, übrigens ebenso wie die Braut, wirbeln los. Allen voran die sowieso schon ziemlich „kaputte“ Annie. Deren Freund will keine Bindung, sondern nur wöchentlichen Sex, und das mit ihrer Bäckerei, das war auch eine Luft- und schließlich Schuldennummer. Annie ist ziemlich zerstört. Und frustriert. Was aber auch nicht groß verwundert, wohnt sie doch bei zwei Fleischklößen von menschlichen Aliens. Zur Untermiete. Die sie jetzt auch noch aus der WG hinausbefördern. Annie muss zurück zu Muttern (die tolle JILL CLAYBURGH, „Eine entheiratete Frau“/1978, mit ihrem letzten Auftritt/*30.4.1944 – †5.11.2010). Und dann taucht diese dumme reiche Pute Helen auf und löst auch noch den gigantischen Zickenkrieg aus.

„Brautalarm“ oder wenn Zicken zicken. Da geht es zünftig wie handfest zur Sache, wenn um die Gunst als Brautjungfer Nr.1 getrickst, gelogen, geheuchelt, gekloppt wird. Annie, die sowieso schon Angeschlagene, bekommt es mit einer mächtigen „Gegnerin“ zu tun. Die nichts unversucht lässt, sie endlich auszuhebeln. Motto: Was können auch Frauen für herrliche Drecksäcke sein. Aber wenn auch das „Insgesamt-Kränzchen“ so richtig in Fahrt, in Schwung kommt, bleibt kein Auge trocken. So wird etwa eine Kleideranprobe in einer Edelboutique nach dem Besuch eines brasilianischen Restaurants zu einem femininen Brech- und Durchfallmarathon. Auch außerhalb, auf der Kreuzung. Köstlich-grotesk-gnadenlos. Saukomisch. Von wegen „ganz in Weiß…“. Eine amüsante Geschmackssache. Ebenso wie dieser bizarre Mädelsausflug gen Vegas. Wo Annie mit ihrer Flugangst auf ganz „eigenartige Weise“ umgeht. Was dann für ein fröhliches Bord-Chaos sorgt. Wie überhaupt hier Trabbel, Exzesse und Katastrophen dauerprogrammiert sind. Hemmungslos. Affig. Pointiert. Frauen-Power mal andersrum. Quer. Mit deftigem Schmackes. Genauso wie bei den überkandidelten „Hangover“-Kerlen. Viel Dampf und durch. Macht et, ihr wunderbaren Schreckschrauben.

Die Klasse-„Rampensau“ ist KRISTEN WIIG (die mit dem Doppel i im Nachnamen). Drüben als „Saturday Night Live“-Ulknudel bestens TV-bekannt, bei uns neulich in „Paul – Ein Alien auf der Flucht“ in komische Sichtweite gekommen. Sie hat hier am Drehbuch (mit der Autorin Annie Mumolo) mitgeschrieben („Oscar“-Nominierung), hat die Chose mitproduziert und mimt den weiblichen Adam Sandler-Wüstling mit großer Ausstrahlung. Was für eine unniedliche Charme-Lady! Wie brillant, ihre Annie-Furie. Mit viel schön-freier Schnauze. Und viel deftiger Schnauzigkeit. Eigentlich verdienten sämtliche Schmutz-Mädels eine Erwähnung (wie z.B. die zum Kotzen nette, die schmierige Helen von ROSE BYRNE, bekannt als Ex-Frau von Russell Brand in „Männertrip“, oder die pummlige MELISSA McCARTHY („Oscar“-Nominierung) als souveräner Megan-Trampel, die kein Fettnäpfchen auszulassen gedenkt. Der ausführende Produzent und Regisseur PAUL FEIG (sein 3. Spielfilm war 2006 „Oh je, du Fröhliche“), auch „so einer“ aus dem Stall von Judd Apatow, hat einen politisch völlig unkorrekten, tollen Weiber-Zoff-Film geschaffen. Marke – es wurde aber auch endlich einmal Zeit, dass auch DIE aus den läppischen Rosa-Puschen kommen… um wüst-komisch-voll-cool loszustinken.

Eine tolle dolle Volle-Traute-Weibsen-Komödie (= 4 PÖNIs).

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