„BORAT“ von Larry Charles (USA 2006; 84 Minuten; Start D: 02.11.2006); einem Mitglied des „heiklen“ Komödien-Dreamteams Sacha Baron Cohen/Larry Charles (TV-Serie „Seinfeld“) und Jay Roach, dem Regisseur der geschmacksunsicheren AUSTIN-POWER-Filme (1997-2002). Baron Cohen sowie Roach sind hier Produzenten, während Charles die Regie übernahm. Thema/Dauer-Motto: Ein Humor, der keine Grenzen mehr kennt, der jede Tabu-Zone auslotet/überschreitet.
Dabei im Blick- und Mittelpunkt: Der 35jährige britische Komiker SACHA BARON COHEN. Den MTV-Zuschauer zum Beispiel schon lange als frechen Hip-Hop-Moderator über die hippe Satiresendung „Da Ali G Show“ kennen. In dieser respektlosen Show schlüpfte der Spross einer walisisch-jüdisch-iranischen Mittelstandsfamilie (aus Staines, Grafschaft Surrey, England) erstmals in die Rolle des tollpatschigen wie „naturechten“ kasaischen Fernsehreporters Borat Sagdiyev. Im Kino fiel er kürzlich als ebenso exzentrischer wie stockschwuler französischer Ex-Formel 1-Fahrer in „Ricky Bobby – König der Rennfahrer“ auf, der dem Titelhelden, gespielt vom Anarcho-Comedian Will Ferrrell, das „amerikanische Erfolgsleben“ ziemlich schwer machte.
Nun aber gibt Sacha Baron Cohen eine Star-Nummer ab: In seinem ersten „eigenen“ Kinofilm geht er als „Borat“ auf einen US-Trip, bei dem einem HÖREN und SEHEN geradezu auf die Augen/in die Birne/in den Bauch KNALLEN. In seinem radebrechenden Englisch und mit osteuropäischem Akzent bemüht er sich um „Völkerverständigung“ auf der Straße/in der Metro/bei netten Bürgern zuhause/in Hotels oder auf verschiedensten öffentlichen Veranstaltungen. Sein eigentliches Ziel aber heißt Kalifornien. Der Grund: Kennenlernen und „typische kasaische Heirat“ mit PAMELA ANDERSON, in die er sich unsterblich verliebt hat, seit er sie in einer „Baywatch“-Folge gesehen hat.
Alles an diesem Film ist PROVOKANT/übertrieben-überzeichnet/GRENZWERTIG in Sachen Humor und Geschmack/ausufernd- IRRE. In diesem Ausbruch des totalen Irrsinns, der die Genres KOMÖDIE und DOKUMENTATION völlig neu definiert, gibt es nur/permanent POLITISCH UNKORREKTE SÄTZE + HANDLUNGEN, denn Borat ist ständig rassistisch, antisemitisch, sexistisch sowie schwulenfeindlich. Doch indem Klischees, Vorurteile, Gemeinheiten laut genannt werden, werden durch Borats Verhalten erst recht professionelle Heuchelei, dämlicher Volksverdummungshumor, blöde Etikette, zynische Fernsehfressen und bewusste mediale Desinformation enttarnt/entlarvt. Denn es zeigt sich immer wieder, dass „man“ sich, und besonders in den ländlichen „patriotischen“ Gebieten der USA, in Gegenwart eines so ungeheuerlichen Arschlochs plötzlich ebenso „frei und entspannt“ fühlt und die eigenen geheimen Überzeugungen gerne freilässt. Von „Borat“ kann selbst ein MICHAEL MOORE noch viel lernen…
Mit seinem radikalen Humor zeichnet Cohen kein Schreckensbild Kasachstans auf, was die dortige Regierung lauthals vermutet, vielmehr deckt der gebildete Komiker (= Besuch Privatschule, Geschichtsstudium in Cambridge, seine Abschlussarbeit widmete sich der Rolle der Juden im amerikanischen Bürgerkrieg) rassistische wie sexistische Ressentiments des „normalen Bürgers“ in den USA auf. Denn dieser kommt in dem überraschenden, originellen, permanent doppelbödig-schwarzhumorigen, dauer-provozierenden Doku-Ulk als naiver wie gerne- fremdenfeindlicher Chauvinist ganz schlecht weg.
Eine ganz neue, äußerst mutige, faszinierend-spannende und SEHR unterhaltsame Form von „Blödel“-HUMOR: Jenseits dämlicher „Zwergen-Gags“, voll und tief zu-treffend. Sozusagen: Ein wunderbar verbessertes, gnadenlos-geschmacklos-wüstes Monty-Python-Gefühl macht sich breit; mit der nunmehr „schärfsten“ Komiker-Sau aller Zeiten (= 5 PÖNIs).