BIS SPÄTER, MAX!

BIS SPÄTER, MAX! Die Liebe kommt, die Liebe geht“ von Jan Schütte (B+R; D/Österreich 2007; 85 Minuten; Start D: 09.04.2009); jetzt müssen wir mal den Film-Schalter umstellen. Nach viel Crash, Trara, Action-Brimborium, Effekte-zuhauf und Luftnummer-Figuren gehen Blick, Wunsch und Träume gerne mal in die entgegengesetzte Gedanken-, Personen- und Seelen-Richtung, auch Kunst genannt. Jan Schütte: Am 26. Juni 1957 in Mannheim geboren; Studium der Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte an den Universitäten von Tübingen, Zürich und Hamburg. Begann seine Laufbahn als Filmemacher mit Dokumentarfilmen. Seinen ersten, vielfach preisgekrönten Spielfilm „Drachenfutter“ drehte er 1987. Schüttes Spielfilme hatten ihre Erstaufführungen auf den Festivals von Venedig („Drachenfutter“; „Winckelmanns Reisen“/1990), Cannes („Auf Wiedersehen, Amerika“/1994), Locarno („Fette Welt“/1998) und San Sebastian („Super Tex“/2003). Ausgezeichnet wurde der heute 51jährige u.a. mit dem „Deutschen Kritikerpreis 1987“, dem „Adolf-Grimme-Preis“ und dem „Deutschen Filmpreis“. Auch international erhielten seine Arbeiten Anerkennung, so z.B. durch den „Prix Francois Truffaut“, den „Premio Cinecritica Italia“ und den „Prix Unesco“. Jan Schütte ist Mitglied der „Akademie der Künste“ in Berlin, der Europäischen Filmakademie sowie der Deutschen Filmakademie.

Vor 8 Jahren hat Jan Schütte, gemeinsam mit dem österreichischen Schauspieler und ehemaligen Wiener Burgtheatermitglied OTTO TAUSIG, den feinen Kurzfilm „Old Love“ realisiert, nach der gleichnamigen Erzählung des amerikanischen Literatur-Nobelpreisträgers von 1978, ISAAC BASHEVIS SINGER (1902 – 1991). (Singer gilt bekanntlich als ein Hauptvertreter der jüdischen Literatur). Diesen Kurzfilm hat er nun „ausgeweitet“ bzw. eingemeindet, in ein langes „literarisches Road-Movie“, das die drei Geschichten von Singers 1979 erschienenem Band „Old Love“ (deutsch 1985: „Old Love. Geschichten von der Liebe“) verknüpft. Als Aufhänger dient dabei die Kurzgeschichte „Die Aktentasche“, mit dem zentralen Motiv einer Lesereise. Dabei im Mittelpunkt: Der jüdische US-Schriftsteller und Schwerenöter Max Kohn. Obwohl schon fast 80jährig, wirkt er agil, lebensbejahend, lebensfroh. Keinem Flirt abgeneigt. Max läßt sich treiben. Und begegnet, weil er ihnen stets gerne begegnet, überall Frauen. Jedweden Alters. Was seiner ebenso resoluten wie eifersüchtigen Freundin gar nicht gefällt. Dabei verwischen diesem auch schon mal – auf seinen langen Anfahrten zu seinen Lese-Veranstaltungen – von Alpträumen geplagten Schriftsteller sanft die Grenzen zwischen den tatsächlichen Begebenheiten und den phantasierten. So daß sich seine literarischen Alter Egos Simon und Harry als ebenso urige wie erlebnishungrige wie sich auch immer wieder gerne „überraschen“ lassende Oldies „einmischen“ in diese amourösen Lebens-/Erlebnisreisen. Gedanklich wie tatsächlich.

Zunehmend verwischen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, zwischen Dichtung und Wahrheit. Es ist unglaublich, aber schön: Der inzwischen 85jährige OTTO TAUSIG ist hier tatsächlich die Idealbesetzung für diesen hochgebildeten, intellektuellen Schwerenöter. Mit weisem Humor und unwiderstehlichem Alters-Charme gibt Tausig, der 1938 selbst vor den Nazis nach England flüchtete, den ergrauten Emigranten-Filou: „Seltsam. Ich habe immer noch Tagträume. Phantasiere von unerwarteten Erfolgen, wiedergewonnenen Kräften, männlichen Abenteuern. Oft sage ich zu meinem Gehirn, nun sei nicht dumm, es ist für alles zu spät. Es gibt nichts mehr zu hoffen. Aber das Gehirn ist so beschaffen, daß es dennoch fortführt zu hoffen“. „Bis später, Max!“ ist eine wunderbare melancholische Komödie über das Begehren, das niemals aufhört. Übrigens: Mit BARBARA HERSHEY („Hannah und ihre Schwestern“; „Freundinnen“) in einer Nebenrolle als „feinfühlige Stichwortgeberin“ für den alten Charmebolzen Max/Otto…..(= 3 ½ PÖNIs).

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