THE BIG SHORT

PÖNIs: (4/5)

„THE BIG SHORT“ von Adam McKay (Co-B + R; USA 2015; Co-B: Charles Randolph; nach dem gleichn. Buch von Michael Lewis/2010; Co-Produzent: Brad Pitt; K: Barry Ackroyd; M: Nicholas Britell; 130 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.01.2016); alle sind in blendender Laune. New York 2005. An der Wall Street laufen die Geschäfte wie geschmiert. Die geldgeilen Manager erfinden immer neue Risiko-Papiere. Selbst die Einkommensschwächsten können sich teure Immobilien leisten. Die Provisionen der Geldvermittler steigen ins Unermessliche. Eine Stripperin berichtet, dass sie nicht nur eine Wohnung gekauft hat, sondern gleich mehrere. Man gönnt sich ja sonst nichts. Jeder darf teilhaben, jeder will ein Gewinner sein. Das Dollar-Fieber ist am Kochen. Hochriskante Darlehen werden von Banken „diversifiziert“, also zusammengetan, für risikolos erklärt, von korrupten Rating-Agenturen mit dem höchsten Güte-Siegel AAA versehen und verscherbelt. Eine absolute Win-win-Situation. Dass diese Nur-Gewinn(er-)Blase jemals platzt, kann sich Niemand vorstellen. Oder sagen wir: die Wenigsten.

Der Hedgefonds-Manager Dr. Michael Burry (CHRISTIAN BALE), ein ehemaliger Neurologe und Metal-Fan, ist ein cleverer Analyst. Und ein linkischer Typ. Hält von maßgeschneiderten Nadelstreifen-Anzügen gar nichts. Läuft in seinem Büro mit Klamotten herum wie am Strand, trägt Schlappen, flitzt oftmals barfuß durch die Gegend. Diese äußerliche Eigenwilligkeit benutzt er auch beruflich. Burry ahnt sehr früh, dass um ihn herum ein substanzloser wilder Dollar-Westen blüht, der bald verwelken wird. Zwangsläufig. „Man muss nur ganz genau hingucken. Dann kann man alles sehen“, lautet sein Credo. Und entsprechend „riecht“ er den Demnächst-Kollaps. Und handelt entsprechend. Setzt, besser wettet mitten in dieser allgemeinen Jubelphase DAGEGEN. In der Erkenntnis, dass diese freizügige wie mittlerweile hysterische Immobilienshow bald platzen wird, beginnt er einen „Big Short“ im großen Stil: Leerverkäufe der Aktien großer Investmentbanken.

Begriffe wie Credit Default Swaps, so genannte Kreditausfallversicherungen, Subprime-Hypothekenanleihen und Bespoke CDOs (Collateralized Debt Obligations) machen fortan die Runde. Und werden von den Beteiligten, die Handlung kurz unterbrechend, erklärt. Und sind dennoch kaum zu verstehen. Beziehungsweise zu begreifen. Egal, denn WIE das heiße Geldvermehrungsspiel im großen Stil im Detail funktioniert, ist letztlich wurscht. Die Protagonisten dabei zu beobachten, zu begleiten, ist die eigentliche Köstlichkeit. GIER, List, „Geschicklichkeit“, Täuschen, Tricksen, Manipulieren werden hier personifiziert; Wertigkeiten wie Moral und Ethik abgewatscht.

Um Michael Burry versammelt sich eine kleine Crew von Gleichgesinnten, Aufgescheuchten, die ebenfalls über den momentanen Tellerrand hinausschauen und ihre hitzigen Dagegen-Schlüsse ziehen. Als da wären: RYAN GOSLING als Börsenhändler Jared Vennett (einst, real: der Deutsche Bank-Manager Greg Lippmann); STEVE CARELL als stets stinkig-hypernervöser „Louis de Funès“-Hedgefond-Finanzspezialist Mark Baum (einst, real: Steve Eisman) sowie zwei junge Garagenfond-Manager namens Charlie & Jamie (JOHN MAGARO & FINN WITTROCK), die mit aller Macht etwas vom großen Dollar-Kuchen abhaben wollen und sich deshalb an den pfiffigen Wall Street-Veteranen und ehemaligen Öko-Aktivisten Ben Rickert (BRAD PITT) wenden, um nicht abgeschmiert zu werden. Sie alle ziehen im Erkennungsdunst des Michael Burry (den es wirklich gab und gibt und der heute mit Wasser handelt) schlau mit, während das System bald (2008) zusammenbricht. Und Burry & Co. nun Kohle bis zum Abwinken machen, während allgemein das große Flattern beginnt und – wie stets – Arme und Immigranten zu den eigentlich Schuldigen „amtlich“ erklärt werden.

Ein – in der originalen Fassung – schwer zu verstehender Film. Weil im Schnell-Schritt und –Schnitt mit Fachjargon viel zu kompliziert. Auch in der Version mit deutschen Untertiteln, in der ich ihn sah, ein mühsames Mitkommen. Jedoch ein lohnendes, wenn man sich diesem realen Monopoly hingibt, ohne alles im Detail unbedingt verstehen zu können. Weil „das Geld“ (in der Ära Ronald Reagan) für regulierungsfrei erklärt wurde, durften Banken und ihre gewissenlosen Manager sich unkontrolliert jahrelang austoben. Wie daraus einige ihren persönlichen wie umfangreichen wie „umgekehrten“ Mehrwert schließlich erreichten, davon handelt/erzählt diese tückische Drama-Komödie.

Die am wirkungsvollsten einmal der amerikanische Star-Koch ANTHONY BOURDAIN (himself) auf den Punkt erklärte: Was macht ein Restaurantbesitzer an einem Sonntag-Nachmittag, wenn in der Küche kein frischer Fisch mehr übrig ist? Den Restbestand wegwerfen? Keineswegs. Er nimmt den noch nicht gänzlich verdorbenen Rest Fisch und macht aus ihm eine schöne, würzige Fischsuppe. Sie schmeckt „insgesamt“ besser als ihre Teile; Wirt und Gast sind zufrieden. So funktioniert das auch hier: mit Geld.

„The Big Short“ blickt hinter die Maschinerie der Spekulation. Jedoch in der Art und Weise, sich auch um das „Kleingedruckte“ intensiv zu kümmern. Und nicht um das private Gold. Wie wir es zum Beispiel aus „Wolf of Wall Street“ von Martin Scorsese kennen. Wo die Laster-Lust genüsslich glitzernd vorgeführt wurde. Hier winkt der Cash aus der Ferne, während einige kluge Klugscheißer beginnen, ihr eigenes Gewinn-Spiel zu spielen, um viel Kapital daraus zu schlagen.

Und so ganz nebenbei ist es auch amüsant, wenn MARGOT ROBBIE mit Champagnerglas im Schaumbad und SELENA GOMEZ am Spieltisch in Las Vegas ihre eigene geldliche Risikobewertung kundtun.

„The Big Short“ ist eine eigenwillige, spannend-spitzzüngige Sarkasmus-Farce über das allerliebste, allerewigste amerikanische Gier-Spielzeug: MONEY (= 4 PÖNIs).

 

Teilen mit: