BESTE ZEIT

„BESTE ZEIT“ von Marcus H. Rosenmüller (D 2007; B: Karin Michalke; K: Helmut Pirnat; M: Gerd Baumann; 95 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.07.2007).

Der 1973 in Tegernsee geborene Drehbuch-Autor und Regisseur hat sich – zur besseren Unterscheidung zu dem ebenfalls als Regisseur tätigen Marcus O. Rosenmüller – den Zusatz-Mittelnamen HAUSHAM gegeben, nach seinem bayerischen Wohnort. (Wo er auch für die SPD im Gemeinderat tätig ist). Nach seinem Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film „startete“ H. Rosenmüller gleich stark durch. Seine augenzwinkernd zwischen Komödie, Schwank und Bauerntheater angesiedelte, bayerische Mundart-Komödie „WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT“ interessierte im Vorjahr bundesweit über 1 1/2 Millionen Kino-Besucher. Sein 2. Kinofilm heißt „SCHWERE JUNGS“ (s. Kino-KRITIK), könnte aber auch „Das Wunder von Oslo“ titeln. Handelt von den „komischen“ Begebenheiten unter bayerischen Bobfahrer-Dickschädeln, die bei der Winter-Olympiade 1952 in Oslo antreten. Dieser „köstliche Heimatfilm“ läuft, ebenfalls erfolgreich, seit dem 18. Januar diesen Jahres in den Kinos.

Und nun gleich Kinofilm 3; im Oktober/November 2006 in der bayerischen Dorf-Heimat der Drehbuch-Autorin KARIN MICHALKE gedreht, in TANDERN, im schlicht-schönen Hinterland von DACHAU. Marcus H. Rosenmüller mag Menschen: „Ich will die Menschen im Kino zum Lachen und zum Weinen bringen, und mein großer Wunsch ist es, dass sie mit einem Lächeln das Kino verlassen und sich am Leben freuen“. Was woanders platt, kitschig, dämlich daherkommen würde, wirkt bei Rosenmüller, nach der Sicht seiner Filme, vollkommen normal/überzeugend/glaubhaft. Zudem: Der Regisseur hat ein großes französisches Regie-Vorbild: FRANCOIS TRUFFAUT. „Filme müssen eine Liebeserklärung an das Leben sein“, zitiert bzw. übernimmt Rosenmüller gerne von dem leider viel zu früh verstorbenen großen Cineasten („Die amerikanische Nacht“).

Und so ist es auch nicht überraschend, wenn inzwischen von so etwas wie einer „BAYERISCHEN NOUVELLE VAGUE“ im deutschen Kino gesprochen wird: Den Anfang machte „Die Scheinheiligen“ von Thomas Kronthaler (2001), danach folgten „Hirankl“ bzw. „Winterreise“ von Hans Steinbichler sowie die niederbayerische Pubertätskomödie „Grenzverkehr“ von Stefan Betz und dann eben und vor allem Marcus H. Rosenmüller mit seinen feinen „Späßen“. Ihr gemeinsames Anliegen/Thema: Geschichten aus der bajuwarischen Provinz zu erzählen, die sich trotz des Dialekts auch „jenseits (bzw. nördlich) des Weißwurstäquators“ gut/unterhaltsam ansehen/anhören. Die mit den Lederhosen-Klischees ebenso wenig zu tun haben wie mit dem „sonstigen“ folkloristischen Klamauk. Also: Nunmehr NEUE wie „richtige“ HEIMATFILME entstehen zu lassen, die pointiert-hintergründig-bodenständig von Land und Leuten handeln. Wie in/mit „Beste Zeit“.

Im Blick-/Mittelpunkt: Zwei Freundinnen aus der bayerischen Provinz. Kati wird 17, Jo ist 16. Die pubertäre Unruhephase. Man weiß nicht, wie bzw. wo es langgeht/langgehen/weitergehen soll. Was man künftig machen bzw. besser vielleicht eben NICHT machen soll. Stichwort: Fernweh (Kati hat gerade einen Platz für ein USA-Austauschprogramm ergattert), Freiheit, Heimat/Enge und eigentlich auch wiederum nicht und eben dieser Mike. Natürlich ERSTE LIEBE, aber ist es DIE wirklich? Wie sind die WAHREN Wünsche, Ziele und vor allem GEFÜHLE???

Eigentlich „passiert“ hier nicht viel: Ein Sommer auf dem Dorf. Zwei Mädchen mit dem Kopf voller Träume. Ein paar Jungs, „unruhig“ um Coolness bemüht. Eltern, die nicht (mehr) so recht wissen, was sie von ihren Kindern halten sollen (aufbrausender Choleriker-Vater; Mama + Großvater als „Besänftiger“). Ganz so wie im richtigen Leben…

Tatsächlich: TRUFFAUT ist in Bayern angekommen. Erinnerungen an dessen Schwarz-Weiß-Debüt „Sie küßten und sie schlugen ihn“ (1958/59) kommen auf. In einer fröhlich-sanft-melancholisch-heiteren Stimmung aus Hier-Bleiben und Weg-Wollen entwickelt Rosenmüller WIEDER/erneut dieses neue bayerische Lebensgefühl: Landschaft mit Rock-Musik, zugleich dieser Schwung-hier, diese (An-)Spannung, diese sensiblen wie originellen (Mundart-)Zwischentöne, gepaart mit trockenem, skurrilem Humor. Natürlich: Eine Art Auch-Wohlfühl-Dasein wird hier beschrieben, deshalb INSGESAMT: Nichts GEWALTIGES, nichts sonderlich-AUFREGENDES, dennoch angenehm-nahegehend, amüsant, unterhaltsam.

Endlich einmal KEINER dieser filmischen DEPRI-PROBLEM-Schmonzetten aus deutschen Seelen-Landen, dieser ewige Hang zum Dauer-Grübeln, Sich-Schlecht-Fühlen-Müssen, zur onanistischen (Selbst-)Zerstörung. ANNA MARIA STURM als Kati und ROSALIE THOMASS als Jo sind prima; führen ein locker (ein-)gestimmtes Ensemble an. Ein unangestrengt-schöner filmischer Muntermacher: „Beste Zeit“ oder: Über das Erwachsen-Werden in der bayerischen Provinz darf geschmunzelt/amüsiert/gegackert werden… (= 3 ½ PÖNIs).

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