BAD LUCK BANGING OR LOONY PORN

PÖNIs: (4,5/5)

„BAD LUCK BANGING OR LOONY PORN“ von Radu Jude (B + R; Rumänien/Luxemburg/Kroatien/Tschechien 2020; K: Marius Panduru; M: Jura Ferine; Pavao Miholjevi; 106 Minuten; deutscher Kino-Start: 8.7.2021);

REAL-DURCHGEKNALLT. Titel = „BAD LUCK BANGING OR LOONY PORN“. Von RADU JUDE. „Skizze zu einem Heimatfilm“. 106 Minuten. Rumänien/Luxemburg/Tschechische Republik/Kroatien 2020. „Goldener Berlinale Bär“ 2021. Bukarest jetzt. Teil 1: EINBAHNSTRASSE. Teil 2: EIN KOMPAKTES LEXIKON MIT ANEKDOTEN, ZEICHEN UND WUNDERN. Teil 3: PRAXIS UND ANSPIELUNGEN (Sitcom). Eine Frau streift durch die Stadt. Diese erweist sich vor allem als extrem laut. Polizei-Sirenen, Auto-Gehupe, sich lautstark bewegende Menschen. Massen. Die öfters aneinandergeraten. Musik-Geplärre. Halt viel  Alltagsgekreische. Und: Wahlplakate. Häuser-Ruinen. Kaputte Mauern. Und mittendrin immer wieder Emi (KATIA PASCARIU). Eine rumänische Lehrerin. Mit ihrem Mann und ihr beginnt die satirische Farce. Als Sex-Spektakel. Zur Musik von „Lilli Marleen“ wird kräftig gesext. Leider auch auf Video. Womit bzw. wobei der private Porno irgendwie ins Internet gelangt. Und damit „öffentlich“ wird. Sich zum „Meinungsbild“ bestens eignet. Weil Emi doch Lehrerin ist. An einer renommierten Schule. Da muss man sich doch eine An-Sicht bilden. Können. Dürfen. Wahrheitsgehalt egal, Begründung überflüssig. Von moralisch empört über aggressiv anklagend bis vulgär beleidigend. Alles ist vertreten. Emi macht sich auf den Weg zu einem Elternabend. Der besonderen Art. Natürlich. Doch die „Debatte“ gerät zum Tribunal – über Sex, Pornografie, die Nazis, Wahrheit, Bildungstheorie, Militärmeinung. Plötzlich wird die Lehrerin nicht nur für ihr Sexleben attackiert, sondern auch für die rumänische Geschichte des 20. Jahrhunderts, die Psychologie der Kinder im Allgemeinen und für die – fehlgeleitete – gesellschaftliche Emanzipation sowieso. Die Moral der Elternschicht? Man ist sich einig, dass man in Kürze bald wieder anderer Meinung sein wird. Vorerst darf im postsozialistischen Rumänien gepustet werden: „Hau ab, bevor ich dir in deine Informantenfresse spucke“. Während sich in einer Apotheke aufhaltende Kunden darüber austauschen, wie solvente Kranke heutzutage Nieren von Kinder zu kaufen vermögen. Und wir begreifen: Achtung, es existiert kein Schlagwort, hinter dem sich in unseren Gesellschaften kein Horror-Spuk verbirgt. Einschließlich Armee, Kirche, Blondinen. Plus Witze. Der ideologisierte Alltag p(r)ustet.

Der Film mit dem „schweren“ Titel ist: glückliches Fragment, Enzyklopädie unserer Zeit und die gnadenlose Versuchsanordnung einer völlig zersplitterten Gemeinschaft, die nur noch in der allgemeinen Feindseligkeit zusammenfinden kann. Regisseur Radu Jude treibt den Irrwitz auf die Spitze. Zersplittert eine bitterböse Farce, die man spöttisch auch als „Untergang der Demokratie“ bezeichnen kann. Von wegen – als eine filmische Erfahrung zwischen totaler Finsternis und grell erleuchteter Humorzone. Was verbreitet sich hier sagenhaft-ungehemmt = gemein-genüsslich. Böse wohltuend (= 4 1/2 PÖNIs).

Teilen mit: