Zum Tod von ANTHONY QUINN (“DeutschlandRadio Berlin/Fazit“/04.06. 2001)
1965: Anthony Quinn begeistert weltweit das Kino-Publikum als ALEXIS SORBAS in dem gleichnamigen Film von Michael Cacoyannis. Es ist eine seiner Lieblingsrollen. Als mazedonischer Lebenskünstler identifiziert er sich mit der Figur so sehr, dass Millionen ihn bis heute für einen Griechen halten. Dabei kam Anthony Rudolph Oaxaca Quinn als Sohn eines 18jährigen Iren und einer noch nicht einmal 16jährigen Mexikanerin aztekischer Herkunft am 21. April 1915 zur Welt. In dem mexikanischen Dorf Chiwawa, mitten in der mexikanischen Revolution. Einige Jahre wohnten die Quinns in einem Flüchtlingslager in El Paso. Die Familie lebte in großer Armut. 1921 zogen sie deshalb in das mexikanische Slumviertel nach Los Angeles. Hier jobbte Anthony als Tierwärter im Zoo, als Hilfsarbeiter, als Schuhputzer, Zeitungsjunge, als Landarbeiter und Boxer. In der Schule kommt er bei Aufführungen das erste Mal mit der Bühne in Kontakt. Er stellt sich geschickt an und fängt ‘Feuer‘. Finanziert sich selbst den Besuch einer Schauspielschule. Erhält erste Nebenrollen beim Theater. Ein Hollywood-Produzent wird auf ihn aufmerksam.
1936 gibt er in dem Knast-Krimi “Parole! – Mord in Sing-Sing“ sein Leinwand-Debüt. Als inhaftierter Mörder, der im Zuchthaus von Mitgefangenen erstochen wird, hat er einen Auftritt von 4.5 Sekunden. Die Besetzungsliste nennt ihn an 15. Stelle. In den nächsten 10 Jahren durchwandert Anthony Quinn sämtliche Hollywoodstudios. Aufgrund seines exotischen Aussehens sind seine Rollen festgelegt: Der ewig schmierige Mexikaner, der indianische oder arabische Bösewicht. Als Geschlagener, Gefangener und Ausgebeuteter, als “typischer Verlierer‘, wird Quinn Dauergast in der zweiten Darsteller-Reihe von Hollywood. Doch er lernt schnell und macht auch in den zahlreichen B-Movies immer mehr auf sich aufmerksam. Anfang der 50er Jahre ist es dann soweit, die erste Anerkennung folgt. 1952 erhält er den Nebendarsteller-“Oscar“ in dem Marlon-Brandon-Drama “Viva Zapata“. 1956 bekommt er dann noch einmal diese Auszeichnung: Für seine Rolle des Paul Gauguin in dem Kirk Douglas-Meisterwerk “Vincent Van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft“.
Zwischendurch aber, 1954, holt ihn Federico Fellini nach Europa. Wo er als kettensprengender, unausstehlicher Schausteller Zampano in
“La Strada“ zum großen Charakterdarsteller avanciert. Danach kann er sich die Rollen aussuchen. Er spielt arabische Scheichs, den Papst, Western-Helden, anarchistische Abenteurer und den Öl-Multi Onassis. In über 300 Filmen wirkt er insgesamt mit. Aber: Anthony Quinn sorgt nicht
nur vor der Kamera, sondern auch in und mit seinem Privatleben für viele Schlagzeilen. Mit 5 Frauen hat er 12 Kinder. 2 Ehen gehen in die Brüche. Der jüngste Sohn Ryan stammt aus der 3. Ehe mit der 48 Jahre jüngeren Italienerin Kathy Bevin und wurde 1996 geboren. Damals war Quinn immerhin schon 81 Jahre alt und hatte 6 Jahre zuvor einen Herzinfarkt mit anschließender Bypass-Operation zu überstehen.
“Ich bin 1000mal geliebt worden“, schreibt er in seiner Biographie “Ein-Mama-Tango“, “aber ich will immer noch mehr“.