„ALLIED – VERTRAUTE FREMDE“ von Robert Zemeckis (GB/USA 2016; B: Steven Knight; K: Don Burgess; M: Alan Silvestri; 124 Minuten; Start D: 22.12.2016); wir erinnern uns, selbstverständlich: Casablanca 1942. Rick Blaine & Ilsa Lund. Alias Humphrey Bogart & Ingrid Bergman. Das „American Film Institute“ wählte den Michael Curtiz-Klassiker „Casablanca“ (s. Kino-KRITIK) 2002 zum „besten US-Liebesfilm aller Zeiten“ und 2007 zum „drittbesten Film aller Zeiten“. 2016 befinden wir uns filmisch erneut dort. Im atmosphärischen „französischen“ Nazi-Marokko von 1942.
Die Protagonisten diesmal: Der britische Agent Max Vatan (BRAD PITT) und die französische Widerstandskämpferin Marianne Beausejour (MARION COTILLARD). Ihr Alliierten-Auftrag lautet, den deutschen Botschafter vor Ort zu töten. Die Mission wird, nach einigen „ruhigen“ Vorbereitungen, bei denen sie auch Nazi-General Hober (AUGUST DIEHL) „aushebeln“ müssen, im Sandsturm erfüllt; und aus „beruflicher“ Gemeinsamkeit entsteht Liebe zwischen diesem extravaganten Geheimdienst-Offizier und der aparten Französin. London wird zum neuen gemeinsamen Glücks-, also Paar-Standort. Eine Tochter wird geboren, das Picknick-Feeling könnte kaum besser sein. Doch dann erreicht Max die Nachricht, dass seine Ehefrau höchstwahrscheinlich eine Doppel-Agentin sei. Und, falls sich dies bestätigen sollte, er sie liquidieren muss. Natürlich weigert sich Max dies zu glauben. Ermittelt seinerseits, um herauszubekommen, ob an diesem Verdacht tatsächlich etwas dran ist.
Nein, „Casablanca“, die Film-Legende, bleibt hier weit weg. Brad Pitt, gerade, am 18. Dezember, 53 geworden, kann gegen Humphrey Bogart wenig punkten. Wirkt (wie oft) sehr schön, als eine Art früher 007-Vorläufer-Typ, aber auch irgendwie mimisch „scheu“. Zurückhaltend. So als ob ihm klar war, in wessen Fußstapfen er hier unmöglich ‚reinpasst. Pitt wirkt von einem Bogart-Charisma, trotz seiner schnieken 40 Jahre-Anzüge und der vielen Haar-Pomade, weit entfernt. Und wenn es schließlich darum geht, Wandlungsfähigkeit zu beweisen, vom glückseligen Familien-Papa zum misstrauischen „Schnüffler“ schauspielerisch umzupolen, kriegt er mehr als einen hemdärmelig-coolen, typischen „Film-Ami-Rache-Burschen“ nicht hin.
Dafür gibt und zeigt SIE alles. Ist nicht die nur melancholische Geliebte, wie sie Ingrid-„Ilsa“ damals vorgegeben hat, sondern eine formidable wie clever „innen-ausgestattete“ Berserkerin, die ihre wahren Gefühle lange Zeit unter viel Emotions-Eis mysteriös zu verstecken vermag. Zwischen taffer Widerständlerin und verführerischer Madame pendelnd, stiehlt „Oscar“-Lady MARION COTILLARD (die Piaf in „La vie en rose“) dem smarten Brad Pitt prickelnd die melodramatische Show. In eleganten Seidenroben ebenso wie im häuslichen Alltag: Die großartig präsente Cotillard vermag ihre Figur mit schwieriger Charakterdeutung, geheimnisvoller Sensibilität und mit viel reizvoller Kraft herrlich auszureizen, auszustatten; die Anspannung steigert sich ständig. Ist enorm. Reizvoll. Prächtig. Um dann schließlich emotional-wuchtig-überwältigend „auszuarten“.
„Allied“, so der Originaltitel, also „Verbündet“, benötigt eine gewisse Anlaufzeit, bis der Film von „Oscar“-Altmeister ROBERT ZEMECKIS („Forrest Gump“) in das Fahrwasser eines nerven-kitzligen Spannungsleckerbissens durchstartet und vitales Unterhaltungsgas gibt, aber er lohnt sich allemal, betrachtet zu werden (= 3 ½ PÖNIs).