„ABRAHAM LINCOLN VAMPIRJÄGER“ von Timur Bekmambetov (USA 2011; 105 Minuten; Start D: 04.10.2012); die Amis sind bisweilen „nicht ganz koscher“. Literarisch wie filmisch. Der Typ heißt SETH GRAHAME-SMITH. Ist (als Seth Jared Greenberg) am 4. Januar 1976 in New York auf die Welt gekommen. Hat seinen Abschluss in Film am kalifornischen „Emerson College“ gemacht und kam dann auf eine profitable Idee. Als Autor: Man nehme einen längst rechtefreien Literatur-Klassiker wie „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen, benutze DEN zu – sagen wir mal – rund zwei Drittel und plus „im Originalzustand“ und füge „als Rest“ eigene trashige Erfindungen hinzu. 2009 erschien „Pride and Prejudice and Zombies“ und avancierte sogleich zum Bestseller. War nach nur neun Tagen auf Platz 3 der Bestsellerliste der „New York Times“ und blieb acht Monate in den Roman-Charts. Wurde seitdem über eine Million mal verkauft und in über 20 Sprachen übersetzt. Bei uns unter dem Titel „Stolz und Vorurteil und Zombies“. Die „Mash-Up“-Literatur war erfunden. Und auch deren Fortsetzung stammt von Seth Grahame-Smith.
Am 2. März 2010 erschien sein nächster Roman in diesem Clash, mit diesem brachialen Zusammenstoß der Kulturen: „Abraham Lincoln: Vampire Hunter“. Setzte sich sogleich auf Platz 4 der genannten Bestsellerliste unter der Kategorie „Hardcover Fiction“ fest. Hollywood war aufgescheucht, ließ Seth Grahame-Smith sogleich das Drehbuch für die Verfilmung schreiben und nahm ihn auch als Co-Produzenten mit ins Film-Boot. Ebenso wie Tim Burton, für den Grahame-Smith bereits das Skript für dessen letzten Film „Dark Shadows“ verfasst hatte.
ER war der 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Zu einem Zeitpunkt, als dieses mächtige Reich alles andere als „vereinigt“ war. Er wurde am 12. Februar 1809 im heutigen Kentucky geboren und am 15. April 1865 in Washington erschossen. ABRAHAM LINCOLN war Sklaven-Gegner, was mit ein Grund für den Amerikanischen Bürgerkrieg (Sezessionskrieg) von 1861 bis 1865 war. Lincoln setzte die Wiederherstellung der Union und die Abschaffung der Sklaverei durch. Der Film beginnt an seinem letzten Lebenstag. Abraham Lincoln schreibt sein Tagebuch und erinnert sich. An die Kindheit. Als er mitansehen musste wie seine Mutter vom Sklavenhalter und Vampir Jack Barts (MARTON CSOKAS) ermordet wurde. Rache bestimmt fortan seine Gedanken. Doch es ist ein (sehr) weiter Weg für den jungen Burschen Abraham Lincoln (BENJAMIN WALKER), diese Rache einzufordern und zu erfüllen. Schließlich geht es gegen den Mächtigen der Mächtigsten, den Plantagenbesitzer und Ober-Vampir Adam (RUFUS SEWELL). Der will die Sklaverei unbedingt weiter etablieren, schließlich sind Sklaven doch „wunderbare“, weil willenlose Opfer für seine blutsüchtige Vampir-Armee. Also verbündet sich Adam mit den Führern des Südens, um deren Ziel, die Erhaltung der Sklaverei, zu unterstützen. Der Norden, unter dem inzwischen zum politischen Anführer gewordenen Abraham Lincoln, scheint gegen diesen übermächtigen Feind keine Sieges-Chance zu haben. Natürlich…scheint.
Nach seinen überraschenden internationalen Erfolgen mit den rabiaten russischen Fantasy-Action-Movies „Night Watch“ (2004) und „Wächter des Tages“ (2006) kaschte sich Hollywood den russischen Drehbuch-Autoren und Regisseur TIMUR BEKMAMBETOV. 2007 schuf der damals 46jährige dort den Debüt-Kracher „Wanted“, in dem Angelina Jolie stilvoll in Zeitlupe sogar um die Ecke schießen durfte.
Hier nun darf es erneut brennen, schießen, totschlagen, also das volle Meuchel- und Gewalt-Programm. Innerhalb der autobiographischen Lebensfakten eines Abraham Lincoln wird sein (fiktiver) Kampf gegen das Ur-Böse genüsslich wie „bombastisch“ ausgebreitet. Bedauerlicherweise in und mit vollem Ernst. „Abraham Lincoln Vampirjäger“ vermeidet strikt jeden Spaß. Über die Schlacht von Gettysburg 1863 wird Lincoln zum Superstar-Helden. Am Tage ein liberaler Politiker, nachts ein Axt-schwingender Terminator. DER, der die Vampire besiegt. Und das Land endgültig zusammenbringt. Mit ganz viel Karacho und noch mehr Computer-Tricksereien. Das alles wäre vielleicht als bekloppt-phantasievolle Unterhaltungsdoofheit abzutun, kämen die aktuellen politischen USA-Ideen nicht reaktionär zum denkenden Tragen: Die Rechtfertigung von Krieg, weil die Gegner schließlich Untote sind. Vampire. Die es zu vernichten gilt. Um „endgültigen“ Frieden zu schaffen. Dafür sind nun mal „Opfer“ nötig. Im eigenen Lager. Menschenleben. Denn SIE lauern schließlich immer und heute noch überall auf unserer Erde: Diese blutrünstigen, blutsaugenden Feinde. Die uns besiegen wollen. Zerstören wollen. Unser gutes System. Gestern im amerikanischen Süden, neulich, 2001, sogar vor der eigenen Haustür, heute vielleicht im Irak. Oder in Afghanistan. Oder im Iran. Oder sonst wo.
Was Timur Bekmambetov hier inszeniert, ist schlicht wie fade und übermäßig aggressiv – den guten alten amerikanischen Durchhaltewillen, diese enorme amerikanische Durchhaltestärke propagieren. Die jeden fanatischen Krieger letztlich überall „treffen“. Werden. Und besiegen. Hier ist sie also wieder, grölend verpackt – diese USA-Stärke, der Terroristen letztlich NICHT gewachsen sind. Sein werden.
The american War-Dream einmal mehr auf der großen verheißungsvollen Genre-Leinwand. Ziemlich blöd und ekelhaft-spannend das Ganze (= 1 ½ PÖNIs).