ZWEI SCHRÄGE VÖGEL

ZWEI SCHRÄGE VÖGEL“ von Erwin Stronka (DDR 1989; 100 Minuten; Start D: 12.09.1989)

“Sie kennen kein Tabu“ singt eine vollbusige Schönheit mit dunklem Wuschelkopf im Leipziger Studentenkeller der Moritzbastei. Sie ist die Freundin der “Zwei schrägen Vögel“, die dem neuen DEFA-Film von Erwin Stranka den Titel gaben. Da diese jüngste Babelsberger Produktion sich tatsächlich Mühe gibt, einige Tabus zu brechen, meinten Beleuchter, denen der Regisseur seinen Film vor der Premiere zeigte: “Toll, aber das kommt nie bei uns ins Kino!“ So jedenfalls Erwin Stranka in einem Interview.

Nun, jetzt ist dein Film in die Kinos der DDR gekommen. Er durfte sogar in Cottbus die alljährlichen “Tage des sozialistischen Films“ eröffnen und dort reagierte das Publikum höchst enthusiasmiert. Genau wie bei der Ostberliner Premiere in der vergangenen Woche, bei der es im COLOSSEUM in der Schönhauser Allee mehrfach Szenenbeifall und am Ende großen Jubel gab.

“Zwei schräge Vögel“, das sind Hochschulabsolventen, die respektlos vor angemaßten Autoritäten kein Blatt vor den Mund nehmen. Obwohl beide als Computerspezialisten Weltniveau haben, werden sie wegen notorischer Disziplinlosigkeit nicht ihren Talenten entsprechend eingesetzt, sondern in einen völlig vergammelten Betrieb in tiefster Provinz verbannt. Dort müssen sie als schlichte Transportarbeiter die Produktion am Laufen halten, werden, wie es heißt, mit der “Optimierung des Materialzuflusses“ beschäftigt. Eine hochmoderne vollautomatische Anlage steht dagegen mangels Software ungenutzt herum, aber ein Beschluss der Betriebsleitung verbietet den beiden Neulingen ausdrücklich, sich damit zu befassen. Als echte Computerfreaks machen sie sich natürlich daran heimlich doch zu schaffen und verhelfen so dem Betrieb bei einem Besuch des Kombinatsdirektors noch zu einer Überraschung.

In einem Typenarsenal von so profilierten Schauspielern wie Dieter Mann, Jaecki Schwarz und Peter Sodann treffend karikierten DDR-Zeitgenossen erkennt das Publikum unschwer real existierende staatliche und betriebliche Leiter. Nicht nur dass der Umgang mit wissenschaftlichem Nachwuchs und Schlendrian in der Produktion satirisch aufs Korn genommen werden, findet Beifall, sondern auch dass das überhaupt mal DDR-Realität komisch unverblümt statt phraseologisch verbrämt vermittelt wird. Da profitiert der Film von einem gerade jetzt besonders aktuellen Bedürfnis. Eher als an Film erinnert das Ganze zwar an eine Folge von Kabarettnummern à la “Otto“, aber der wurde ja in der DDR auch ein Kino-Renner. Keine schlechten Aussichten also für die “Zwei schrägen Vögel“ (= 3 PÖNIs).

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