„DAS WOCHENENDE“ von Nina Grosse (B+R; D 2012; nach Motiven des gleichn. Romans von Bernhard Schlink; K: Benedict Neuenfels; M: Stefan Will; 98 Minuten; Start D: 11.04.2013); einmal mehr – ein guter deutscher Absichtsfilm, aber ein lahmer Erlebnisstreifen. Motto: Sie debattieren meistens schweigend und rauchen dabei viel. Jens Kessler, der einstige RAF-Terrorist (SEBASTIAN KOCH) und Mörder, kommt nach 18 Jahren frei. Was das gutbürgerliche Leben von Ingas (KATJA RIEMANN) taumeln lässt. War doch Jens damals ihre Jugendliebe.
Als ihre Freundin Tina Kessler, die Schwester von Jens, zu einem Wiedersehenwochenende ins eigene Landhaus einlädt, fahren sie und ihr Ehemann Ulrich (TOBIAS MORETTI) hin. Und treffen dort auch auf den ehemaligen Gefolgstreuen Henner (SYLVESTER GROTH). Später gesellen sich noch die Junioren Gregor (ROBERT GWISDEK), mit ansprechender Wut) und Doro (ELISA SCHLOTT) hinzu. Was allerdings als „freudige Wiederbegegnung“ annonciert ist, wird zum „Little Desaster“. Marke deutsch – Anschuldigungen mit hartem Gesichtsausdruck; viel Verschwiegenheit anstatt Antworten; diese üblichen langen deutschen (Filmhochschul-)Pausen zwischen Rede und Gegenrede; die viele trockene Bockigkeit, während Jens sich grummelnd weiter hinter seinen alten Politansichten und Parolen verschanzt. Und innerlich ziemlich aufgebracht darüber ist, dass aus der „guten, alten BRD-Ausbeuterwelt“ heuer nun eine satte, konsumgierige und gealterte wie „systemverbundene“ Normalgesellschaft geworden ist. In der die „Systemfrage“ keine Rolle mehr spielt. Sondern laktosefreie Milch oder Joggen „als Befreiung“. So sind „kleine Konfrontationen“ an der Tagesordnung. Aber ohne große Kollateralschäden.
Ein paar wenig an- oder aufregende Figuren „aus der Zeit“. Die emotional wenig „bieten“. Deren theoretische Staksigkeit mehr nervt denn interessiert. Überraschungslos bufft man sich gegenseitig an. Einzig wenn der „Sohn des Terroristen“, Gregor, sich offen aus der Deckung wagt (großartig knochig: ROBERT GWISDEK), entwickelt sich Denkspannung und geistige Beweglichkeit. Der Rest ist trockenes (An-)Schweigen. Wie langweilig. Verschenkt.
Nina Grosse, Münchnerin des Jahrgangs 1958, arbeitet heute als Drehbuch-Autorin und Regisseurin viel fürs Fernsehen (zuletzt als Autorin für die ZDF-Reihe „Verbrechen“/nach Ferdinand von Schirach). Von 2004 bis 2007 war sie Vorstandsmitglied der „Deutschen Filmakademie“. Sie ist Dozentin an den Filmhochschulen Baden-Württemberg, Potsdam und Köln. Ihr aktuelles Kinowerk gibt keinen guten Unterrichtsstoff her. Ihr „Wochenende“ zählt zu „jenen“ (zu) vielen deutschen Gähn-Filmen (= 2 PÖNIs).