PÖNIs: (5/5)
„WILD MEN“ von Thomas Daneskov (Co-B + R; Dänemark 2021; Co-B: Morten Pape; K: Jonatan Rolf Mose; M: Ola Flottum; 104 Minuten; deutscher HEIMKINO-Start: 23.6.2022;ENTDECKUNG. GROSSARTIG! ERLEBNIS! Titel = „WILD MEN“. Von THOMAS DANESKOV (Co-B + R; Dänemark 2021; Co-B: Morten Pape; K: Jonatan Rolf Mose; M: Ola Flottum; 104 Minuten; deutscher HEIMKINO/koch films-Start: 23. Juni 2022). Zur guten Erinnerung – an die Zeiten, als wir begeistert waren, wenn die (meistens Arthouse- bzw. Off-)Kinos mit neuen unbekannten Filmen herauskamen, die dann als „sagenhafte Entdeckung“ gefeiert wurden. Weil sie schräge Erzählungen beinhalteten und ebensolches Personal aufboten, das unkonventionell handelte und argumentierte. KINO war ein erstaunlicher Erlebnisort, der zum faszinierenden, spannenden Gesprächsthema aufstieg. Mit solch einem „Wahnsinnsfilm“ haben wir es hier zu tun. Allerdings leider nicht fürs KINO sich ankündigend, sondern, betrachten wir die Werbung, hierzulande mehr als „Nebensache“ angesetzt ist, fürs „kleine“ heimische Anschauen.
Der Mittlere-Alters-Typ ist Däne und heißt Martin (RASMUS BJERG). Seine Feststellung: „Das gute Leben erstickt mich“. Martin ist ohne Ankündigung oder Gespräch mit seiner Gattin abgehauen. Hat von der „Normalität“ die Faxen dicke, die Schnauze voll. Martin kommt weder mit „Ehe“ noch mit „diesen Gefühlen“ noch mit seiner Arbeit und auch nicht mit seinen beiden kleinen Kindern klar. Ist einfach nur noch frustriert. Und sucht – alleine – Hilfe. In der endlosen Weite der – grau getünchten – urigen norwegischen Felslandschaft. Hat sich – vor 10 Tagen – als steinzeitlicher Jäger eingerichtet, hat sich mit dicker Fellkleidung und Pfeil und Bogen verkleidet und lebt abwechselnd in einem Zelt. Wartend = hoffend auf „die neuen Dinge“, die ihm jetzt „passieren“. Können. Sollten. Schließlich: „Leben ist so monoton; ich habe was geändert, bin hierher-gekommen“. Motto: Ein Wikinger JETZT, also heute, im Wald!“. Anonym und tapfer. Irgendwann hat er Hunger und nähert sich einer modernen Tankstelle. Wo er sich Nahrung besorgt, ohne allerdings dafür zu bezahlen. Wie die Wikinger in (ur-)alten Zeiten erklärt er den Tauschhandel für wieder-belebt. Fellteile will er hergeben und auch seine Axt gegen die Mitnahme von hungerstillender Nahrung eintauschen. Der junge Tankstellenangestellte möchte aber darauf nicht eingehen.
Das erlebnisreiche Geschehen. Beginnt sich auszubreiten. Drei Drogenschmuggler tauchen im Auto auf. Verunfallen. Anführer Musa (ZAKI YOUSSEF) überlebt und stößt auf „Wikinger“ Martin. Der ihm erst einmal – ohne Betäubung – eine Wunde am schwer lädierten Bein näht: „Wir sind zwei starke erwachsene Männer“. Inzwischen sind Polizisten vom winzigen örtlichen Polizeirevier „aufmerksam“ geworden. Allerdings zählt „Geschicklichkeit“ nicht zu ihren Gepflogenheiten. Deshalb können – die doch nicht verstorbenen – beiden (Unfall-)Kumpels von Musa mitmischen. Also „hantieren“. Währenddessen Martin und Musa auf ihrer „Wanderung“ sich über die Regeln von Männlichkeit und Verkleidung austauschen. Besonders, als sie sich einem touristischen Wikingerdorf nähern, wo die Bewohner vorgeben, so wie ihre Vorfahren leben zu wollen. Allerdings selbstverständlich „mit Bezahlung“ der Speisen. Und der Unterkunft. Wobei natürlich auch Kreditkarten „erlaubt“, also erwünscht sind. Während inzwischen der immer öfters auftauchende ältere Polizeichef von seinem besonderen Interesse fürs Fliegenfischen berichtet. Wofür aber die – mit den beiden Kindern – im Auto im „Wikingerwald“ auftauchende Martin-Ehefrau wenig „Verständnis“ hat. Sie sucht vielmehr ihren verschwundenen „Ehe-Wikinger“. Apropos – ein lebendiges Kaninchen haben die Kinder auch mit-verpackt, von wegen tierischer Liebe. Und dieses liebe kleine rotbraune Tierchen namens Rose, Achtung: Spoiler – sorgt dann auch am Ende für die – bewegungstechnisch – niedliche Verabschiedung.
Was erleben wir: Männer, die sich mit geborgter empathischer Männlichkeit befassen; Polizisten, die – auch zeitliche – Probleme mit dem Umgang mit Kriminellen haben; und – um was geht es eigentlich, wenn mittenmal Authentizität und Wahrhaftigkeit zum Gesprächs- und Klärungsthema aufsteigen. Sowie – Drogen, Waffen und Money decken inzwischen vermehrt diesen Gesellschaftsklüngel. Martin dünkt es nach Scheidung, „…bin nicht geeignet für ein Zusammenleben“. Weil – Man(n) den inneren Frieden am Wald- beziehungsweise Gebirgs-Feuer – hier und jetzt – immer nachhaltiger schätzen-lernt.
Selten so gestaunt, verblüfft, gegrinst, begeistert, aber auch moralisch „entsetzt“ gewesen. Was die Dänen, mit norwegischem Hauch, atmosphärisch-pikant anzustellen verstehen, ist verblüffend. Hemmungslos-schwerwiegend enthüllt sich coole, starke, hundsgemeine, durchtriebene Gemeinschafts-Power. Die Pointen blitzen vortrefflich, will sagen: doppel- und mitunter sogar unanständig dreifach-bödig. Der erheblich erstaunliche Film bedarf dringend wie unbedingt der (Arthouse-)Leinwand-Entdeckung! In unserem HEIMKINO gehört er derzeit auf den besten Platz (= 5 PÖNIs).