WELCOME TO NEW YORK

Pierce Brosnan war es, der in dem Thriller „The November Man“ in die Rolle des Agenten Peter Devereaux. schlüpfte. Erfunden hat diese CIA-Figur der amerikanische Schriftsteller Bill Granger im Jahr 1979 (s. Heimkino-KRITIK).

In dieser Heimkino-Woche bekommen wir es erneut mit einem Kerl namens DEVEREAUX zu tun: George DEVEREAUX. Devereaux (GERARD DEPARDIEU) ist ein hochrangiger, weltweit handelnder und geschätzter Finanz-Experte, der sich auf großem Karriere-Weg befindet und bereits als nächster französischer Staatspräsident gehandelt wird. Devereaux ist einer jener Mächtigen, der glaubt, sich alles leisten und sich auch außerhalb der Regeln bewegen zu können. Denn er gilt als ein über jeden Verdacht erhabener Anstands-Bürger. Jedenfalls wird er „so“ behandelt und jedenfalls betrachtet und bewegt er sich auch ständig so. Selbstbewusst wie unantastbar.

Aber da ist auch seine Dauer-Schwäche: Devereaux ist geil. Also: dauer-geil. Sex-süchtig. „Das ist meine Scheiß-Krankheit“, erklärt er jedenfalls seiner Ehefrau Simone (JACQUELINE BISSET), als das Kind längst in den öffentlichen Brunnen gefallen ist: Solange Devereaux für seine ständige Sex-Sucht und Pimper-Gier bezahlt, ist alles egal. Als er sich aber in New York im Hotel einer Zimmer-Bediensteten mit Gewalt „nähert“, ist es mit seiner „Seriosität“ vorbei. Und aus dem hochrangigen, allmächtigen Welt-Bürger wird ein angeklagter, vorgeführter, beschimpfter Vergewaltiger.

IHNEN KOMMT DIESE GESCHICHTE BEKANNT VOR?: NA KLAR DOCH, GERARD DEPARDIEUS Figur des George DEVEREAUX ist dem ehemaligen Weltbank-Chef DOMINIQUE STRAUSS-KAHN nachempfunden. Kahn, Jahrgang 1949, Mitglied der Sozialistischen Partei Frankreichs, war von 1997 bis 1999 Wirtschafts- und Finanzminister unter Premierminister Lionel Jospin und vom 1. November 2007 bis zum 18. Mai 2011 der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF). Er trat 2011 nach seiner Festnahme in New York wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung zurück und musste seine Hoffnungen auf eine Kandidatur bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2012 begraben. Der Film orientiert sich auf „die Tage in New York“. Motto: Der Kerl denkt, sein Schwanz lenkt:

WELCOME TO NEW YORK“ von Abel Ferrara (Co-B + R; Fr/USA 2013; Co-B: Chris Zois; K: Ken Kelsch; 125 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 12.2.2015).

Die Filmfestspiele von Cannes. Es ist der 17. Mai 2014. Das offizielle Festival möchte mit „diesem Film“ aber auch gar nichts zu tun haben. Der Anwalt Jean Veil, juristischer Vertreter von Dominique Strauss-Kahn, erklärt, der Film sei „Dreck“ und „wie ein Haufen Hundescheiße“, um den man einen großen Bogen machen sollte. Folglich wird von der Produktion und vom Verleih zu einer Präsentation und Vorführung in ein Nobel-Zelt am Strand geladen. Mit provisorischer Video-Leinwand. Dort läuft der „Skandalfilm“, der jetzt auch hierzulande erhältlich ist. Bevor es aber filmisch losgeht, müssen wir viele Vorab-Worte erdulden, zunächst vor dem Vorspann:

Dieser Film wurde inspiriert durch ein Gerichtsverfahren, dessen öffentlicher Teil durch Filmaufnahmen, Rundfunksendungen und umfassende Berichterstattungen ein weltweites Medienecho erfahren hat“. Und weiter heißt es: „Unbeschadet dessen sind alle im Film vorkommenden Charaktere und deren Biographien frei erfunden und rein fiktiv, da niemand für sich die Fähigkeit beanspruchen kann, die komplexe Realität der Protagonisten und Zeugen dieses Falles wiederzugeben, gerade auch, weil jeder eine subjektive Meinung zu dem Geschehen hat“.

Nachtigall, ick höre Dir juristisch absichernd trapsen. Dann, auch noch vor dem Vorspann, gibt der Schauspieler GERARD DEPARDIEU vor Journalisten einige Erklärungen ab, die sich wie Rechtfertigungen anhören: Er habe diese Rolle (des George Devereaux) angenommen, „weil ich den Mann nicht leiden kann“. Sechs-Minuten-Sex sei nicht sein Ding. „Ich mag diese Leute nicht, die Politik machen. Ich traue keinem Politiker. Ich bin Individualist. Ein Anarchist!“.

Nach dem Vorspann: Bilder von Washington. Dazu schmalzt – ironisch – der Song „America, The Beautiful“. Im weiteren Bild: Eine mächtig ratternde Gelddruckmaschine. In der Zentrale des Internationalen Währungsfonds. Monsieur Devereaux hält Hof. In seinem Büro. Schnaubend. Dampfend. Lüsternd. Bietet den Gästen Kaffee an. Und einen Blowjob. Von einer seiner aufgetakelten, „bereiten“ Assistentinnen: „In Amerika ist alles größer und besser“.

„Welcome To New York“ beinhaltet drei Teile. Im ersten wird dauernd gebumst. Präziser: Gerammelt. In verschiedenen Variationen. Da läuft ein atmosphärischer Soft-Porno. Auf und ab. Sind die ersten Girls „abgearbeitet“, stehen/liegen bereits die nächsten zur „Nutzung“ bereit. Die pure Nummern-Revue. Mittendrin: Sex-Maniac George Devereaux. Motto: Wenn der Fettsack ewig fickt. Die hiesige FSK fand dies offensichtlich „inspirierend“ für den Nachwuchs und gab den Film „ab 12 Jahren“ jugendfrei. Ach so ja, nett ist auch, wenn der hemmungsresistente Devereaux im Bistro seine Tochter plus Freund trifft und ganz unverblümt von ihr wissen will: „Und wie fickt er dich?“.

Dann aber „übertreibt“ er es. Benimmt sich illegal. „Attackiert“ eine Angestellte des Hotels. Vom Zimmer-Service. Film-Teil 2 handelt davon, wie diese mächtige Masse Mann beschuldigt, verhaftet und wegen Vergewaltigung angeklagt wird. Detailliert erleben wir die Mechanismen der Einbuchtung. Als entwürdigende Prozedur. Bei der sich der hundertfache Kilo-Star Gerard Depardieu vollends auszuziehen hat. „Total“. Vor zwei (Film-)Polizisten. „Rammler“ Devereaux ganz nackt. Mit dicker Wampe und kleinem Pimmel. Regisseur ABEL FERRARA, New Yorker des Jahrgangs 1951, war filmisch schon immer ein provokantes Schlitzohr („The Driller Killer – Der Bohrmaschinenkiller; „Bad Lieutenant“; „The Funeral – Das Begräbnis“; „Mary“) und schreckt vor nichts zurück. Schaut auf, wenn sich Reiche entblößen. Müssen. Grinst er filmisch. Hämisch. Während Depardieu stoisch und mit schwerem Atem mitmacht.

Teil 3. Die Ehefrau tritt auf. Und an: Simone (die wunderschöne JACQUELINE BISSET). Stellt eine Millionen Dollar-Kaution und liest ihm im teuer angemieteten Appartement die Leviten. „Ich hab‘ es nicht getan“, tönt er zurück. „Ich habe ihr doch nur ins Gesicht gespritzt!“ Während er dem Gerichtspsychiater stolz erklärt: „Ich hab‘ keine Schuldgefühle“. Und sein Raubtier-Blick wie gehabt Sex-Gier verströmt. Sobald eine attraktive Frau sich in seiner Nähe aufhält. Der letzte Film-Teil ist vielfach Gesülze über Macht, Haben, Sein. Umfasst ziemlich langweiliges Gelaber. Die Luft ist ´raus.

„WELCOME TO NEW YORK“ oder: „Ein Mann zieht Schwanz“. Was für ein interessanter Murks. Mit einer grandios-mutigen Star-Performance von Gerard Depardieu. Plus anschließendem untertiteltem Bonus-Angebot („Welcome To Cannes“).

Fazit: Ein reiches Schwein. Mächtig aktiv. Man mache sich (s)ein Bild.

Übrigens: Am 1. Februar 2015 meldeten die Agenturen, dass sich Dominique Strauss-Kahn, gemeinsam mit weiteren 13 Angeklagten, wegen organisierter Zuhälterei vor einem Gericht im nordfranzösischen Lille verantworten muss. Weiter heißt es: „Bereits 2011 ist Strauss-Kahn über eine Sexaffäre gestolpert….Er stand im Zentrum einer Affäre um Vergewaltigungsvorwürfe einer New Yorker Hotelangestellten. Strauss-Kahn verlor seinen Chef-Posten beim IWF, mit der Angestellten einigte er sich außergerichtlich“ („dpa“).

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