W.E.

W.E.“ von Madonna (Co-B, Co-Prod.+R; GB 2010/2011; K: Hagen Bogdanski; M: Abel Korzeniowski; 115 Minuten; Start D: 21.06.2012); im Kino-Vorjahr war die britische Geschichte um den „stotternden König“ George VI., „The King’s Speech“ (s. KRITIK), einer der erfolgreichsten (vier Haupt-„Oscars“) und beliebtesten Kinofilme. Wir erinnern uns: Im Januar 1936 starb der britische Monarch King George V., sein ältester Sohn Edward wurde zu King Edward VIII. gekrönt. Und dankte nach seiner berühmten Rede im Dezember 1936 nach nur 325 Amts-Tagen, ab, weil er seine Beziehung zu der bürgerlichen verheirateten Amerikanerin Wallis Simpson nicht aufzugeben bereit war. Degradierte sich selber zum „Herzog von Windsor“. Wegen Wallis Simpson aus Baltimore, die das „Time Magazine“ 1936 als erste Frau zum „Menschen des Jahres“ kürte. Albert, der (sprachgestörte) Herzog von York, wurde (auf Empfehlung Winston Churchills) als George VI. am 12. Mai 1937 Thronfolger. Im Zusammenhang mit „The King’s Speech“ „passt“ nun heuer diese filmische „Ergänzung“ von Regisseurin Madonna.

Simpel zusammengefasst: Ein Mann schlägt NICHT den vorgegebenen „Karriere-“ bzw. Lebens-Weg ein und verzichtet auf alles. „Nur“, um mit einer geliebten Frau zusammenleben zu können, die als „nicht standesgemäß“ galt. Nicht als künftige Monarchin „infrage“ kam. Weil sie geschieden und „erneut“ verheiratet war, um nun wieder geschieden zu werden. W. E. = Wallis Simpson & Edward, „The King“. Eine der außergewöhnlichsten Adels-Romanzen des 20. Jahrhunderts. Und heutiger Anlass für Multi-Star Madonna, inzwischen feurige 53, gemeinsam mit dem Drehbuch-Autor (und Regisseur) ALEK KESHISHIAN, mit dem sie schon 1991 den Dokumentarfilm „In Bed With Madonna“ schuf, diese einzigartige Love-Story für ihren zweiten eigenen Spielfilm zu verwenden. Nach dem schrägen Debütstück „Filth & Wisdom“ von 2008, das hierzulande damals gleich auf DVD veröffentlicht wurde (s. Kritik).

Dabei beginnt alles im New York von heute. Wo im weltberühmten Auktionshaus von „Sotheby’s“ der Nachlass von W & E präsentiert wird. Dieser zieht die junge gutbürgerliche Wally Winthrop (ABBIE CORNISH) geradezu magisch und täglich an. Und in den Bann. Wally fühlt in ihrem eigenen Da-Sein Parallelen zu dieser historischen Liebesgeschichte. Empfindet ihre eigene kinderlose Ehe mit dem Psychotherapeuten William (Richard Coyle) als unglücklich, „schaffte“ aber bislang den Ausstiegsschritt nicht. Eine emotionale Seelenverwandtschaft tut sich auf. Zu „denen“ von damals. Zu Wallis + Edward. Und ihrem bekennenden Mut. Zum eigenen Ich. Und festen Willen. Mit irritierender Annäherung und dann Begleitung durch den russischen Sicherheitsmann und ehemaligen Konzert-Pianisten Evgeni (Oscar Isaac).

Madonna interessieren „die Frauen“. Damals wie heute. Als selber alleinerziehende vierfache Mutter. Motto: Selbstfindung zur Selbstachtung. Als beherztes Drama. Selber begreifen, entscheiden, wie der eigene Lebens-, sprich Beziehungsweg laufen, weiterlaufen soll. Ohne faule Kompromisse. Ohne als „Emotionskrüppel“ zu enden. Mal befinden wir uns „im Ursprung“, in den hochrangigen „Lebezonen“ von damals, nachgespielt, mit authentischem Wochenschaumaterial vermischt, mit schicken Menschen in feinen Kostümen und bestem Zwirn in „komfortabler“ Umgebung – Kostüme und Design sowie die gesamte Ausstattung sind von beachtlichem Schauwert -, mal in der Gegenwart. In der sich die gefühlsunsichere Großstädterin Wally Winthrop abmüht herauszubekommen, was sie künftig will, besser: Was sie eigentlich nicht (mehr) will. Um sich dann durchsetzen zu können. Wollen.
Diskrete weibliche Biopics im Wandel der Zeiten.

„W.E.“ ist ein atmosphärischer Bauch-Film. Ist üppiges AUGEN-Kino. Optisch beeindruckend mit den Motiven des deutschen Kameramanns Hagen Bogdanski („Das Leben der Anderen“). Sowie mit starken weiblichen Akteurinnen. ABBIE CORNISH (zuletzt in „Ohne Limit“, 2006 neben Russell Crowe in „Ein gutes Jahr“ von Ridley Scott) übt den Ausstieg aus ihrem modernen „Goldenen Käfig“ und ist eine „spannende Entwicklungsemanze“; ANDREA RISEBOROUGH (zuletzt in „Brighton Rock“) als Wallis Simpson ist „bärenstark“ charismatisch und von faszinierender Ausstrahlung. Als durchsetzungsfähige Ami-Lady. Im steifen Britannien. Der JAMES D’ARCY als Edward The (Ex-)King „angemessen“ den Hof macht. Als rücksichtsvoller Stichwortgeber-Begleiter.

Während der stimmungsvolle orchestrale Soundtrack vom renommierten, im polnischen Krakau geborenen und seit 2006 in Los Angeles lebenden Filmkomponisten ABEL KORZENIOWSKI stammt („Golden Globe“-Nominierung neulich für seine Musik zum Tom Ford-Regiedebüt „A Single Man“), zu dem dann Madonna auch ihren Titel „Masterpiece“ für den Abspann beisteuert. „W.E.“, ein Wohlfühl-Movie. Für Mädels. Und Anhang (= 3 PÖNIs).

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