WARUM HALB VIER? ODER DIE LIEBE ZUM FUSSBALL

Heute, am Freitag, den 14. August 2015, hat die hat die neue, die 53. Fußball-Bundesliga-Saison begonnen. Anlass genug, auf einen der schönsten Fußball-Filme aller Zeiten hinzuweisen. Wobei es nicht um packende Spiele, sondern um die Seelen-Definition FUSSBALL geht. Was ist, was bedeutet, was bietet, was „bringt“: Fußball.

Dazu habe ich nach originellen Sprüchen gesucht, die „im Raum Fußball „aussagekräftig“ wie unvergessen geworden sind (sie sind kursiv gesetzt), wie zum Beispiel: „Alles andere als die Nicht-Meisterschaft wäre ja eine Katastrophe gewesen“ (Thomas Strunz):

WARUM HALB VIER? ODER DIE LIEBE ZUM FUSSBALL“ von Lars Pape und Axel Pape (D 2005; K: Chris Griesemann, Olaf Mach, Christoph Grosse u.a.; Schnitt: Nicole Hussy; M: Susan Dibona; 138 Minuten; Erstaufführung auf der Berlinale am 18.2.2006; Start D: 2.11.2006; Heimkino-Veröffentlichung: 24.05.2008 + 02.07.2010):

Sie hießen bürgerlich Carl Schenstrom (1881-1942) und Harald Madsen (1890-1949). Bekannt und populär wurden sie als dänisches Komiker-Duo PAT & PATACHON. (Original: Frytaarnet = Leuchttum & Bivognen = Anhänger/Beiwagen). Zwischen 1921 und 1940 drehten sie zusammen etwa 55 Filme. (Eine präzise cineastische Aufarbeitung dieser europäischen „Stan Laurel & Oliver Hardy“ steht noch aus). Der sprichwörtliche Ausdruck Pat & Patachon bezeichnet scherzhaft das ungeschickt wirkende Nebeneinander zweier körperlich sehr unterschiedlicher Personen: Der eine ein großer Schlaks, sein Partner eher dicklich und deutlich kleiner. Die deutschen Pat & Patachon kommen, ironisch-liebevoll betrachtet, aus dem Ruhrpott. Heißen HEINZ OTTEN & MANFRED „Manni“ PAPE. Haben das Fußball-Herz wirklich wie locker auf dem rechten Fleck. Können angenehm „normal“ reden. Vermitteln. Stammen von dort, wo der Hierzulande-Fußball seine wahre Wiege hat: aus dem Ruhrpott. Haben sich vor Jahrzehnten beim Fußballspielen kennen und schätzen gelernt.

Heute sind sie „dickste Freunde“. Und phantastische Erzähler, wenn es darum geht, in das Innenleben von „Fußball & Mensch“ zu blicken. Um dessen Zusammenhänge – emotional unangestrengt auf den Punkt gebracht – auszuloten. Heinz & Manni sind die ehrlichen Helden in dieser sagenhaft-faszinierenden und weiterhin sehr aktuellen Zustandsbeschreibung „Fußball“.

Holländer sind keine Schweden. Das hat man deutlich gesehen“ (Franz Beckenbauer). „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“ (Andreas Brehme).

JOACHIM KRÓL, Jahrgang 1957, einer unserer Spitzen-Schauspieler (und – leider – Ex-„Tatort“-Hauptkommissar) stammt aus dem nordrhein-westfälischen Herne. Sein Vater war Bergmann und fußball-begeistert. Gemeinsam waren Vater & Sohn viel in Sachen Westfalia Herne unterwegs. Davon erzählt Joachim Król. Wie der Fußball die Generationen formte. Zusammenbrachte. Stichwort: Das Zusammengehörigkeitsgefühl. Atmosphäre pur. Von vielen emotionalen, gedanklich-spannenden Begegnungen. Erlebnissen. „Fügungen“. Abenteuern. Anekdoten. Weiß er schwärmend-erkenntnisreich zu berichten. Wie Fußball zu „Leben“ wurde. Beziehungsweise umgekehrt. Im Stadion wie Zuhause. „Opernhäuser des Ruhrgebiets“ nennt Joachim Król die heutigen „Tempel“ von Schalke oder Dortmund. Um am Schluss über diesen herrlichen „Sentimentalkram“ zu lächeln. Der einem so ganz wunderbar bekannt vorkommt. Aus vielen eigenen „Wahnsinns“-Erinnerungen „aufm Platz“.

Das habe ich ihm dann auch verbal gesagt“ (Mario Basler). „Ja, der FC Tirol hat eine Obduktion auf mich“ (Peter Pacult). „Ich bin körperlich und physisch topfit“ (Thomas Häßler).

Was haben Joachim Król, MTV-Moderator Markus Kavka („Ein Fußballverein lässt sich niemals scheiden von dir; Frauen schon“), Rudi Völler, Rudi Assauer („das Stadion ist Heimat“), Fassbinder-Star und bekennender Münchner 60er Fan und FC Bayern-Hasser Harry Baer („die Bayern, der FC Hollywood, sind eine üble Erfindung des Kapitals“), 11 Freunde-Chef Philipp Köster („der Verein ist eine verlässliche Konstante, egal, wie scheiße du aussiehst“) oder die „Girls United – 5 Engel für Fortuna“, ein eingeschworenes weibliche Fan-Dream-Team für Fortuna Düsseldorf („Erst Fußball, dann Jungs“), oder Sebastian Schneider, der „überwältigte“ Doktor vom FC St. Pauli, miteinander zu tun?

Die geradezu götterhafte Liebe zum Fußball, zum Stamm-Verein, zum Umfeld. Als Liebe für die Ewigkeit. Zu dicke? Mag sein, aber schauen wir uns doch einmal – positiv – an, was sich Woche für Woche in Sachen Fußball tut?

Diese Millionen- wie Kleinst-Pilgerungen ganz oben wie ganz unten, diese HERZliche Begeisterung, wenn Sehnsüchte ausgelebt werden und „der Wirklichkeit Ausdruck verliehen“ werden kann (Anhänger). „Fußball ist ein Teil der Identität“, betonen „Ultras“. Für 90 + plus-Minuten ist der Ausstieg aus der Normalität erwünscht, weil man selber ein leidenschaftlicher öffentlicher Mensch sein darf. Wie sonst nirgendwo. Fußball oder – wat ist Liebe? Vertrauen? Zuverlässigkeit?, betonen Heinz und Manni. „Absurde Rituale als Glücksgefühl; schöner Quatsch“, hält Rainer Calmund augenzwinkernd-nüchtern dagegen.

Es ist egal, ob ein Spieler bei Bayern München spielt oder sonst wo im Ausland“ (Erich Ribbeck). „Ich habe nie an unserer Chancenlosigkeit gezweifelt“ (Richard Golz). „Das wird alles von den Medien hochsterilisiert“ (Bruno Labbadia). „Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien“ (Andreas Möller).

Nur Friede, Freude, Eierkuchen? Keineswegs. Hooligans, Polizei, die Gewalt als gesellschaftlicher Spiegel, als Fakten und in Meinungen. Sind mit im Blick auf das wöchentliche Ritual-Spiel. FUSSBALL. Dessen zunehmende Reglementierung Fredi Bobic aufstößt. Zum Beispiel beim Tor-Jubel. Aber: Der Film konzentriert sich vornehmlich auf die seelische, hochemotionale individuelle wie gesellschaftliche (Aus-)Wirkung. MAGIE. Dieser modernen Gladiatoren-Kämpfe. Mit Ball. Deren unaufhaltsame Kommerzialisierung Philipp Köster aufstößt: „Wie können wir Kunden am Misten schröpfen“, lässt er über die heutige Entwicklung verlauten.

In der Antike gab es diese „kommentierenden“ griechischen Tragödien-Chöre. Um großen Dramen besonderen Ausdruck zu verleihen. Hier ist es ein exzellent choreographierter Fan-Chor von Fortuna Düsseldorf, der für die stimmungsvollen Nuancen-Zwischen-Töne sorgt. Im exquisiten Bonusmaterial ist zu erleben, wie viele Mühen hier erforderlich waren, um dieses sensationell aufbereitete THEMA FUSSBALL-DRAMA in seinen vielen Facetten filmisch klug, clever, imposant, spannend, liebevoll abzurunden. Über 20.000 Kilometer ist das Film-Team durch die Republik gedüst, um schließlich aus 130 Material-Stunden DEN Rundum-Fußball-Intimfilm zu erschaffen.

Apropos Bonus (wurde 2007 dazugefügt): Dort höre ich auch das erste Mal von so genannten „GROUNDHOPPER“: Das sind Fans, die „Stadien sammeln“. Die sind auf der ganzen Welt unterwegs, selbst in der 6. Belgischen Liga, zum Beispiel, nur um sich „genüsslich“ fremde Stadien „einzuverleiben“. Kannte ich auch noch nicht. Hatte es nicht in den fertigen Film geschafft, schön aber wenigstens im „Bonus“ davon zu hören. Zu erfahren. Sachen gibt’s,

wie diesen herrlichen Film. Über die tollste Sache überhaupt. Ich sage ja immer und voller Überzeugung: LEBEN IST WICHTIG, FUSSBALL BEDEUTENDER.

Auch wenn er längst nicht mehr nur um halb vier beginnt.

P.S.: Mein Lieblingszitat = „Ein Drittel? Nee, ich will mindestens ein Viertel“ (Horst Szymaniak).

Anbieter: „brothers finest Filmproduktion“

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