„VON LÖWEN UND LÄMMERN“ von und mit ROBERT REDFORD (USA 2006; Co-Produzenten u.a.: Robert Redford, Tom Cruise; B: Matthew Michael Carnahan; K: Philippe Rousselot; M: Mark Isham; 92 Minuten; deutscher Kino-Start: 08.11.2007); der Titel zitiert den Spruch eines deutschen Generals aus dem 1. Weltkrieg, der die britischen Infanteristen spöttisch als „Löwen, die von Lämmern angeführt werden“, bezeichnete. Der heute 71-jährige ROBERT REDFORD (geb. am 18.08.1936 in Santa Monica/Kalifornien) zählt seit den 60er Jahren – durch Filme wie „Butch Cassidy und Sundance Kid“ (1969); „Der Clou“ (1973); „Die drei Tage des Condor“ (1975); „Die Unbestechlichen“ (1976); „Jenseits von Afrika“ (1985); „Der Pferdeflüsterer“ (1998) – zu den populärsten amerikanischen Schauspielern. Des Weiteren ist der engagierte Umweltschützer auch als Produzent und Regisseur aktiv. Er hat bislang 7 Spielfilme inszeniert, u.a. „Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld“ (1988), „Aus der Mitte entspringt ein Fluß“ (1992), „Quiz Show“ (1994); gleich für den ersten – „Eine ganz normale Familie“ – bekam er 1981 den Regie-„Oscar“. 2002 erhielt Redford den Ehren-„Oscar“ FÜR SEIN LEBENSWERK als Schauspieler, Regisseur, Produzent und Gründer des unabhängigen SUNDANCE-Instituts (= 1980 gründete er, in seiner Heimat Utah, dieses Institut, das er nach seiner Rolle in „Butch Cassidy und Sundance Kid“ benannte. Ziel ist die Förderung UNABHÄNGIGER Filmemacher und ihrer Werke. Seit 1984 findet das alljährliche Sundance-Film-Festival im Januar statt und ist inzwischen zum wichtigsten Treffpunkt der amerikanischen Independent-Bewegung geworden.
Sein neuestes Werk dauert nur 95 Minuten, kommt einem aber wie ein „Vorfilm“ vor, weil man überrascht ist, wie schnell hier die Zeit vergangen ist. „Von Löwen und Lämmern“ ist eine politische wie gesellschaftliche ZUSTANDSBESCHREIBUNG über das AKTUELLE AMERIKA. Handelt von der GROSSEN Wut und Enttäuschung über die Ära Bush-Kriegs-Politik („Die Politiker sind heute eine Beleidigung für unsere Intelligenz“/Redford im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“/05.11.07). Ist ein sehr wortlastiger Film, bei dem ZUHÖREN ebenso wichtig ist wie das Zusehen. Das Drehbuch stammt von MATTHEW MICHAEL CARNAHAN, der bereits für das Drehbuch zum politischen Actionfilm „OPERATION: KINGDOM“ (s. Kino-KRITIK) verantwortlich war und hier das politische Hintergrundwissen, das im Actionfilm auszubreiten nicht möglich war, voll benutzen und ausbreiten kann/darf.
Seine Geschichte verläuft über 3 Erzähl-Ebenen: Die liberale Journalistin und der smarte, aufstrebende, konservative Politiker (Senator) im Interview-Duell; der alte liberale Uni-Professor, der einem talentierten, aber „bequemen“/lustlosen Bürger-Söhnchen-Studenten mit Fragen über dessen Werte und Ziele „aktivieren“ möchte, engagiert(er) ins Leben zu treten; 2 junge, motivierte amerikanische „Freiwillige“-Soldaten, ehemalige Studenten des Uni-Professors, die zur selben Zeit und aufgrund dieser vom obigen Karriere-Senator erklärten neuen „todsicheren“ Militärdoktrin in Afghanistan hinter feindliche Linien geraten und dort sterben. „Von Löwen und Lämmern“ ist ein faszinierender, erregender, wunderbar an den Kopf hämmernder SCHLAGABTAUSCH über Moral in Kriegszeiten. Das Redford-Anliegen-Thema: Ein leidenschaftliches Plädoyer gegen den desillusionierenden, oberflächlichen Zynismus von Teilen der antriebslosen (konsumorientierten) Sorglos-Jugend; ein listig-piekendes wie aufrüttelndes Plädoyer gegen die Kritiklosigkeit der US-amerikanischen Medien bzw. gegen ihren verantwortungslosen, journalistischen Nachrichten-Umgang mit Begriffen wie „Objektivität“/“Wahrheit“ (wobei Quoten/bezahlter Lobbyismus/bewusste, manipulierte Verblödung/Einseitigkeit… eine GROSSE wie erhebliche Rolle spielen); sowie s. Titel: die Verheizung von patriotisch gesinnten/gestimmten jungen Männern durch inkompetentes Politik- bzw. Militär-Personal.
3 Hollywood-STARS haben sich HIERFÜR zur Verfügung gestellt: Außer Redford treten MERYL STREEP als altgediente Journalistin und TOM CRUISE als glatter Senator-Aufsteiger (und Aspirant auf den nächsten Präsidenten-Posten nach Bush) zu der Verbal-Schlacht an. Alle 3 ordnen sich diszipliniert wie unaufgeregt dem bedeutsam-aktuellen Thema unter; sind spannende Protagonisten. (Cruise war lange nicht mehr so überzeugend wie hier). „Von Löwen und Lämmern“ ist Ausdruck eines kollektiven Unwohlseins über die internationale Weltlage, herbeigeführt durch Verstrickungen von Wirtschaft/Medien/Politik in den USA. Die Dialoge sind wie Gewehrfeuer, liefern viele Denkanstöße, lassen humane Gedanken und Träume vereisen. Der aus der Frustration über den politischen wie geistigen Zustand seines Landes entstandene Film ist wichtig, informativ, mitteilsam, aufregend. Und weil dieses „amerikanische Thema“ natürlich inzwischen weltweit eine (verheerende) Rolle spielt, geht der kluge Streit-Film NATÜRLICH auch Uns-HIER viel an. Sich mit ihm zu befassen/sich mit ihm auseinanderzusetzen, ist ein immenser (Denk-)Gewinn. Und ein ausgesprochen riesiges, intellektuelles Vergnügen (= 4 ½ PÖNIs).