DIE VERSCHWÖRUNG – GNADENLOSE JAGD

Am Anfang war es „bloß“ eine Thriller-Fingerübung für den hochgeachteten britischen Dramatiker, Drehbuch-Autor und Filmregisseur DAVID HARE. „Page Eight“ nannte er sie, und sie wurde 2011 zu einem vielgelobten BBC-Erfolg. In Deutschland wurde der TV-Spielfilm für das Heimkino ab Februar 2013 unter dem Titel „Die Verschwörung“ angeboten. Im Februar dieses Jahres erreichte uns die Fortsetzung „Die Verschwörung – Tödliche Geschäfte“. Jetzt ist der Abschluss dieser begeisternden Spannungsfilm-Trilogie auf dem hiesigen Heimkino-Markt angekommen, einmal einzeln, als Film Nr.3, und auch als Box – Titel: „Die Verschwörung – Die Trilogie“ – mit allen drei Filmen zusammen. Nachdem ich ja die ersten beiden Filme bereits vorgestellt habe, bespreche ich hier den filmischen Einzel-Abschluss:

DIE VERSCHWÖRUNG – GNADENLOSE JAGD“ von David Hare (B+R; GB 2013; K: Tom Townsend; M: Paul Englishby; 96 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 23.07.2015).

Logisch, man muss die ersten beiden Teile kennen, um im Thema „drin“ zu sein. Der schlaue Ex-MI5-Analytiker Johnny Worricker (BILL NIGHY) ist hinter üblen Geschäften und Machenschaften des britischen Premierministers Alec Beasly (RALPH FIENNES) gekommen, hat sie andeutungsweise herausposaunt und befindet sich nun auf der Flucht. Nachdem er keineswegs willens ist, mit seinem „Amt“ zu kooperieren. „Die Sache“ also auf sich beruhen zu lassen. Johnny ist beileibe kein Held und Gerechtigkeitsfanatiker, empfindet aber die demokratischen Spielregeln erheblich beschädigt. Und DAS macht ihn wütend. Wenn geschäftstüchtige amerikanische Privatleute/Privatfirmen heimlich auf der ganzen Welt geheime Gefängnisse für die US-Regierung errichten und der britische Staatschef dafür diskret, also unerkannt, „Schatullen“-Geld „spendet“, also ordentlich mit-verdient. Als Worricker dieses hochkarätige Polit-Zocken entdeckt, wird er zur System-Gefahr.

Neuester Aufenthaltsort: Deutschland. Wiesbaden. „Es ist einfach, ihn zu finden, aber was machen wir dann mit IHM?“, raunzt der Premierminister im Vorübergehen. Doch Johnny ist pfiffig. Und sehr aufmerksam. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Margot Tyrell (HELENA BONHAM CARTER) kann er den Jägern aus dem eigenen „Stall“ immer wieder rechtzeitig entwischen. Und seinerseits, über einige loyale Helfershelfer, für mediale Schlagzeilen und Titel-Stories sorgen, die der britischen Regierung mehr als unangenehm sind. Der öffentliche Druck auf Alec Beasly wächst. Und Johnny Worricker, der britische Edward Snowden, kann einfach nicht gefasst werden. Allerdings bemerkt der Schlaks Johnny auch nicht, dass er inzwischen zu einer durchaus willkommenen Figur in einem sehr viel umfangreicheren britischen Polit-, also Machtspiel geworden ist. „Man“ nutzt die Benutzbaren. Lächelnd.

Währenddessen spinnt sich hinter den Amtskulissen von Downing Street Number Ten vielschichtiges geheim ab. Beteiligte: Die listige britische Geheimdienst-Chefin Jill Tankard (JUDY DAVIS) und die derzeitige Vize-Premierministerin Anthea Catcheside (SASKIA REEVES). Man beginnt, „Planspiele“ intensiv zu denken. Allzeit bereit, lautet die kreative Formierung.

„Salting the Battlefield“ lautet der Originaltitel, also „Das Salzen des Schlachtfeldes“: der Begriff stammt aus den Punischen Kriegen in der Antike und bezeichnet die Konfrontationen zwischen der See- und Handelsmacht Karthago und dem jungen Römischen Reich. Dabei zerstörten die Römer 146 v. Chr. Karthago und streuten angeblich dort Salz auf die Äcker, um diese unfruchtbar zu machen. Johnny Worricker, ein faszinierendes Salzkorn in der britischen Geheimdienst-Geschichte. Und was für ein juweliges…

„Ich erforsche die Fehler des britischen Geheimdienstes und die Verstöße des Geheimdienstes der letzten zehn Jahre“, erklärt Autor und Regisseur DAVID HARE im „Making Of“-Bonus-Interview. Während sein wunderbar selbstironischer Hauptakteur, der formidabel-ausdrucksstarke Eins-Fast-Neunzig-Schlacks BILL NIGHY („Tatsächlich Liebe…“; „Radio Rock Revolution“), von Bond-Nähe nichts wissen will: „Ich bin eher sein Großvater“. In der Tat, diese außerordentlich intelligent entwickelte und ohne direkte Gewalt auskommende exzellente britische Mini-Serie orientiert sich mehr an John le Carré’s britischen Agenten George Smiley als an den Ian Fleming-Fighter 007. Die Sprache ist stets mehrdeutig. Die durchdachten Worte besitzen Waffen-Esprit. Sätze als wohlüberlegte Kugel-Attacken. Es ist beeindruckend und außerordentlich spannend, diesem dichten, konventionellen Profi-Thriller zu folgen. Zumal, wie herrlich, nun auch die Frauen 1:1-Plätze gegenüber den männlichen Rampenakteuren einnehmen.

HELENA BONHAM CARTER spielt brillant diese tiefgründige psychologische Rolle als lebenskluge Partnerin eines modernen Don Quichotte aus und strahlt hochemotional mit ihren ereignisreichen schönen Augen. JUDY DAVIS als hinter den Kulissen strippenziehende Ober-Agentin ist mit ihrem durchtriebenen Wissen-Lächeln eine Wonne. SASKIA REEVES als politische Stellvertreterin kriegt den Schwung von Nr.2 mit Aussicht nach Ganz-Oben prächtig hin. Herausragend aber auch die beiden Alphatiere BILL NIGHY und RALPH FIENNES. Der eine still, verschmitzt, eher besonnen als aufbrausend, ein Gentleman-Agent; der andere auf dem machtvollen Nr.1-Ego-Trip. ICH bin. Also handele ICH. Basta. Und willst du nicht mein Bruder sein…

„Die Verschwörung – Gnadenlose Jagd“ rundet ein hinreißendes britisches Spannungserlebnis furios ab. Grandioses, überragendes Thriller-Heimkino: Klug, clever, polit-kitzlig, und darstellerisch eine Delikatesse. Wie auch: Dieser Sound (von PAUL ENGLISHBY). Anfangs, während des langen Vorspanns, in tollkühner, frecher Big Band-Laune (á la „Ocean’s Eleven“), dann mit dem amüsanten Sound von pointiertem Blues-Swing. Hinreißend. In seiner stimmungsvollen musikalischen Doppelbödigkeit.

„DIE VERSCHWÖRUNG 1 – 3“, so klingt wahre traditionelle Spannungsatmosphäre!!!!! Jetzt im Heimkino ein MUSS! (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Koch Media“

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