VERBLENDUNG (2009)

„VERBLENDUNG“ von Niels Arden Oplev (Schwed/D/Dänem. 2008; B: Nikolaj Arcel; Rasmus Heisterberg; nach dem gleichn. Roman von Stieg Larsson/2006; K: Eric Kress; M: Jacob Groth; 152 Minuten; Start D: 01.10.2009); geboren 1961; Abschluß des Studiums an der Dänischen „Filmskole“ 1989; war mit seinem Debütfilm „Portland“ 1996 im Berlinale-Wettbewerb; drehte erfolgreiche TV-Serien wie „Der Adler“ (2005/2006); sein Film „Der Traum“ war 2006 der erfolgreichste dänische Kinofilm und erhielt auf der Berlinale den „Gläsernen Bären“ als „bester Kinderfilm“. Sein 2007 entstandener Film „Worlds Apart“ (über eine junge Zeugin Jehovas) lief 2008 bei der Berlinale. Mit „Verblendung“ adaptierte NIELS ARDEN OPLEV den ersten Teil von Stieg Larssons populärer „Millenium-Trilogie“. STIEG LARSSON: Geboren am 15. August 1954 in Umea, gestorben am 9. November 2004 in Stockholm an den Folgen eines Herzinfarkts. Larsson war schwedischer Journalist, Schriftsteller und Herausgeber des antirassistischen, antifaschistischen Magazins „Expo“. Larsson galt als einer der weltweit führenden Experten für anti-demokratische, rechtsextreme und neonazistische Bewegungen. Der freiberuflich als Kriminalschriftsteller tätig war. Er hinterließ drei – von zehn geplanten – Kriminalromane um den Journalisten Mikael Blomkvist und die skurrile Meister-Hackerin Lisbeth Salander. Die Bücher 5 + 6 liegen als Exposés, der vierte Teil als teilweise fertiggestelltes Manuskript vor.

Die Millenium-Trilogie umfasst die Romane „Män som hatar kvinnor“ (2005), „Männer, die Frauen hassen“, deutscher Titel: Verblendung“/2006; „Flickan som lekte med elden“ (2006), „Das Mädchen, das mit dem Feuer spielte“, deutscher Titel: „Verdammnis“/2007 sowie „Luftslottet som sprängdes“ (2007), „Das Luftschloss, das gesprengt wurde“, deutscher Titel: „Vergebung“/2008. Weltweit wurde diese Krimi-Trilogie über 15 Millionen mal verkauft, alleine in Schweden über 3,5 Mio und bei uns über 3 Mio Exemplare. Stieg Larsson rangierte 2008 global auf Platz 2 nach Khaled Hosseini („Der Drachenläufer“); sein Roman „Verblendung“ war im gleichen Jahr eines der bestverkauften Bücher innerhalb der EU. Der Film kam am 27. Februar 2009 in die schwedischen Kinos und zählt in ganz Skandinavien zu den erfolgreichsten Kinofilmen aller Zeiten.

Der Film „Verblendung“ ist ein solide inszenierter Thriller, der die 700seitige Buchvorlage auf eine spannende Detektivgeschichte fokussiert. Wo der Roman mit vielschichtigen, atmosphärischen Personen-Porträts und eine faszinierende Beschreibung der schwedischen Gesellschaft mit ihren abnormen „Sünden“ zeichnet, geht es hier um die diffizile Schnüffel-Arbeit des erfolgreichen, kompromißlosen und deshalb gefürchteten Enthüllungsjournalisten Mikael Blomkvist (MIKAEL NYQVIST) vom „Millenium“-Magazin. Der wird vom 82jährigen Patriarch eines mächtigen Familien-Konzerns, Henrik Vanger (SVEN-BERTIL TAUBE), beauftragt, den vermutlichen Mord an seiner Lieblingsnichte Harriet aufzuklären. Die verschwand vor über 30 Jahren auf mysteriöse Weise anlässlich eines Familienfestes. Offiziell ist der Fall unaufgeklärt, abgeschlossen, beendet. Doch jedes Jahr geschieht immer wieder dasselbe: Pünktlich zum Geburtstag erhält der Senior von Harriet eine Trockenblume ins Haus geschickt. Im hohen Alter unternimmt der Alte deshalb einen letzten Versuch zur Aufklärung dieser Tragödie, die ihm keine Ruhe läßt. Denn er glaubt, daß ihn Harriets Mörder mit „diesem Präsent“ verhöhnen will. Deshalb soll der gewiefte Mikael Blomkvist `ran, um nochmal aufwändig und ausgiebig zu recherchieren. Bei hohem Honorar. Doch auch der Journalist tappt zunächst im Dunkeln, entdeckt weder Spuren noch kann er Verbindungen ausmachen. Doch dann kommt er mit der „schrägen“, „düsteren“ Punker-Hackerin Lisbeth Salander (NOOMI RAPACE) in Kontakt, und sie vermag ihm zu helfen. Beide kommen einer abgründigen, äußerst bösartigen, grausamen Geschichte um Korruption, Mord, Inzest und Nazi-Sippschaft auf die widerwärtigen Schliche. Dabei trifft der Originaltitel des Romans den üblen Kern präzise: „Männer, die Frauen hassen“…

Ein spannender Film. Mit hervorragenden Hauptakteuren, vor allem NOOMI RAPACE als traumatisierte Lisbeth ist eine sensationelle Entdeckung. Die junge Frau, die nie eine Schauspielschule besucht hat, ist körpersprachlich, in Bewegung, Gedanken, Ausdruck, weibliches Dynamit, eine Wucht, besitzt eine aufregende mentale Reizkraft. Mit ihrem „Gothic-Look“ und ihrem introvertiertem Auftreten „knallt“ sie alles nieder. Ein schauspielerisches Natur-Ereignis! Während Mikael Nyqvist, bekannt aus dem auch bei uns geschätzten Schweden-Film „Wie im Himmel“ (2004), als idealistischer wie charismatischer Schnüffler ordentlich „in die Gänge“ kommt: Aber da sind wir sogleich bei den Schwächen des Films: Die erzählerische Virtuosität Larssons findet sich nämlich nur bedingt wieder. Die Filmstory kommt nur behäbig in Schwung; die aufgebaute, chiffrierte Geheimniskrämerei wirkt mitunter zähflüssig, doch wenn dann endlich und auch gedanklich der Fall vorankommt, ist auch die Spannung und Anteilnahme nicht weit. „Verblendung“ ist ein kleiner-großer Blick auf die Abgründe menschlichen Handelns und als Film zum Klasse-Thriller immer noch und allemal zu empfehlen (= 4 PÖNIs).

Teilen mit: