PÖNIs: (2,5/5)
„VENOM“ von Ruben Fleischer (USA 2017; B: Scott Rosenberg; Jeff Pinkner, Kelly Marcel & Will Beall; K: Matthew Libatique; M: Ludwig Göransson; 112 Minuten; deutscher Kino-Start: 04.10.2018).
Gastkritik von Caroline „Carrie“ Steinkrug
Wenn sich die Produktion eines Films über zehn Jahre hinzieht, ständig neue Kreative im Gespräch sind und auffällig viele Leute am Drehbuch arbeiten, dann lässt das meistens nichts Gutes erahnen. So erging es auch diesem Projekt von MARVEL und SONY. Der Titelheld dabei ist jedoch kein unbeschriebenes Blatt. Ursprünglich gedacht als „organischer“ Ersatzanzug für Spider-Man, etablierte sich der Alien-Symbiont langsam aber sicher zum eigenständigen Hauptcharakter. Als extraterrestrischer Parasit vom Planeten Klyntar, auf der Suche nach fremden Körpern. Sein Ziel: Verschmelzung als Überlebenstaktik. Sein bekanntester Wirt: Eddie Brock. Mit ihm zusammen formt er den Anti-Helden VENOM. Dieser hatte bereits im dritten Teil von Spider-Man (s. Kino-KRITIK) seinen ersten Auftritt im MCU (= Marvel Cinematic Universe). Damals noch gespielt von Topher Grace, heute von Tom Hardy. Das Ergebnis: eine Leinwand-Einführungsrunde nach Schema F.
Eddie Brocks (TOM HARDY), investigativer Journalist, ist vor allem bei mächtigen Wirtschaftsunternehmen extrem unbeliebt. Deswegen hat ein provozierendes Interview mit der Life Foundation auch schwere Folgen für ihn. Er verliert seinen Job, seinen Ruf und seine Verlobte. Denn diese Firma forscht am lebenden Menschenobjekt und ist keineswegs daran interessiert, dass irgendjemand ihre Leichen aus dem Keller holt. Also jene Probanden, denen die seltsame Lebensform aus dem All bereits das Leben genommen hat.
Der Aufbau ist ideenlos. Es geht – wie in fast jeder Comic-Verfilmung – zunächst um das Kennenlernen und die Entstehung der Figur. An sich keine schlechte Idee, doch hier dauert die Ouvertüre zu lange, bis die Action endlich in Fahrt kommt. Zwar wird die finstere Atmosphäre des Weltraum-Unbekannten anfangs solide in Szene gesetzt; sie besitzt aber nicht die Intensität, um das Geschehen lange eigenständig zu tragen. Wird es endlich optisch-wild, funktioniert es recht gut. Die Spezialeffekte und die Stunts greifen harmonisch ineinander, was zeitweise passabel unterhält. Hauptdarsteller TOM HARDY fügt sich problemlos in diesen Vorgang mit ein. Er ist „außerirdisch“ toll besetzt. Sein Eddie alias VENOM ist böse-charmant, abgewrackt-mächtig und schizophren-heldenhaft. Seine Statur glaubhaft stark genug, um einen solchen Parasiten überhaupt überleben zu können. Schlichtweg: ER trägt den Film. Und das ist auch bitter nötig, denn die FSK-Freigabe ab 12 Jahren bleibt ein großes Problem. Zwar hängt von abgebissenen Köpfen nicht gleich die gesamte Qualität ab, aber die Beschneidung der recht brutal-gezeichneten Vorlage hin zu einem „kinderfreundlichen“ Unterhaltungskino zerstört viel. Dem amorphen Symbionten fehlt einfach der Horror, der bei Ridley Scott 1979 noch ein anderes „Alien“ umgab. Schade, denn das Potential wäre da gewesen.
Während Christopher Nolan einst DCs Batman als „dunklen Ritter“ trotz niedriger Altersfreigabe erfolgreich inszenierte (s. Kino-KRITIK), wurde MARVELs Bad-Man „Venom“ leider in der Kinderabteilung abgegeben. Hoffentlich holen sie ihn daraus schnell wieder ab. Die Szene nach dem Abspann lässt jedenfalls ein wenig Optimismus zu (= 2 1/2 „Carrie“-PÖNIs).