„TRANSCENDENCE“ von Wally Pfister (USA 2013; B: Jack Paglen; K: Jess Halle; M: Mychael Danna; 119 Minuten); als Kamera-As hat sich der 52jährige Walter „Wally“ Pfister einen hervorragenden Namen gemacht. Vor allem seine Zusammenarbeit mit dem derzeit innovativsten Hollywood-Regisseur – Christopher Nolan – war besonders erfolgreich. Für vier ihrer beider Filme, „Batman Begins“, „The Dark Knight Rises“, „Prestige – Der Meister der Magie“ und „Inception“, wurde er für den Kamera-„Oscar“ nominiert; für „Inception“ gewann er 2011 die begehrte Trophäe. Für seinen ersten Regie-Film hat er sich ein aktuelles Thema ausgewählt: Die fortschreitende digitale Macht auf der Erde. Im fiktionalen Heute. Wo der Mensch auf Deibel komm ´raus forscht und forscht und erfindet und erfindet, egal, ob es ihm, dem Menschen, nutzt oder nicht. Hauptsache, es kommt „dabei“ „was ´raus“. Also ganz etwas Neues. Spektakuläres. Fortschrittliches. Verkaufbares. Also profitables. Völlig salopp gesprochen. Und unwissenschaftlich.
Hollywoods Superstar JOHNNY DEPP, 50, dessen Karriere derzeit still steht, siehe zuletzt „Lone Ranger“, mimt einen Hochkaräter von Wissenschaftler, Dr. Will Caster. Zusammen mit seiner Ehefrau und Kollegin Evelyn (REBECCA HALL) und seinem besten Freund Max Waters (PAUL BETTAMY) hat er einen „intelligenten“ Supercomputer entwickelt. Der über menschliche Emotionen verfügt und diese selbständig zu reflektieren versteht. Allerdings nicht aus gierigem (geldwertem oder politischem) Eigennutz, sondern als Human-Hilfe für die Menschheit. In der Zukunft: Wo alles friedlicher und sauberer zugehen soll. In Sachen Versorgung und Umwelt. Kurz vor Vollendung ihres visionären Produktes wird auf Will ein Attentat verübt.
Radikale Technologie-Gegner wollen mit aller Macht (und Gewalt) verhindern, dass eine Art „Pixel-Gott“ geschaffen wird. Entsteht. Fast tot, dirigiert der gute Doktor seinen letzten Versuch. An sich selbst. Sein menschliches Bewusst-Sein wird digitalisiert. Was soviel bedeutet, dass sein Gehirn mit diesem fast fertigen Supercomputer verbunden, vernetzt wird. Fortan ist Dr. Will Caster zwar „irdisch“ tot, lebt aber über den Bildschirm kommunikativ weiter. Ist fortan ständig „lebendig“ auf dem Schirm. Kann von dort mit-bestimmen, mit-verfügen, wie es nun weitergeht. Mit der Masse von Daten, mit „den Dingen“ unseres Lebens, mit der Menschheit überhaupt. Denn jetzt bekommt und besitzt der immer klüger werdende Daten-Mensch ALLE verfügbaren Informationen, die für einen „totalen Herrscher“, präziser: Alles-Wisser, also Alles-Bestimmer, Welt-Führer, zusammenlaufen. Was er „damit“ dann anstellt… weiß der Gott-Geier.
Deshalb wird der eingangs seriös, im Dienste der Menschheit aufgetretene Forscher Will zu einer – möglichen – weltlichen Gefahr. Sein Appetit nach Informationen, Daten, also MACHT, ist jedenfalls riesig. Ebenso wie nach seinem Sauerstoff = Energie: „Schaltet mich online, ich brauche mehr Kraft“. Solange seine Evelyn hier, im irdischen Da-Sein, weiterhin zu ihm steht, „mitmacht“, ihn versorgt, wird ER immer unangreifbarer. Was die Widerständler erneut und nun „umfangreicher“ auf den aktiven wie aggressiven Plan ruft. Übrigens – unter deren vielen anonymen Gesichtern dort ist nun auch MORGAN FREEMAN als Joseph Tagger, einstiger Mentor von Will, zu erkennen. Der inzwischen die Seiten gewechselt hat. Aus dem Fiction-Movie „Transcendence“ wird jetzt ein Cyber-Thriller.
Allerdings kein besonders guter. Positiv: Wally Pfister argumentiert, natürlich, lange Zeit mit einer beeindruckenden erzählerischen Optik. Seiner „Hausmannskost“. Über die atmosphärischen Motive seines Kameramannes Jess Halle. Wenn an einem lausigen, staubigen Wüsten-Ort, so etwas wie „Cyber-Town City“ entsteht. Ober- wie unterirdisch. Mit diesen vielen Monitoren. Dem blinkenden Sein. Mit den weißen riesigen engen Gängen. Und überhaupt: Diese verstörende glänzende Mechanik. Beziehungsweise: Wenn Technik eine Seele verpasst bekommt. Dann ist der Film in seinem spannend-faszinierenden Denk-Element. Weiß sich aufzuplustern. Mit Erinnerungen an den einstigen sprechenden Computer-Star: HAL 9000. In Stanley Kubricks Meisterwerk „2001: Odyssee im Weltraum“ von 1968. Wo die vom Menschen entwickelte „Mechanik“ sich als künstliche Intelligenz positionierte, um dann ein unberechenbares Eigenleben zu entwickeln. Wie hier auch. Wo der Film zunehmend – negativ – zwischen lärmender Zukunftswarnung und triefendem Öko-Pathos hin und her schlingert. Zu einem „Krimi“ mit faden herkömmlichen Spannungsmustern mutiert. Mit kaum identifizierbarem „grünem“ wie kaltem „Gegen“-Personal, das marionettenhaft-anonym bleibt und blödsinnigerweise immer erst schießt und dann argumentiert.
Was kürzlich Spike Jonze mit „HER“ so eindrucksvoll gelang, nämlich eine faszinierende Reflexion über denk-bare, baldige „Moderne Zeiten“ herzustellen, in der unsere hochentwickelte Technik zu Vereinsamung und Künstlichkeitsprotz, also zu einem leeren Ersatzleben führt, verkommt hier letztlich zu einem konventionellen Hauen und Schießen. Mit dann sogar ganz putzigen Zombie-Mutanten. Während der eher stark unterkühlte Johnny Depp seinen gierigen Strom-Despoten nur als Behauptung bedient und nicht als furchteinflößende Macht-Figur ´rüberkommt. Wie erklärt.
Da fällt mir ein, clevere Filmleute hierzulande (wenn es die denn gibt) wären doch jetzt gut beraten, mal wieder den alten verbrecherischen Preußen-Dreckskerl Dr. Mabuse zum filmischen Spannungsleben zu erwecken. Hätte doch ´was: Das ewige Duell um die Weltherrschaft wird jetzt am und im HIESIGEN Rechner ausgetragen… (= 3 PÖNIs).