THE UNITED STATES vs. BILLIE HOLIDAY

PÖNIs: (4/5)

„THE UNITED STATES vs. BILLIE HOLIDAY“ von Lee Daniels (Prod. + R; USA 2019; B: Suzan-Lori Parks; nach dem Buch „Chasing the Scream: The First and Last Days of the War on Drugs“ von Johann Har/2015 (in Deutschland im selben Jahr unter dem Titel „Drogen: Die Geschichte eines langen Krieges“ veröffentlicht); K: Andrew Dunn; M: Christopher Gunning; 130 Minuten; deutscher Heimkino-Start: 14.5.2021);

Mit der überragenden Soul- und R&B-Sängerin UND jetzt auch (brillanten) SCHAUSPIELERIN ANDRA DAY (36) im Titelpart als BILLIE HOLIDAY (*7. April 1915 – †17. Juli 1959), die mit Ella Fitzgerald und Sarah Vaughan zu den bedeutendsten US-amerikanischen Jazz-Sängerinnen zählt. Aber diesen = solchen Film nicht verdient hat. Von wegen – er ist ein Sammelsurium von Andeutungen, „Ausführungen“, gelungenen Montagen (etwa wenn die Künstlerin auf Tournee ist) oder mit Verweisen auf ihre Verfolgung und die vielen Demütigungen durch hasserfüllte weiße Jäger. Denen die afroamerikanische Billie Holiday ein rassistischer „Dorn im Auge“ ist. Weil sie „auffällig“ entgegengesetzte Positionen vertritt: die Freiheit des Denkens und Handelns. Darum bemüht sich ausgerechnet eine „minderwertige“ dunkelhäutige populäre Lady. Nachdem ihre Jugend alles andere als „normal“ oder gar „erfreulich“ war. So dass aus dieser lautstarken und drogenabhängigen Protest-Frau und Sex-Göttin zwangsläufig eine „musikalische“ Rebellin wurde. „Werden musste“? Wie sie Regisseur Lee Daniels, der mit Filmen wie „Precious – Das Leben ist kostbar“ (2009/s. Kino-KRITIK) und „Der Butler“ (2013/s. Kino-KRITIK) auch hierzulande viel Aufmerksamkeit erreichte, hier interpretiert. Zunächst als Vorwort: „1937 befasste sich der US-Senat mit einem Gesetzentwurf, der dem Lynchen von Afro-Amerikanern endgültig ein Ende setzen sollte. Das Gesetz wurde nicht verabschiedet. Billie Holiday wurde unter anderem durch ihren Song ‚STRANGE FRUIT‘ berühmt, einer lyrischen, grausamen Beschreibung eines Lynchmordes“. Dann als Hymne. Eben: „STRANGE FRUIT“. Ein Lied, dessen Text „offiziell“ „unangenehm“ auffiel. Wütende „amtliche“ Gegenreaktionen auslöste. Durch herrschende weiße Macht-Männer: „Die Südstaaten-Bäume tragen merkwürdige Früchte. Blut auf den Blättern und Blut an der Wurzel. Schwarze Körper baumeln im Südstaaten-Wind. Merkwürdige Früchte hängen von den Pappeln. Idyllische Szene im prächtigen Süden. Die hervorgetretenen Augen und der entstellte Mund , der Duft von Magnolien süß und frisch und plötzlich der Geruch von verbranntem Fleisch. Dies ist eine Frucht, die von Krähen zerrissen wird, die vom Regen benetzt wird, an der der Wind rüttelt, die in der Sonne verrottet, die vom Baum fallen wird. Dies ist eine merkwürdige und bittere Ernte“. (Übrigens: 1978 wurde Billie Holidays Single „Strange Fruit“ in die‘ Grammy Hall of Fame‘ aufgenommen. Und – das ‚ Time Magazine‘ nannte das Lied „Song des Jahrhunderts“).

Ende der 1930er-Jahre, zur Zeit der Rassentrennung in den USA: Das Elend ihrer Jugend hinter sich gelassen, ist Billie Holiday aufgestiegen. Feiert als Sängerin Triumphe. Und „spaßt“ mit ihren Verehrern. Gleichzeitig raucht sie ununterbrochen und ist mit Drogen befeuert. Die Regierung setzt sie unter Druck: Für dieses „verdammte Lied“ wird ein Aufführverbot angeordnet. Weil sie sich aber nicht daran hält, setzen die Behörden den schwarzen Bundesagenten Jimmy Fletcher (TREVANTE RHODES) auf Billie Holiday an. Sein Auftrag: Er soll ihre Schwäche für Drogen und Männer publik machen und gegen sie verwenden. Doch als der Beamte dieser Frau mit der unverwechselbaren Stimme begegnet, ist es emotional um ihn geschehen. Er verliebt sich in sie. Zudem: Billie Holiday ist alles andere als kleinzukriegen. Allerdings: Sie vermag zwar einzigartig prächtig singen, kommt aber mit ihrem Leben nicht „klar“. Sie qualmt wie ein Schlot und betäubt sich mit Drogen. Während wir schließlich erfahren, dass Lynchmorde in den USA immer noch nicht verboten sind. Ein 2019 eingebrachtes Gesetz wurde aufgrund des Vetos des Senators aus Kentucky nicht beschlossen. Debütantin ANDRA DAY, die in diesem Jahr mit dem „Golden Globe“ in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin Drama“ ausgezeichnet und auch mit einer „Oscar“-Nominierung bedacht wurde, trägt diesen Streifen mit einer brillanten Lebendigkeit und beeindruckt stimmlich durch glanzvolle Auftritte. Und sorgt selbst auf dem Sterbebett für Wutempörung, als Drogenfahnder sie dort wegen angeblichen Besitzes von Heroin verhaften.

Mag die Inszenierung fahrig sein, mögen die dramaturgischen Wechsel nicht stimmig wirken, alleine die „heutige Billie Holiday“-ANDRA DAY hier so zu sehen, zu empfinden, zu genießen, zu erleben, ist  unterhaltungsmäßig eine kraftvolle Inspiration und darstellerisch eine Wonne-Wucht. Ab sofort NEU im HEIMKINO (= 4 PÖNIs).

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