„TRILOGIE EINES LEBENS“ von Terence Davies (B + R; GB 1976, 1980, 1983; K: William Diver; schwarz-weiß;
101 Minuten; Erstaufführung im BRD-TV: 30.6.1994 / 3sat).
Das ist erfreulich. Nachdem der Engländer TERENCE DAVIES mit seinem auf der ganzen Welt vielgelobten Meisterwerk “Distant Voices, Still Lives“ auch in Berlin beim Kino-Publikum bestens ankam, kommen jetzt seine drei zuvor- gedrehten Kurzfilme gebündelt und unter dem Ober-Titel „TRILOGIE EINES LEBENS“ diese Woche ins Programm. Dabei werden Lebensweg und Schicksalsschläge eines Robert Tucker aus Liverpool beschrieben. Mit stark autobiographischen Zügen, aber innerhalb eines zeitlosen Rahmens.
In “CHILDREN“, 1976 entstanden und 46 Minuten lang, geht es um die dunkle, freudlose Kindheit des Robert Tucker. In einer schäbigen, aggressiven Umgebung ist der Junge dem Gespött der Stärkeren und Erwachsenen und ihrer Gewalt hilflos ausgeliefert. Schule und Elternhaus treiben ihn schon bald in die Rolle des gepeinigten Außenseiters. Der Vater ist krank und ekelhaft, die Mutter fügt sich geduldig in ihre schmerzhafte Rolle. Das Kind sieht und erlebt die Hölle. Wie der Jugendliche später auch.
1980 entstand der 30minütige Film “MADONNA AND CHILD“. In dem führt Robert Tucker nun eine trostlose Büroexistenz. Seine durch Erziehung und katholische Moral vollbelastete Seele wird durch sein nächtliches Doppelleben zusätzlich strapaziert. Robert Tucker ist schwul, und das bedeutet für ihn zusätzliche Schuld. und, zusätzlicher Druck. Sein Hunger nach Wärme und Zärtlichkeit erfüllt Zuhause die Mutter. Ihr Tod lässt ihn vollends kaputtgehen.
“DEATH AND TRANSFIGURATION“, der 1983 entstandene halbstündige Abschluss, heißt denn auch folgerichtig die letzte Begegnung mit dem altgewordenen Robert Tucker. Regungs- und bewegungslos siecht er im Krankenheim vor sich hin, während der Kopf konzentriert arbeitet und viel an sein trübes, trauriges Leben zurückdenkt. Ein Greis stirbt so wie er gelebt hat. Einsam, kaum beachtet, qualvoll. Der Tod ist für Robert Tucker wie eine Erlösung. Ende.
“Trilogie eines Lebens“ ist eine filmische Kompromisslosigkeit. Eine Abrechnung mit einem Ich-Teil des Terence Davies, zugleich Bestandsaufnahme und Selbstanalyse,. Dabei geht der Künstler streng, aber nicht mitleidvoll vor. Beschreibt, aber klagt nicht an. “Trilogie eines Lebens“ erinnert an unsägliche Verletzungen, tut weh und ist doch mutig, couragiert, hoffnungsfroh. “Trilogie eines Lebens“ ist ein gewaltiges, kleines Filmwerk.