PÖNIs: (3/5)
„TENET“ von Christopher Nolan (B + Co-Produktion + R; USA/GB 2019; K: Hoyte van Hoytema; M: Ludwig Göransson; 150 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.08.2020).T E N E T von CHRISTOPHER NOLAN (B, Co-Produktion, R)= KINO-START am MITTWOCH, 26. August 2020: Christopher Nolans Meisterwerk „Inception“ (s. Kino-KRITIK) holte vor zehn Jahren die Kinofilm-Interessenten durch drei Dinge ab: ACTION; PHILOSOPHIE und WISSEN(schaft). Hinter die ersten beiden Verlockungen kann auch „TENET“, das Budget wird auf rund 220 Millionen Dollar vermutet, getrost einen dicken Plus-Haken setzen: Schauwert und Gedankenspiel sind enorm. Was das Schaffen von Wissen angeht, lässt der Film-Gigant sein Publikum allerdings am langen Arm verhungern. Beinahe unnatürlich schnell akzeptieren die Figuren den komplizierten Algorithmus (= Vergangenheit vor bedrohlicher Zukunft schützen) sowie die wahnwitzigen Gegebenheiten, die sie in den für den Film so prägenden Showtanz mit der Zeit hineinziehen. Und fast schon zu natürlich und selbstverständlich tauchen sie „einfach“ darin ein und ab. Ohne große Fragen und langes Erstaunen. Allein der Titel und ein paar wenige Easter Eggs in Form von (Firmen-)Namen lassen letztlich darauf schließen, dass Nolans neues Was-wäre-wenn-Konstrukt auf das so genannte SATOR-Quadrat zurückzuführen ist. (Sich darüber im Vor- oder Nachhinein zu belesen, ist demnach keine dumme Idee). Die bereits Wissenden im Kinosaal werden sich folglich an den unterspurigen Hinweisen erfreuen … den Nichtwissenden werden sie schlichtweg entgehen, weil sie dermaßen versteckt sind, dass sie schon annähernd egal sind. Ein schmerzlich verschenktes Potenzial, denn eine geistige Auseinandersetzung-damit hätte nicht nur das Titelwort TENET erklärt, sondern gleichsam das Werk mit intelligentem Fleisch gefüllt. Und das fehlt. Ebenso wie Soundgenie Hans Zimmer. Eingebunden in seine Derzeit-Arbeit an den kommenden „DUNE“-Neuverfilmung gab er diesen Job ab an seinen schwedischen Kollegen LUDWIG GÖRANSSON. Anstatt „gezimmerte“ Epik und tonale Opulenz flacht der lautstarke Score nach einer anfänglichen Opern-Stichflamme enttäuschend rasch zu einem seichten Melodie-Feuer ab, das dem aktionsreichen invertierenden Pomp der Bilder kaum die emotional brennende Stirn bieten kann.
Im Ensemble trennt sich derweilen die Spreu vom Weizen. Der Protagonist JOHN DAVID WASHINGTON verblasst stetig bemüht neben dem „russischen“ „Sator“ KENNETH BRANAGH sowie – leider viel zu kurz mit-dabei – Sir MICHAEL CAINE. Die erstaunlich bewegungsdynamische, engagierte Darstellung von ROBERT PATTINSON hingegen lässt einen vorsichtigen Optimismus für seinen kommenden „The Batman“-Fledermaushelden-Auftritt zu.
Fazit: „TENET“ oder – krass-visuelles, optisch mitreißendes Volldampf-ACTION-Kino, gemixt mit musikalisch-hohem Lautstärke-Regler, angesiedelt inmitten von verschiedenen Welten, um deren Überleben heftigst – auch schon mal rückwärts – gerannt, gerungen, gefightet wird. „TENET“, entstanden an Originalschauplätzen in sieben verschiedenen Ländern, ist eine Herausforderung. für Sinne und Kopf. Wie schon bei „Inception“ lautet die Hauptbeschäftigung zu erkennen: Was hier ist Wahrheit, Wahrnehmung, listige Täuschung, faszinierende Trickserei, gemeine List; überhaupt: existierend? Es bleibt zu hoffen, dass Christopher Nolan die Lichtspielhäuser mit seinem 11. Film wieder zu füllen vermag (= 3 PÖNIs).