TEN DEAD MEN

Heute klinke ich mich mal kurz aus der aktuellen DVD-Berichterstattung aus, um einen Film vorzustellen, auf den ich wahrscheinlich nie und nimmer gestoßen wäre, wenn mich nicht eine Kritik-Hymne des Kollegen Ivo Ritzer in der FAZ vom 20. Januar 2010 (!) darauf aufmerksam gemacht hätte. Dennoch hat es bis heute gedauert, dass ich mich „endlich“ auch um dieses „kleine Wunder aus England“ (FAZ) kümmern kann. Wobei der Originaltitel auch der „deutsche“ DVD-Titel ist:

TEN DEAD MEN“ von Ross Boyask (GB 2008; 84 Minuten von ursprünglich 108 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 15.10.2009).

Texte auf dem DVD-Cover: „Ultrahartes Brit-Kino!“. Sowie: „Vermietung und Verkauf nur an Erwachsene“. Aber auch: „Keine schwere Jugendgefährdung“. Der Münchner DVD-Anbieter heißt „Sunfilm“ und hatte massive Zensur-Schwierigkeiten mit diesem britischen Independentfilm (Budget: 250.000 Dollar). Und bekam zunächst keine Freigabe. Auch nach erheblichen Kürrzungen gab es die FSK-Freigabe nicht. Schließlich verzichtete der Anbieter auf das hiesige Siegel mit der empfohlenen FSK-Alterseinstufung und brachte den um rd. 25 Minuten sowieso schon gekürzten Film auf den DVD-Markt.

„Wir sind nur begeisterte Amateure“, behaupten Produzent PHIL HOBDEN und Regisseur ROSS BOYASK einhellig im „Making Of“-Bonusmaterial. Und verweisen auf filmische Genre-Vorbilder wie „Point Blank“ (einer meiner definitiven Action-Lieblingsfilme; von 1967; von John Boorman, mit Lee Marvin), dessen Mel Gibson-Remake „Payback“ (1998) und Comic-Knallern wie „Sin City“ + „The Crow“. Und nennen Einflüsse durch „robuste Regie-Handwerker“ wie Walter Hill („Straßen in Flammen“), Sam Peckinpah („Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“) oder Luc Besson („Nikita“) und John Woo („The Killer“).

Roy Boyask: Geboren in Brighton, studierte Medienwissenschaften an der Universität von Bournemouth. Schuf diverse Kurzfilme. 2004 entstand mit dem brutalen Rache-Thriller „Left for Dead“ sein erster eigener Langfilm. Als Low-Budget-Produktion. Vier Jahre später schießt er buchstäblich nach. Nur jetzt ausgefeilter. „Ten Dead Men“ handel vom Töten. Nur und ausschließlich vom Töten. Auch hier gibt der DVD-Cover-Text die Story-Vorlage: „Zehn Männer haben sein Leben gestohlen. Zehn Männer werden dafür bezahlen“. Peng.
Der Typ heißt Ryan (BRENDAN CARR). Ein Auftragskiller. Besser: Ein Ex. Ryan war mal der Beste seiner Zunft. Dann hat er Schluß gemacht. Weil er Amy (POOJA SHAH) kennen- und liebengelernt hat. Und durch bzw. über sie „die andere Seite des Lebens“. Von jetzt auf gleich stieg er aus. War weg. Verschwunden.

Doch dann „kriegte“ man ihn. Tötete Amy und ihn auch. Fast auch. Jedenfalls ist er zurück. Als eine Art Toter auf Urlaub. Der noch seine „Rache-Pflicht“ durchziehen will, bevor er endgültig aussteigt. 10 Männer müssen büßen. Sollen mörderisch bestraft werden. Dies wird nicht stringent erzählt. Sondern in Kapiteln. Damals, heute, zwischendurch. So in der (verständlichen) Art. „Mehr episch als dramatisch“ (FAZ). Wobei Ryan kaum etwas sagt. So wie einst dieser Frank Bono in dem 1961er Klasse-B-Gangster-Schwarz-Weiß-Movie „Blast of Silence – Explosion des Schweigens“ (von + mit Allen Baron) faszinierend im düsteren Dezember-New York herumtaumelte, seinem Schicksal entgegen, so wankt dieser „Zombie“ Ryan heute unaufhaltsam wie stumm durch diese bizarre britische Gefrierpunkt-Szenerie. Um seinen selbstgestellten Auftrag nach und nach „eisern“ durchzuführen. Begleitet von einem „coolen“ Kommentator (im Original: Doug Bradley). Der die existenzialistischen Seelenbefindlichkeiten „pointiert“ auf den kalten Erklärungspunkt bringt. „Am Ende hat Ryan alle getötet, aber niemanden besiegt“, resümiert die FAZ-Kritik süffisant.

„Ten Dead Men“ ist ein Gangsterfilm par excellence. Der NUR seinem harten, brutalen Thema verpflichtet ist. Sein will. Und keine Kompromisse schließt. Schon gar keine moralischen. Dies ist so und basta. Konsequenter und zynischer war ein Knallhart-Movie schon ewig nicht mehr. Und, obwohl schon gekürzt, gewöhnungsbedürftiger angesichts dieses Lau-Programms sonst.

Anbieter: „Sunfilm“.

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