„DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK“ von Hans Steinbichler (D 2015; B: Fred Breinersdorfer; K: Bella Halben; M: Sebastian Pille; 128 Minuten; Start D: 03.03.2016); wie begegnet man diesem Thema? Heute? Alles ist bekannt. Darüber gesagt. Gezeigt. Vor Ort, in Amsterdam, wie über die Literatur, die im Vorjahr, zum 70. Todestag von Anne Frank, wieder aufgelegt wurde. Was soll man über diese menschliche Tragik und dieses weltweit bekannte und erschütternde Nazi-Verbrechen denn noch sagen? Anlässlich dieses ersten deutschen Spielfilms? Schnitt. Der Film ist richtig. Und wichtig. Weil er trotz der bekannten „Ereignisse“ viel denkt. Zum Denken anregt. Viel empfinden lässt. Weil eben doch wieder diese fassungslose Wut aufsteigt. Über damals. Und weil heute schon wieder so viele eklig „Heil“ schreien.
Annelies Marie „Anne“ Frank, geboren am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main. Die jüdische Familie war nach der Machtergreifung der Nazis nach Amsterdam gezogen. Als die Nazis 1940 Holland okkupierten, wurde die Lage der Familie Frank immer schwieriger. Im Hinterhaus seiner Firma baute Otto Frank einen geheimen Unterschlupf. Auf rund 50 Quadratmetern verstecken sich ab 6. Juli 1942 bis zum 4. August 1944, bis zu ihrer Entdeckung durch Verrat, erst die Familie Frank und später dann auch Freunde. Acht Personen wollen in dem kleinen Raum überleben. Darunter Anne, die ihre Eindrücke in ihrem Tagebuch festhält.
Dieses Vermächtnis wurde erstmals 1947 unter dem Titel „Het Achterhuis“ („Das Hinterhaus“) in Amsterdam veröffentlicht. Anne Frank starb im Februar oder Anfang März im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Ihr Tagebuch wurde in 70 Sprachen übersetzt.
Der Film besitzt Würde. Und erreicht Gedanken wie Nerven. Hält sich eng an die Vorlage. Der renommierte Autor FRED BREINERSDORFER, nach dessen Drehbuch 2005 auch der „Oscar“-nominierte Film „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ von Marc Rothemund entstand und der auch am Drehbuch für den Neulich-Film „Elser – Er hätte die Welt verändert“ (2015) beteiligt war, bleibt mit seinem Drehbuch an den Worten des Tagebuchs, während Regisseur HANS STEINBICHLER („Winterreise“; TV: Landauer – Der Präsident“) diese eigentlich nicht auszuhaltende Situation der physischen wie psychischen Kammerspiel-Enge hochemotional, aber nie reißerisch auflöst. Im Mittelpunkt: Die gerade, am 20. Februar 2016, 17 Jahre jung gewordene deutsche Schauspielerin LEA VAN ACKEN. Mit ihr steht und gewinnt der Film. Wie sie diese verzweifelte, pubertierende und dann wieder hoffnungsvolle Anne Frank „nach-spielt“ oder die Tagebuch-Notizen aus dem Off rezitiert, geht unter die Haut. Diese bedrückende klaustrophobische Stimmung sorgt für enorme Anspannung. Mit der vergeblichen Hoffnung, dass doch eine Rettung möglich sein könnte….
Nach dem Film-Besuch ist das Interesse auf das Lesen des Tagebuchs (erneut) stark geweckt.
Dieser Film gehört unbedingt auch in das Programm des Schulkino-Angebots (= 4 PÖNIs).