„SWISS ARMY MAN“ von Daniel Scheinert und Daniel Kwan (B + R; USA 2015; K: Larkin Seiple; M: Andy Hull, Robert McDowell; 97 Minuten; Start D: 13.10.2016); es ist meistens ein irres, weil überraschendes Vergnügen, wenn US-Newcomer „einfach so“, aus der Traute heraus, loslegen können. Wie hier: Mit einem 3 Millionen-Dollar-Billig-Budget haben die beiden Debütanten DANIEL SCHEINERT & DANIEL KWAN ein uriges Independent-Leckerli erdacht & gewerkelt. Für das man allerdings „abgehärtet“ sein sollte.
Robinson Crusoe. Legendärer Seemann. Der – im gleichnamigen Roman von Daniel Defoe von 1719 – als Schiffbrüchiger rund 28 Jahre allein auf einer Insel verbringt. Irgendwann auf den „Wilden“ Freitag trifft. Ein Diener und Freund ist gefunden. Robinson heißt hier Hank (PAUL DANO). Ist auf einer Insel gestrandet und sichtlich lebensmüde. Bevor er jedoch, per Strick, Hand an sich legt, „trifft“ gerade rechtzeitig eine männliche Leiche ein. Hank nennt sie Manny (DANIEL RADCLIFFE), und Manny wird ihm ebenfalls Diener, Freund und Verbündeter. Denn Manny wird zum dauerfurzenden „Surfbrett“ für Manny, ebenfalls zum überlebenswichtigen Wasserspender, ist als Gewehr-Ersatz „zu verwenden“ und auch als Wegweiser per Erektion. Zudem – Manny vermag sogar zu sprechen. Sich auszudrücken und den manisch depressiven Hank, der einer großen Liebe nachtrauert, provokant-emotional „aufzubauen“. Wird für Hank zum unentbehrlichen (Überlebens-)Coach. Bei ihrer seltsamen Tour durch den Wald, hin zur Zivilisation zurück.
Schräg? Gewiss. Surreal? Aber hallo. Sämtliche Attribute für „ungewöhnlich“ dürfen hier tönen. Lese im Netz etwas von einem poetischen Hirn-Fick. Ebenfalls zutreffend. Genauso wie: bescheuert, Phantasie-überbordend, einfalls-toll, philosophisch-nuanciert, schrill-spinnig. Im Kino heutzutage auf etwas wirklich Neues, Ungewöhnliches, absurd-Kompaktes zu treffen, ist selten geworden. Will sagen – nun habe ich schon so vieles filmisch über mich ergehen lassen, doch DIES HIER erfüllt den unterhaltsamen Tatbestand von Überrumplung, Neu-Ferkelei, Chemie-Spaß. Motto: Wenn die Gefühle extrem knallen. In einer tragikomischen Erlebniskuriosität um Sinn- & Erfüllungssuche. Im Leben des Outlaws Hank.
PAUL DANO. Aus New York City. Beim heute 32jährigen ist immer – im besten Sinne – reiz-volle „Alarmstimmung“ angesagt. Dano ist kein Bedienungsschauspieler, sondern ein großartiger darstellerischer Überzeugungstäter. Der mit beziehungsweise in jeder Charakter-Rolle für erhebliche nervliche Unruhe sorgt. Ob als schweigsamer Dwayne in „Little Miss Sunshine“ (2006); ob als gepeinigter Sohn von Daniel Day-Lewis in „There Will Be Blood“ (2007); ob als verdächtigter Entführer in „Prisoners“ (2013) oder neulich als junger „Beach Boy“ Brian Wilson in „Love & Mercy“ (wofür er eine „Golden Globe“-Nominierung bekam), PAUL DANO regt immer an und auf. Hier gemeinsam mit dem besten, also schärfsten Toten der Filmgeschichte: Dem Briten DANIEL RADCLIFFE. Der 26jährige, der hier wie ein blasser „Buster Keaton“ tickt, hat nun endgültig seinen „Harry Potter“ abgestreift, um als launiger Manny-„Düsenantrieb“ für heftig-deftige Aufmunterungen zu sorgen. Dano & Radcliffe sind ein herrlich-groteskes Slapstick-Paar.
Der Film-Titel? Lautet im Deutschen so viel wie „Taschenmesser-Mann“ und bezieht sich auf die vielen verschiedenen = speziellen Funktionen, über die Manny verfügt.
„SWISS ARMY MAN“ oder: Hier gibt es nur ja oder nein. Ich stimme für viel-ja (= 3 ½ PÖNIs).