STRANGER THAN PARADISE

„STRANGER THAN PARADISE“ von Jim Jarmusch (B + R; USA 1984; K: Tom DiCillo, M: John Lurie; 89 Minuten; deutscher Kino-Start: 09.03.1984); einem 31-jährigen New Yorker Filmakademie-Absolventen, Musiker und Performance-Künstler, der davor nur einen Film gemacht hat, und zwar 1980 “Permanent Vacation“. Ein zweiter entstand auf recht ungewöhnliche Weise. 1982 begann Jarmusch mit ganz wenig Geld und teils geborgtem Filmmaterial mit der Arbeit für einen 30-minütigen Schwarz-Weiß-Streifen. Der hieß damals schon “Stranger Than Paradise“, lief auf verschiedenen amerikanischen und europäischen Festivals, unter anderem auch in Hof, und fand dann nicht nur viel Lob und Zuspruch, sondern auch einen Mäzen und Produzenten für die Weiterarbeit an diesem Stoff zu einem abendfüllenden Spielfilm.

Diesen inhaltlich zu beschreiben, fällt nicht leicht. Nicht etwa, weil er so kompliziert und verschachtelt wäre, nein das nicht, sondern deshalb, weil sein „eigentlicher“ Inhalt aus den Bildern kommt, aus den Bewegungen und Gesten der Beteiligten – also aus dem, was nicht gesagt, gesprochen wird. Worum geht es?

Eva, eine junge hübsche Ungarin, kommt nach New York. Dort trifft sie ihren Cousin Bela, der seit zehn Jahren in der Metropole lebt und nur noch Willie genannt werden will. Und im Übrigen von Budapest und früheren Zeiten nichts mehr hören mag. Willie ist ein Eigenbrötler, der sich mit Freund Eddie mit Glücksspiel und Wetten über Wasser hält. Evas Besuch ist ihm gar nicht recht, aber als sie dann nach 10 Tagen in Richtung Ohio zu einer Tante abhaut, fehlt ihm plötzlich was. Ein Jahr später haben Willie und Eddie eine ganze Menge Geld beim Pokern gemacht, fast 600 Dollar, und machen sich auf den Weg nach Ohio, um Eva zu besuchen. Und schließlich geht es dann zu dritt in Richtung Florida, dem Paradies, wo sich das Trio eher zufällig und ganz unbeabsichtigt auflöst.

Ein Road-Movie, eine Komödie, ein schwarz-weißes, wunderschönes Gedicht über das Außenseiter-Amerika, das ist „Stranger Than Paradise“. Oder auch: „Jules und Jim“ im Amerika der 80er, oder aber auch „Paris, Texas“ aus amerikanischer Sicht – also: „Texas, Paris“. Eine Liebeserklärung an das Leben, das Herumhängen, eine Lobpreisung auf den Genuss, im ganz normalen Alltag, der so viel Spaß bereiten kann. Ein Film mit drei hervorragenden Schauspielern – John Lurie, Eszter Bálint und Richard Edson – und Bildern, die in ihrer Kargheit und Schlichtheit mehr Gefühl rüberbringen, als ein Bunt-Stoff je auszudrücken vermag.

„Stranger Than Paradise“ ist für mich der beste Film des Jahres 1984. Der Titel „I put a spell on you“, gesungen von Screamin‘ Jay Hawkins, begleitet dieses kleine tolle Off-Hollywood-Meisterwerk (= 5 PÖNIs).

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