„STOLZ UND VORURTEIL & ZOMBIES“ von Burr Steers (B + R; USA/GB 2014/2015; nach dem gleichnamigen Roman von Seth Grahame-Smith/2009, basierend auf dem Roman-Klassiker „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen/1813; K: Remi Adefarasin; M: Fernando Velázquez; 108 Minuten; Start D: 09.06.2016); Kunstsachverständige rümpfen empört die Nase; sensible Kunstexperten sind bestimmt erschüttert. Was man bzw. „Mann“ im Namen der Pop-Kultur so alles „Schändliche“ anzurichten vermag. Ich finde bzw. empfinde es als urig. Originell-unanständig. Pointiert unterhaltsam. Zudem lenkt „die neue, ergänzende Betrachtung“ das Augenmerk auch auf den Ursprung zurück: auf ein literarisches Ewig-Kunstwerk. Das hier, je nach Betrachtung & Interpretation, fein – arg „geschändet“ wurde.
Der phantasievolle Verursacher: SETH GRAHAME-SMITH. Um mir textliche Wiederholungen zu ersparen, verweise ich auf meine Kritik zum Film „Abraham Lincoln Vampirjäger“ (s. Kino-KRITIK), der ebenfalls auf einem „Mach-Werk“ von Seth Grahame-Smith basierte, filmisch allerdings mehr in Richtung Genre-Müll tendierte. Diese neuerliche Leinwand-Adaption einer literarischen Bestseller-Frechheit von Seth Grahame-Smith, 2009 erstveröffentlicht, seitdem über eine Millionen Mal weltweit verkauft, in 20 Sprachen übersetzt und hierzulande seit April 2016 als Taschenbuch erhältlich, ist dagegen köstlich.
STOLZ UND VORURTEIL: Der Roman-Klassiker von JANE AUSTEN (1775-1817). Dank unzähliger Auflagen bislang weltweit über 20 Millionen Mal verkauft. Dazu: eine Broadway-Musical-Interpretation (von 1959) sowie einige Verfilmungen, die berühmtesten entstanden 1995, die BBC-Mini-Serie mit Colin Firth als Mr. Darcy, und 2004 unter der Regie von Joe Wright, mit Keira Knightley und Matthew Macfayden sowie Brenda Blethyn und Donald Sutherland in den Hauptrollen. Britannien im frühen 19. Jahrhundert. Das klassenbewusste England. Familie Bennet zählt in Hertfordshire zum verarmten Land-Adel. Umso mehr ist Mrs. Bennet (Sally Phillips) vor allem daran interessiert, ihre fünf, sich im heiratsfähigen Alter befindenden Töchter „gut“, als versorgt, unter die Haube zu bekommen. Was allerdings nicht mehr nur das einzige Problem in dieser allseits bekannten Historien-Gesellschafts-Geschichte ist, denn: Man duelliert sich nicht mehr ausschließlich an emotionalen Fronten, sondern „handfest“. In England grassiert eine Untoten-Seuche, nach allgemeiner Ansicht „natürlich von den Franzosen“ eingeschleppt, deren Vertreter am Liebsten menschliche Hirne futtert. Deshalb hat auch Hausherr Mr. Bennet (CHARLES DANCE) großen Wert darauf gelegt, dass seine Töchter in China sich die Kampfkunst bei Shaolin-Mönchen aneigneten. (Natürlich: bessere Familien ließen ihren Nachwuchs lieber in Japan ausbilden). Um gewappnet zu sein, wenn die Zombies auftauchen. Attackieren. Und sie kommen. In Mengen. Was aber die furchtlosen fünf weiblichen Bennet-Musketiere locker „annehmen“. Beziehungsweise: abwehren. Allen voran: Die selbstbewusste wie attraktive Elizabeth (die 2015er „Cinderella“ LILY JAMES), zweitälteste in der Mädels-Truppe und eigentlich gar nicht so sehr darauf erpicht, einen begüterten „Versorger“ aufzutreiben, im Gegenteil: Elizabeth ist willensstark, stolz wie kühn. Lässt sich nicht so einfach „an den Mann“ bringen. Also: eigentlich gar nicht.
Womit, wodurch fortan der professionelle Zombie-Jäger Darcy, der smarte, von Elizabeth höchst „inspirierte“ Oberst Darcy (SAM RILEY), so seine Gefühlsprobleme bekommt. Denn „Stolz und Vorurteil & Zombies“ besitzt auch erotischen Shakespeare-Charme: „Viel Lärm um Nichts“ oder: Was sich liebt, das neckt sich erst einmal bekanntlich. Gehörig. Heftig. Deftig. Beide spüren zwar Verbundenheit, vermögen sich das aber nicht eingestehen. Zumal weitere Elizabeth-Bewerber auftreten: wie ein penetranter, hinterlistiger Geistlicher, Mr. Collins (MATT SMITH), und ein schmucker Uniform-Typ, George Wickham (JACK HUSTON), der das Land zu „Verhandlungen“ mit den Zombies bewegen will. Um das Reich vor dem Untergang zu bewahren. Schließlich werden die Untoten immer mehr.
Was haben wir hier? Ein vorzüglich-parodistisch-gelassenes Horror-Drama, das formidabel eingerichtet wurde. Phantastisch-atmosphärisch in der stimmungsvollen Ausstattung (mit viel prosaischem Kerzen-Schein, erinnernd an „Barry Lyndon“ von Stanley Kubrick/1975); exzellent in den brillanten choreographischen Martial-Arts-Bewegungen der Sexy-It-Girls, als wuchtig-emanzipatorische Frauen-Power; darstellerisch hoch-appetitlich. Diese ironische Ernsthaftigkeit, mit der Alt-Stoff und Neu-Fundus verblüffend stimmungs- wie kraftvoll verbunden wurden, überzeugt. Ist guter Film-Schnaps für Bauch und Birne; Zombies, Kostüme, Klassen-Arroganz, große Emotionen: als gepfefferter Gesellschaftstanz. Mit Stil-Charme und Fight-Blut. Klasse B-Kino zur großen A-Literatur (= 4 PÖNIs).