„ROCKY BALBOA“ von und mit Sylvester Stallone (B+R; USA 2006; 102 Minuten; K: Clark Mathis; M: Bill Conti; 102 Minuten; deutscher Kino-Start: 08.02.2007); das ist d i e Leinwand-Sensation überhaupt. Denn ehrlich, schon bei der Idee, “Opa ROCKY-Stallone“ nochmal boxend im Ring zu erleben, bestimmen Häme und abfälliges Lachen die ersten Antwort-Gedanken.
Doch der Reihe nach: Sylvester Stallone, Jahrgang 1946, im Vorjahr also 60 geworden. Problematische Familienverhältnisse; zwölf Schulen verweisen den Jungen, schließlich landet er in einer High School für schwererziehbare Kinder. Anfang der 70er Jahre schlägt sich der Mittelzwanziger in New York City mehr schlecht als recht durchs Leben. Am College in Miami hat es für eine Sportlerkarriere im Football nicht gereicht, und auch die Kurse im Fach “Drama“ bricht er kurz vor der Prüfung ab. Wo immer er in Sachen “Schauspielerei“ vorspricht, erntet er nur mitleidige Blicke bzw. wohlmeinende Ablehnungs-Antworten. Was im Grunde auch nicht verwundert: Die Nabelschnur, die bei seiner Geburt um den Kopf geschlungen war, hat einen Nerv abgeklemmt, hat die linke Gesichtshälfte gelähmt, ein Augenlid absacken lassen und ein leichtes Nuscheln in seine Sprache gelegt. Diese Voraussetzungen und das unverkennbar “italienischen Aussehen“ (= der Papa ist Sizilianer), lassen es nur für ein paar Statistenrollen als Schlägertyp reichen (z.B. in Woody Allens “Bananas“). Oder für einen 200 Dollar-Auftritt in dem (nur noch teilweise erhaltenen) Porno “The Party at Kitty and Stud’s“. Dennoch zielt er in Richtung L.A./Hollywood.
Als er im TV am 24. März 1975 miterlebt, wie ein New Jersey-Nobody namens Chuck Wepner gegen den übermächtigen Muhammad Ali (der mal einen “leichteren Kampf“ wollte) bis zur 15. Runde durchhält (und in der 9. Runde diesen sogar einmal zu Boden schickt), hat er die erste Geschichte seines Lebens gefunden: “ROCKY“ = Ein Typ aus den Slums von Philadelphia, mit dem Beinamen “Der italienische Hengst“, der seinen Lebensunterhalt mit Preisboxen und Geld-eintreiben verdient, bis er eines Tages die Chance erhält, um die Weltmeisterschaft zu boxen. Zwar geht er daraus nicht als Gewinner hervor, aber seine Kampfqualitäten imponieren. Ein “Underdog“ ist geboren, der durch Zähigkeit, Mut und viel Naivität die herkömmliche soziale Hierarchie auf den Kopf stellt. 1976 entsteht der Low Budget-Klassiker: von Stallone geschrieben und Hauptrollen-gespielt, von John G. Avildsen inszeniert, von Irwin Winkler und Robert Chartoff mit viel persönlichem Engagement produziert. 10 “Oscar“-Nominierungen, 3 Trophäen (als “Bester Film“ und für Avildsen als “Bester Regisseur“ und für den “Besten Schnitt“). 4 (teilweise schreckliche) “Rocky“-Filme folgten: 1978/1981/1985, als Ikone des Kalten-Kriegs, mit infantilem Russland-Klischee-Bild, sowie schließlich 1990 als armer und nur noch ziemlich langweiliger/langweilender Ex-Hero. Nun also doch nochmal: Der gealterte Champ, der sich wieder zurück in den Ring wagt. Bevor es aber dazu kommt, erzählt Stallone gelassen und völlig unaufgeregt-normal vom Schmerz der Einsamkeit (= seine geliebte Frau Adrian ist gestorben); von den Schwierigkeiten, würdevoll zu altern; ein Restaurant halbwegs “durchzukriegen“; vom “abgeglittenen Sohn“ (der eine kalte berufliche Existenz als Finanz-Assistent bei einer dieser “Heuschrecken“ durchlebt).
Rocky Balboa als eine melancholisch-spannende Figur, die der technische Zufall wieder in den öffentlichen Blickpunkt geraten lässt (= ein Computer-Fight-Spiel, mit ihm als d e n vergangenen Box-Champion, im Kampf mit dem aktuellen und wegen seiner Stärke und Arroganz völlig ungeliebten Schwergewichts-Ring-Boss). Und… und… und…; es ist im Grunde eine ganz simple und doch so nahegehende Klasse-Story; ohne spektakuläre Fallstricke und aufwendigen Tricks. Mit einem Höchstmaß an Instinkt für ein “allgemeines“ Publikum geschrieben wie ausgebreitet; da ist nicht sehr viel Intellekt bzw. Tiefgang dabei, dafür aber reichlich ruhige Wahrhaftigkeit und selbstironische Altersweisheit. “Es ist nicht vorbei, bevor es vorbei ist“, steigt Rocky dann doch nochmal in die Seile.
Verblüffend einfacher, schöner, großartig kampf-choreographierter Abschluss-ROCKY-Film. Vor dem ich sehr viel Respekt habe, der sich viel (vor allem natürlich auch) emotionale Zuneigung erkämpft und ausnahmslos Güte-Spaß bereitet. Und der endlich einmal die 50+ Generation in den längst verdienten wie liebenswert-phantastischen KINO-Mittelpunkt (ver-)setzt (= 4 PÖNIs).