POINT BLANK – AUS KURZER DISTANZ

Unter meinen DEFINITIVEN Lieblings-Filmen befindet sich ein amerikanischer Thriller, den der britische Regisseur John Boorman („Beim Sterben ist Jeder der Erste“/1972) „meisterhaft und mit eisiger Kälte“ sowie mit „konsequent pessimistischer Grundhaltung“ („Lexikon des Internationalen Films“) faszinierend realisierte: „POINT BLANK“ von 1967. Mit LEE MARVIN in der Hauptrolle. „Point Blank“ bezeichnet dabei das Abfeuern einer Waffe aus nächster Nähe.

Unter diesem Titel hatte nun in diesen DVD-Tagen hierzulande ein neuer französischer Film seine deutsche Premiere. Mit dem Zusatztitel „Aus kurzer Distanz“. Auf dem Vor- wie Abspann des Films lautet der deutsche Zusatztitel allerdings „Aus nächster Nähe“. Egal wie, dieser neue „heiße“ Action-Streifen jedenfalls hat nichts mit dem einstigen John Boorman-Meisterwerk zu tun, sondern lautet im Original „À bout portant“, also „Aus kürzester Entfernung“. Und ist eine ganz kirre neue „Krimi-Nummer“ aus dem derzeit angesagten, bemerkenswert innovativen Kino-Nachbarland Frankreich:

POINT BLANK – AUS KURZER DISTANZ“ von Fred Cavayé (Co-B+R; Fr 2010; Co-Autor: Guillaume Lemans; M: Klaus Badelt; 84 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 25.5.2012).

Diesen Drehbuch-Autor und Regisseur Fred Cavayé, Bretone des Jahrgangs 1967, kennen wir bereits über seinen Debütfilm „Pour Elle“ von 2008, der bei uns unter dem Titel „OHNE SCHULD“ am 26.02.2010 auf DVD herauskam (s. KRITIK). Hollywood adaptierte 2010 umgehend den Stoff für sein Remake „72 Stunden – The Next Three Days“ (von Paul Haggis; mit Russell Crowe). Der nun zweite Spannungsfilm des Ex-Fotografen und Kurzfilmers Cavayé ist ein Genre-Hammer, dessen Rechte sich Hollywood natürlich auch schon „gesichert“ hat.

Das Ehepaar Nadia + Samuel Pierret freut sich auf ihr erstes Kind. Samuel ist Krankenpflegehelfer in einem Pariser Krankenhaus, der baldige Aufstieg zum Krankenpfleger ist nur noch Formsache. Man ist rundum happy. Als Samuel dem neu eingelieferten Unfallopfer-Patienten Hugo Sartet begegnet, beginnt der Stress. Für ihn. Denn nach einem Anschlag auf dessen Leben hier vermag er gerade noch rechtzeitig einzuschreiten. Doch dann wird seine Frau Zuhause entführt. Handy-„Wunsch“ des Entführers: Hugo Sartet aus dem Krankenhaus zu schaffen, um ihn dann gegen seine hochschwangere Frau auszutauschen. Natürlich, keine Polizei. Doch diese ist inzwischen auf seinen Patienten „aufmerksam“ geworden, konnte ihn als einen besonderen „Spezi“ von Kriminellen identifizieren. Will ihn einkassieren, als Samuel ihn gerade „nach draußen“ befördert. Was bemerkt wird. Folglich gilt ER nun auch als Verdächtiger. Gar Krimineller. Der Thrill kann beginnen.

Aus dem „normalen“ Bürger Samuel Pierret wird ein wütender Power-Kerl. Der nun ständig unter Druck und „Dampf“ steht und sich permanent verfolgt sieht. Und dabei doch „nur“ um das Leben seiner Frau bangt. Rennt. Fightet. Diese, buchstäblich wie wortwörtlich, „rauszuhauen“ gedenkt und sich dabei immer tiefer in diese perfiden Machenschaften verstrickt. Sieht. Weil die „verschiedene“ Polizei sich als „Gar Nicht-Freund und Helfer“ erweist, ganz im Gegenteil: der ermittelnde Commander Patrick Werner (GÉRARD LANVIN) hat mit seinem Team genauso viel Dreck am Stecken wie DIE, die er verfolgt. Verfolgen soll. Also wem kann, wem soll Samuel überhaupt noch vertrauen? Hugo Sartet jedenfalls, gesundheitlich auch noch reichlich angeschlagen, wird zu seinem Zwangsverbündeten. Und Ratgeber. Um die ganze Scheiße nicht völlig alleine durchziehen zu müssen. Denn hier hat quasi Fast-JEDER seine Leichen im Keller und spielt nach eigenen schäbigen Regeln. Mitten drin: Der eigentlich einzige Unschuldige Samuel, verfangen in den schicksalhaften brutalen und inzwischen auch ziemlich blutigen Mühlen von Korruption und Gewalt. Es stinkt mächtig. Zwischenzeitlich in einem rasanten Duell in der METRO ebenso wie dann schließlich sogar im Polizeirevier-Hause. Wo zum Showdown die pure krasse Alarmstimmung herrscht.

„The Killers“, so der englische Titel für diesen französischen Genre-Hochkaräter, ist ein richtig guter, schneller, starker, rasanter Adrenalin-Thriller. Ein ganz und gar schmackhafter Genre-Happen. Den Hauptdarsteller GILLES LELLOUCHE (38; der Eric aus „Kleine wahre Lügen“) im „Making Of“-Bonusmaterial anlässlich einer „riskanten“ Fenstersprung-Szene schelmisch-süffisant wie „triumphierend“ kommentiert: „WIE DIE AMERIKANER! WIE DIE AMERIKANER!“

In der Tat, dieses brillante schmutzige französische Hochspannungskino „explodiert“ unterhaltungsmäßig prächtig. In Ideen, Tempo, Typen, Bewegung. Mit Action-Spitzenklasse-Entertainment. Als emotionaler Krimi-„Brüller“. „Ruckzuck“, in knapp anderthalb Stunden. Ohne viel Federlesen. Und Pausen(-Gequatsche). Die Story. Das Geschehen. Die Figuren. Die Positionen. Und ab. Neben Gilles Lellouche als entsetzter, aufgebrachter und dann praktisch zum Handeln „gezwungener“ Samuel Pierret macht auch der 45-jährige ROSCHDY ZEM („36 – Tödliche Rivalen“) als Gangster-Profi Hugo Sartet eine prächtige Figur. Erinnert in seiner stoischen kalten Mimik an MICHEL CONSTANTIN (1924 – 2003/“Der zweite Atem“), an DEN jahrzehntelangen besten Gangster-(Nebendarsteller-)Mimen im französischen Kino („Ein Bulle sieht rot“ / „Der Mann aus Marseille“).

Was für ein heißer Stoff, was für ein „dickes Ding“ von Nervenkitzel-Movie. „Point Blank 2“, sozusagen, fetzt und hetzt prächtig ab (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Koch Media“

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