1.) Top oder Flop?: Christine Berg ist Chefin des Hauptverbandes Deutsche Filmtheater. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa beklagt sie, dass die Kinos, die bekanntlich monatelang geschlossen waren, trotz Jetzt-Wieder-Öffnung längst noch nicht aus ihrer Krise sind. Wörtlich: „Wenn unsere Auslastungsmöglichkeiten durch die Abstandsregelungen auf dem Niveau bleiben und die publikumsstarken Filme dadurch weiter fehlen, werden wir einen erheblichen Anteil der Kinos verlieren“. Reserven seien aufgebraucht, Kredite ausgereizt. Das Fazit eines Kleinartikels in der „SZ“ (15.7.) dazu („Verband befürchtet großes Kinosterben“) klingt betrüblich: Ein Besuchereinbruch von 85 Prozent gegenüber dem Vorjahr komme hinzu.
2.) Yes or No: Die ARD präsentiert einen SommerKino-Hit am Montag, den 20. Juli ab 20.15 Uhr aus dem Jahr 2017. Thema: Üble Parallelen zur momentanen Trump-Epoche. Anno 1971. Stichwort: „Pentagon Papiere“. Präsident Nixon und Gefolge bauen heimlichen Mist. Verteidigungsminister Robert S. McNamara (Bruce Greenwood) hat über eine „streng geheime“ Studie festgestellt, dass zwar immer mehr Soldaten nach Vietnam entsandt wurden, aber ein Sieg in diesem Konflikt unmöglich sei. Das Volk wird betrogen, Soldaten werden geopfert. In dem brisant-brillanten Hollywoodfilm „DIE VERLEGERIN“ übernimmt Katharine „Kay“ Graham (MERYL STREEP) die Führung der traditionsreichen Tageszeitung „Washington Post“ und muss sich gegenüber dem von Männern dominierten Vorstand behaupten. Redaktionschef Ben Bradlee (TOM HANKS) will unbedingt „die geheime amtliche Schweinerei“ veröffentlichen. STEVEN SPIELBERG sorgte als Co-Produzent und Regisseur bei diesem auf Tatsachen beruhenden Polit-Thriller für einen großartigen Stoff zur aktuellen Fake News-Zeit (s. KRITIK / 5 PÖNIs).
3.) Berlin: Die entscheidenden Sätze: „Ich will GUT sein“! Die klare Antwort folgt sofort: „Du willst gut sein in einer Welt, die böse ist“. Satz 1 stammt von Francis (WELKET BUNGUÉ), der folgende von Reinhold, gespielt von ALBRECHT SCHUCH – selten so einen faszinierenden Darsteller-Dämelsack wie ihn erlebt. 1929 erschien Alfred Döblins Roman-Klassiker „Berlin Alexanderplatz“, der bislang zweimal – 1931 von Piel Jutzi und 1980 von Rainer Werner Fassbinder – unvergessen verfilmt, besser: übernommen wurde. Die aktuelle, in Co-Produktion Deutschland/Niederlande entstandene 183-minütige Neuverfilmung verlegte der Co-Drehbuchautor und Regisseur BURHAN QURBANI in ein fünf Kapitel sowie einem Epilog umfassendes Gegenwarts-Kraftwerk aus der Hauptstadt. Ein junger Mann ist aus Guinea-Bissau geflohen. Er will frei sein. Strandet im Milieu von Berlin und kämpft gegen die ständig drohende Einverleibung. Weil „Reinhold“ ihn entdeckt und „mit-nimmt“. In diese elende städtische Gosse, bestehend aus illegalem Tagelohn, Drogenhandel in der Hasenheide, Dienen und Austeilen, mit drumherum diesem lärmenden Clubszenen-Müll. Wo (die Erzählerin) Mieze (JELLA HAASE) zur Liebe und Qual wird. Sich auf „Berlin Alexanderplatz“ im Kino einzulassen, bedeutet missionarischen Eifer ebenso zu spüren beim „drängelden“ WELKET BUNGUÉ -Hauptakteur Francis (früher: Franz) wie auf sein ewiges vergebliches Abenteuer, sich GUT einrichten zu wollen. Während „Reinhold“-ALBRECHT SCHUCH bärenstark gemein-faszinierend „umhaut“ (= 4 PÖNIs).
4.) KLASSE: 2016 war er mein Jahresfilm: „LA ISLA MINIMA – MÖRDERLAND“. Aus Spanien (s. Kino-KRITIK). Der vielseitige deutsche Autor, Kameramann und Regisseur CHRISTIAN ALVERT, der 2018 mit dem Krimi „STEIG. NICHT. AUS!“ einen Spannungsvolltreffer landete (s. Kino-KRITIK), schuf 2018/2019 mit dem imposanten Spannungsfilm „FREIES LAND“ eine emotional starke deutsche Kopie. Zwei Polizisten, Markus (FELIX KRAMER und Patrick (TRYSTAN PÜTTER), sind im Spätherbst von 1992 in einem Provinz-Landkreis von Mecklenburg-Vorpommern als Aufklärer unterwegs. Wo das Motto herrscht: Neue Grenzen – Alte Gesetze. Zwei Schwestern sind spurlos verschwunden. 128 Minuten gilt es, kaputtes, versunkenes Brachland zu umkämmen. Im HEIMKINO existiert derzeit ein Ereignis von bester Wut-Unterhaltung (s. Kino-KRITIK / 4 PÖNIs).
5.) Fuck: Was für ein mächtiger Fiesling. In dem sauren Bonbon: „UNHINGED – AUSSER KONTROLLE“. Der Fahrer eines Lastwagens steht an einer grün leuchtenden Ampel. Fährt aber nicht weiter. Hinter ihm eine sowieso schon gestresste Mutter, Rachel (CAREN PISTORIUS), die nur weiter will. Also düst sie – mit gedrückter Hupe – an ihm rechts vorbei. Der Beginn von Krieg. Ach was, der Auftakt für eine Schlacht. Denn ER (RUSSELL CROWE) kennt ab sofort kein pardon. Erweist sich als gnadenloser Irrer. Während wir eben noch aus dem Vorspann erfuhren, dass im Amiland gerade viele Menschen äußerst „angespannt“ sind, Job verloren, irgendwie erste Symptome von einer Pandemie, beginnt sein Hackfest. Ich kille weil ich es kann. Während Rachel herum-zetert. Sich auf diesen mächtig-aggressiven Blödsinn einzulassen, bedeutet: sich umgehend von jedweder Logik zu verabschieden und „Oscar“-Hero Russell Crowe („Gladiator“) dabei amüsiert zuzuschauen, wie er durchdreht und alles übelst böse und temporeich zerdrischt. Das Kino beginnt loszulegen (= 3 PÖNIs).
6.) MINNIE the: MOOCHER. Etwa: Minnie, die Schnorrerin. Ein Jazz-Song, den CAB CALLOWAY (*25. Dezember 1907 – †18. November 1994) mit Irving Mills 1929 geschrieben und veröffentlicht hat. Wir kennen das Lied vor allem als Hit aus dem Kultfilm „Blues Brothers“ von 1980. Weil der horrende Filmspaß derzeit wieder – mit Ergänzungen und Dokumenten – angesagt im Handel ist, tritt auch der musikalische Klassiker wieder in den Vordergrund. Bitte sehr:
Wünsche eine bluesige Woche. HERZlichst: PÖNI Pönack
kontakt@poenack.de