1.) STARKES, BETÖRENDES französisches UNTERHALTUNGSKINO. Titel = „JEANNE du BARRY – Die Favoritin des Königs“ von und mit MAIWENN Le Besco (Co-B + R + Hauptdarstellerin; Fr 2022; Co-B: Teddy Lussi-Modeste; Nicolas Livecchi; K: Laurent Dailland; M: Stephen Warbeck; 116 Minuten; deutscher Kino-Start: 24.08.2023). Frankreich im 18. Jahrhundert. Das Historiendrama handelt vom Aufstieg Marie-Jeanne Bécus (1743 – 1793) zur „erstklassigen Mätresse“ des französischen Königs Ludwig XV. (1710 – 1774). Die Rampenrollen übernahmen Drehbuchautorin und Regisseurin MAIWENN sowie JOHNNY DEPP. Die Uraufführung fand als Eröffnungsfilm des Filmfestivals von Cannes am 16. Mai 2023 statt.
Man stelle sich DAS überschriftsmäßig mal vor, wenn DER SATZ zum Leitfaden aufsteigt: „Madame ist des königlichen Bettes würdig“! Währenddessen ein königlicher JOHNNY DEPP mit exzellenter, faszinierenden Augen- und Körpersprache höchst amüsant-unterhaltsam hantiert: „Ich liebe Sie, Madame“. Womit der Betrachter (ich) einhergeht. Schließlich dirigiert die pralle Show-hier das außergewöhnliche empathische Auf- bzw. Annehmen. Köstlich dieses Sprechen mit diskreten Gesten; diese formidablen Blicke; das pikante Flüstern; das listige Atmen; das wirkungsvolle falsche Lächeln; der imposante Gesang; die feudale Kleidung, das Glas Wasser; das geheimnisumwobene Beinahe-Lachen.
In der filmischen Tat: Hier lodert die spannende, durchtriebene Erlebniswelt. In der Jeanne Vaubernier (MAIWENN), eine ehrgeizige, gesellschaftlich aufstrebende Bürgerliche, ihre betörenden Reize geschickt nutzt, um ihren bescheidenen Verhältnissen zu entkommen. Ihr Liebhaber, der wohlhabende Graf du Barry (MELVIL POUPAUD), der beträchtlich von Jeannes lukrativen Liebesabenteuern profitiert, möchte sie dem König vorstellen. Er arrangiert eine Begegnung über den einflussreichen Herzog de Richelieu (immerhin: PIERRE RICHARD). Das Treffen übersteigt seine Erwartungen bei Weitem, denn zwischen Louis XV (JOHNNY DEPP) und Jeanne entbrennt nicht nur eine leidenschaftliche Liebe auf den ersten Blick, sondern es entwickelt sich auch eine tiefe Zuneigung. Mit der bezaubernden Kurtisane an seiner Seite findet der oftmals ziemlich lethargische König die Freude am Leben wieder, und zwar so sehr, dass Er ohne Sie nicht mehr sein will, nicht mehr sein kann, und beschließt, sie zu seiner offiziellen Favoritin zu benennen. Zu bestimmen. Jeanne zieht gegen alle Regeln des Anstands und der Etikette nach Versailles, wo ihre Ankunft den gesamten Hof in Aufstand versetzt. Wie Bomforzionös!
Dieser wunderbar bildgewaltige Film präsentiert eine vorzügliche, verführerische Geschichte um Liebe, Lügen und Leidenschaft. Und Eifersuchtsdramen. Eine adlige Amour Fou um Mätressen, Macht und Intrigen in verschwenderischer Ausstattung vor kolossaler Kulisse. Unter der Ägide des brillanten Kostümbildners JÜRGEN DOERING verwandelt sich die exzellente MAIWENN in die beeindruckende Jeanne du Barry in einer Reihe von überarbeiteten Stücken aus den vergangenen Haute-Couture-Kollektionen des Hauses Chanel als Hommage an Karl Lagerfeld. In der Rolle der jungen Marie-Antoinette ist die Hamburgerin PAULINE POLLMANN zu sehen. Und als Erster Kammerdiener des Königs, La Borde, triumphiert ungemein dicht und Gefühls-bewegend – der sich in Gesichts- und Körpersprache Ulrich Mühe nähernde, sehr einfühlsame BENJAMIN LAVERNHE.
Als Augen-Magnet-jedoch sticht in voller Diskretion und Anteilnahme der einmal mehr doppelbödige, voluminös-sensible JOHNNY DEPP hervor, der mit einem faszinierend-empfindungsreichen Hauptpart bravourös in den komfortablen, großzügigen, begeisternd-atmosphärischen Filmring zurückkehrt.
Im Presseheft weiß er dies wie folgt zu begründen: „Im Leben habe ich Menschen getroffen, die dir alles mit nur einem Blick vermitteln konnten, Sie strahlten eine immense Kraft und Angst aus, ohne ein Wort sagen zu müssen! Aufgrund seiner Position und Persönlichkeit gehört Louis XV zu dieser Kategorie. Um ihn darzustellen, hatte ich daher das Glück, mich in die Fußstapfen derjenigen zu bewegen, die schon immer meine Filmhelden waren, der Stummfilmstars wie Lon Chaney, Buster Keaton, Charlie Chaplin. Aber auch von Marlon Brando, dessen Körpersprache einzigartig war. Indem ich sie beobachtete. Zudem verbringe ich seit Jahren viel Zeit in Cafés, um meine Zeitgenossen im wirklichen Leben zu beobachten. Ich arbeite unermüdlich an dieser Art von Ausdruck, um über Worte hinauszugehen. Ein Schauspieler ist ein Schwamm“.
„JEANNE du BARRY“ ist – als KINO-GENUSS – ein vorzüglicher Augen- und Seelen-Schmaus (= 4 1/2 PÖNIs).
2.) LITERATUR MIT: LEBEN. Titel = „JEDER SCHREIBT FÜR SICH ALLEIN“ von Dominik Graf (Co-B + R; D/Fr 2022; Co-B: Constantin Lieb; nach dem gleichn. Sachbuch von Anatol Regnier; K: Markus Schindler; M: Sven Rossenbach; Florian van Volxem; 167 Minuten; deutscher Kino-Start: 24.08.2023). Ein Filmessay. Eine Spurensuche mit ungewissem Ausgang. Welche inneren und äußeren Widersprüche provozierte das Leben und das Arbeiten im NS-Regime? Wie ging die kommende Generation mit den Taten und Positionierungen der Vorbilder und Väter um? Vor allem: Wie sicher kann ein Mensch sich seiner selbst sein?
Gemeinsam mit ANATOL REGNIER, Autor des gleichnamigen Sachbuchs, nähert sich Dominik Graf den zwischen 1933 und 1945 in Deutschland gebliebenen Schriftstellern/Innen GOTTFRIED BENN, ERICH KÄSTNER, HANS FALLADA, JOCHEN KLEPPER, INA SEIDEL und WILL VESPER und geht der Frage nach, welche Haltung diese dem Nationalsozialismus-gegenüber in ihrem Schreiben, Denken und Empfinden entwickelten. Wie steht dieses Verhalten im Kontrast und Konflikt mit bekannten Exilautoren wie den Manns und wie lassen sich die gelebten Widersprüche von damals heute in Einklang bringen mit dem weltweiten Ruhm dieser Autoren/Innen? Dies ist ein filmischer Essay über das komplexe Verhältnis zwischen Kunst und politischem Handeln (= 4 PÖNIs).
3.) Fortsetzungs-Nix. Titel = „FISHERMAN’S FRIENDS 2 – EINE BRISE LEBEN“ von Nick Moorcroft und Meg Leonard (Co-B + Produktion + R; GB 2022; Co-B: Piers Ashworth; K: Toby Moore; M: Rupert Christie; 112 Minuten; deutscher Kino-Start: 24.08.2023). Anfangs war es noch ein Vergnügen, dieser britische Streich vom Sommer 2019, der da „Fisherman’s Friends“ hieß (s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs), die jetzige Fortführung dagegen flacht ab. Motto: uninteressant, langweilig, Gags von Papierniveau. Trübe vorhersehbare Geschehnisse. Um die Oldie-Truppe aus Cornwall, bei der einer, immer derselbe, reichlich nervt, auf miese Laune drauf ist, säuft, immer in Meckersprache dönst; und meistens deprimiert schnarrt. Mit viel Störenfried-Charme. Inmitten schöner Landschaft, mit schickem Meeresblick plus Gesang, geht’s dann um Liebe, Lieder und Plattenvertrag. Selbst fürs heimische Kino eine dürftige Filmnummer (= 2 PÖNIs).
4.) TOTAL-BLÖD. Entsetzlich. Titel = „MAFIA MAMMA“ von Catherine Hardwicke (USA 2020; B: Michael J. Feldman; Debbie Jhoon; K: Patrick Murguia; M: Alex Heffes; 101 Minuten; deutscher HEIMKINO-Squareone-Start: 25.08.2023). Ich mag TONI COLLETTE („Muriels Hochzeit“; „The Sixth Sense“; „Little Miss Sunshine“), aber SO nicht. Als geschäftstüchtige Mutti, die zur Mafia-Lady aufsteigt. Ist sie belästigend. Mit Prügel und Geschreie. Oder auch umgekehrt. Ich mag MONICA BELLUCCI (Bond-Girl für „Spectre“/2015; „Shoot ‚Em Up“), aber SO nicht. Redet hier als Mafia-Beraterin-Madame nur plumpes, dummes Zeug. DAS HIER IST EIN – Blödes Gedöns-Movie. Der einen schon nach wenigen Minuten so etwas von auf den Wecker / Keks geht. Unappetitlicher war schon lange kein Film mehr. Außer Belästigung passiert hier nur Dämlichkeit mit Unfug. Tenor: Männer haben sie nicht alle, Frauen … ach lassen wir das alles. Schmeißt dieses Filmding in die Tonne. Kein (Unterhaltungs-)Wert zu erkennen. Nur abartig doof (= 0 PÖNIs).
5.) FREIHEIT ERREICHEN. Titel = „ELEFANT“ von Kamil Krawczycki (B + R; Polen 2022; K: Jakub Sztuk; M: Jan Ignacy Królikowski; 93 Minuten, deutscher Kino-Start: 24.08.2023). Bartek. 22 Jahre. Führt einen kleinen Bauernhof in den südpolnischen Bergen. Seit sich sein Vater aus dem Staub gemacht hat, ist er das Familienoberhaupt und muss für seine Mutter da sein. Frei fühlt sich Bartek (JAN HRYNKIEWICZ) nur, wenn er Zeit mit seinen geliebten Pferden verbringen kann. Doch als eines Tages der lange verschollene Nachbarssohn Dawid (PAWEL TOMASZEWSKI) ins Dorf zurückkommt, gerät Barteks von Pflichterfüllung geprägter Alltag durcheinander. Inspiriert von Filmen wie „God’s Own Country“ und „Brokeback Mountain“ erzählt „ELEFANT“ von der ersten Liebe und Selbstwerdung eines jungen schwulen Mannes inmitten einer faszinierenden Landschaft. Der Autoren-Regisseur hat den Film an Originalschauplätzen in seiner Heimat am Fuße des Tatra-Gebirges gedreht. Ein leidenschaftlicher Film, der auf Mut und Hoffnung setzt (= 4 PÖNIs).
6.) TV-TIPP: ER gilt als einer der besten Filmregisseure überhaupt: ALFRED HITCHCOCK. Über ihn entstand 2012 ein faszinierendes, spannendes amerikanisches Persönlichkeits-Movie. Titel, natürlich: „H I T C H C O C K“. Dieser Spielfilm war ab 12. Juli 2013 im deutschen HEIMKINO zu sehen. Wie er ist, was dort passiert und WIE „Oscar“-Preisträger Sir ANTHONY HOPKINS den Meister der Spannung beruflich wie privat adaptierte, ist ausführlich bei s. Kino-KRITIK /5 PÖNIS nachzulesen. Am nächsten MITTWOCH, 30. August 2023 ist dieses filmische Meisterwerk ab 20.15 Uhr bei ARTE zu empfangen. Die Empfehlung gilt! Dringend.
7.) MUSIK: Neulich entdeckt und seitdem fester Bestandteil in den bewegungsfreudigen und atmungsaktiven Ohren – FALLING IN LOVE AGAIN („Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“) / A HARD RAIN’S A-GONNA FALL – BRIAN FERRY (Bob Dylan cover) : Steht für diese Woche auf Platz 1 der privaten Lieblingsmusikliste: Es lebe das bessere Hörvergnügen !
Viel gute, beste Spätsommer-Stunden.
PÖNI Pönack grüßt HERZlich
email: kontakt@poenack.de